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Mordsfreunde

Titel: Mordsfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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IQ unter 150 hätten sie mich wohl zur Adoption freigegeben.«
    Die Bitterkeit in seiner Stimme tat Pia in der Seele weh. Das klang nicht nach einer glücklichen, unbeschwerten Kindheit. Sie dachte an das, was Sander ihr über die van den Bergs erzählt hatte.
    »Wie verstehst du dich mit deinen Eltern?«, fragte sie.
    »Ich arbeite daran, ihren Erwartungen gerecht zu werden«, erwiderte Lukas matt. »Vielleicht schaffe ich es eines Tages mit dem Nobelpreis. Bis dahin versuche ich, mich ihren Kontrollen zu entziehen, so gut ich kann. Ich wette, die Spionin ruft meinen Vater in dieser Sekunde schon an, um ihm zu sagen, dass die Polizei bei mir ist.«
    »Hat er einen Grund, dir zu misstrauen?«
    »Mein Vater traut grundsätzlich niemandem«, Lukas schnitt eine Grimasse. »Er leidet unter einem pathologischen Kontrollzwang.«
    Er starrte nachdenklich an die Decke.
    »Dein Vater glaubt, du hättest Pauly Geld gegeben«, sagte Pia, die sich an ihr erstes Gespräch mit Dr. Sander erinnerte, an dem Tag, an dem Paulys Leiche gefunden worden war. In Lukas' Augen blitzte ein Funke auf, der gleich wieder erlosch.
    »Ja, das glaubt er«, bestätigte er, »stimmt aber nicht. Ich habe seine Kohle gewinnbringend investiert, nämlich in unsere Firma.«
    Dann besann er sich.
    »Nein«, murmelte er, »nicht mehr ›unsere‹ Firma. Jo ist ja nicht mehr da.«
    »Apropos«, nutzte Pia die passende Gelegenheit, zum Anlass ihres Besuchs zu kommen. »Ich wollte dich bitten, für mich im Computer von Jonas etwas nachzuschauen. Ich vermute, du weißt, wo er ist, oder?«
    Lukas nickte, verzog das Gesicht und rieb sich die Augen.
    »Ich vermisse Jo. Wir hatten so viele Pläne zusammen, und jetzt ... ist er einfach nicht mehr da.«
    »Stimmt es, dass ihr euch gestritten habt? Weshalb?«
    »Wer behauptet das«, fragte Lukas misstrauisch, »etwa Tarek?«
    »Wie kommst du auf ihn?«
    »Weil er mitbekommen hat, dass Jo und ich in einer Sache eine Meinungsverschiedenheit hatten«, Lukas seufzte, »das kommt vor, wenn man zusammenarbeitet. Aber ein Streit war das nicht.«
    »Warst du deshalb nicht auf Jonas' Geburtstagsparty?«
    Lukas zögerte für den Bruchteil einer Sekunde.
    »Ich musste arbeiten. Ich wollte Esther nicht hängen lassen, wie es die anderen gemacht haben.«
    Pia betrachtete nachdenklich sein Gesicht. Offenbar hatte zwischen den Firmeninhabern nicht nur eitel Sonnenschein geherrscht. Lukas drehte sich auf die Seite, stützte das Gesicht in seine unverletzte Hand und sah Pia unverwandt an. Die Sonne, die durch die Ritzen der Jalousien fiel, zeichnete helle Streifen an die Wand des Zimmers und verlieh den ungewöhnlich grünen Augen des Jungen einen goldenen Glanz.
    »Ich bin echt traurig wegen Ulli und Jo«, sagte er leise. »Aber wenn das nicht passiert wäre, hätte ich Sie nie kennengelernt. Ich träume jede Nacht von Ihnen.«
    Ohne den Blick von ihren Augen zu wenden, warf er dieBettdecke zurück. Er trug nur eine Unterhose. Wovon genau er träumte, war kaum zu übersehen. Pia klopfte das Herz in Erinnerung an ihren gestrigen Alptraum bis in den Hals, und sie überlegte, ob Lukas sie in Verlegenheit bringen oder verführen wollte.
    »Die männliche Physiognomie beeindruckt mich nicht mehr besonders«, sagte sie mit einer Gelassenheit, die sie nicht empfand. »Ich habe schon ziemlich viele nackte Männer gesehen.«
    »Echt?«
    »Mein Mann ist Rechtsmediziner«, erklärte Pia. »Was meinst du, wie viele männliche Leichen ich auf seinem Sektionstisch gesehen habe? Und sie waren alle nackt.«
     
    Während nebenan im Badezimmer das Wasser einer Dusche rauschte, betrachtete Pia die Fotos an der Wand über dem Schreibtisch. Es waren vorwiegend Schnappschüsse von jungen Leuten. Mehrere zeigten Lukas und Antonia, eng umschlungen, Arm in Arm, auf einem Moped, zusammen mit Jonas, Svenja und Tarek Fiedler. Ein paar Minuten später kehrte Lukas mit feuchten Haaren zurück ins Zimmer, um seine Hüften hatte er ein Handtuch geschlungen. Offenbar scheute er den Vergleich mit Pias Vergleichsmaterial aus der Rechtsmedizin.
    »War Antonia mal deine Freundin?«, fragte Pia und deutete auf eines der Fotos. Lukas zog ein frisches T-Shirt aus dem Schrank und streifte es über den Kopf. Dann schlüpfte er in eine Unterhose.
    »Toni ist immer noch meine Freundin«, erwiderte er, »aber nicht so, wie Sie denken. Sie ist meine beste Freundin. Wir haben noch nie miteinander geschlafen. Sex macht nämlich alles kaputt.«
     
    »Habt ihr etwas Neues

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