Mordsfreunde
achtundvierzig Stunden, um aus dem Haus zu verschwinden.«
Pia musste sich beherrschen, ruhig und gelassen zu bleiben.
»Also haben Sie doch von dem Geld gewusst«, stellte sie fest. »Warum haben Sie uns angelogen?«
Esther Schmitts Blick streifte Pia nur flüchtig und saugte sich sofort wieder an Bodensteins Gesicht fest.
»Ich dachte mir, dass die Grafs das Geld schon verschmerzen können«, gab sie freimütig zu. »Ich wollte es als kleine Entschädigung behalten.«
»Wo war es denn?«, erkundigte Bodenstein sich. »Und wo ist es jetzt?«
»Ulli hatte es in eine leere Hundefutterdose gesteckt und in den Kühlschrank gestellt«, erwiderte Esther Schmitt. »Diese Dose war unser Geheimversteck, wenn es denn mal etwas zu verstecken gab. Ich schätze mal, dass es mit dem Kühlschrank verbrannt ist. Es war mir nicht gegönnt.«
Sie seufzte.
»Aber ich bin unhöflich. Setzen Sie sich doch. Möchten Sie einen Kaffee trinken?«
Pia wollte schon ablehnen, aber Bodenstein kam ihr zuvor.
»Wir möchten Ihnen keine Mühe machen«, er lächelte treuherzig, »aber ein Kaffee wäre wirklich wunderbar.«
»Natürlich«, Esther Schmitt sprang auf und verschwand wie der Blitz durch die Hintertür ins Bistro, nachdem sie sich genau nach Bodensteins Kaffee-Vorlieben erkundigt hatte.
»Trainieren Sie Ihren Löwenbändiger-Charme eigentlich regelmäßig vor dem Spiegel?«, fragte Pia spöttisch.
»Was heißt hier Löwenbändiger-Charme?« Bodenstein tat konsterniert. »In bestimmten Situationen kommt meine angeborene Freundlichkeit eben besser an als Ihre direkte Art.«
»Passen Sie bloß auf, dass die Rote Zora das nicht missversteht«, warnte Pia ihn. »Die verspeist Sie mit Haut und Haaren zum Frühstück.«
»Ich kann mit rothaarigen Frauen umgehen«, versicherte Bodenstein.
»Na dann, viel Glück«, Pia ließ den Blick durch den Hof wandern. Sie glaubte sich daran zu erinnern, dass der Innenhof am Freitagabend, als sie einen flüchtigen Blick aus dem Flurfenster geworfen hatte, noch ganz anders ausgesehen hatte. Kahl, bis auf ein paar Topfpflanzen.
»Erinnern Sie sich an die Pflanzen in Paulys Hof?«
»Ja, natürlich«, Bodenstein blickte sie verwundert an. »Wieso?«
»Schauen Sie sich mal um«, sagte Pia. »Das ist ja hier der reinste Dschungel. So sah es vorgestern noch nicht aus.«
»Ich verstehe nicht ganz«, erwiderte Bodenstein.
»Vielleicht ist das Haus gar nicht so überraschend in Flammen aufgegangen«, sagte Pia. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich diese blauen Hortensien in Paulys Hof gesehen habe. Außerdem finde ich es erstaunlich, dass unsere Kollegen in den Resten des Hauses nicht die kleinste Spur von einem der Hunde gefunden haben. Keine Zähne, keine Knochen, kein Halsband – nichts.«
»Sie denken, Frau Schmitt hat ihre Pflanzen und Tiere in Sicherheit gebracht und dann das Haus angezündet?«
»Genau«, Pia nickte. Mehr konnte sie nicht sagen, weil Esther Schmitt schon wieder mit einem Tablett in der Tür erschien. »Vergessen Sie das Internetcafe nicht«, zischte Pia.
Esther Schmitt servierte Bodenstein strahlend eine große Tasse Latte macchiato mit extra Sahne. Pia stellte sie die Tasse hin, ohne sie auch nur anzusehen. Bodensteins Strategie schien aufzugehen. Ausführlich berichtete Esther Schmitt von Paulys Meinungsverschiedenheiten mit seinen Freunden Siebenlist und Flöttmann, über die Recherchen, die er angestellt hatte, um an die Geheimnisse der Kelkheimer »Mafia« zu gelangen. Sie erzählte von jahrelangen Zwistigkeiten mit Bürgermeister Funke, Schwarz, Conradi und anderen, dabei blieb sie erstaunlich sachlich. Was hatte sie mit Pauly verbunden? Die große Liebe schien es nicht gewesen zu sein.
»Wie ist Herr Pauly an die Beweise gekommen, die er angeblich gegen Zacharias und Bock in der Hand hatte?«, fragte Bodenstein.
»Darüber hat er mit mir nicht gesprochen«, gab Esther Schmitt zu. »Er hat immer furchtbar geheimnisvoll getan und stundenlang mit Lukas und Tarek am Computer gesessen. Er wollte mir alles erzählen, sobald er genaue Fakten in der Hand hatte. Aber dazu ist er nicht mehr gekommen.«
Pia glaubte ihr nicht.
»Lukas van den Berg?«, wagte sie eine Zwischenfrage. »Ja.«
»Kennt er sich gut mit Computern aus?«, fragte Bodenstein.
»O ja«, Esther Schmitt nickte, »er und Tarek sind Genies! Sie haben nicht nur unsere Webseite gemacht, sondern auch ein spezielles Abrechnungsprogramm für das Bistro geschrieben, so ganz nebenbei, wie andere einen
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