Mordsgefluester
letzten Samstag in Erinnerung und die Frau, die › Zu schade, dass ich dich nicht erwischt habe‹ in mein Telefon geflüstert hat! Du hast damals gemeint, es sei ein schlechter Scherz. Und was all die anderen Anrufe betrifft, stammen die, soweit ich weiß, allesamt von gestern Nacht, weil mir nichts im Display aufgefallen ist und bis jetzt keine Nachricht hinterlassen wurde. Nach dem vierten Anruf gestern Nacht habe ich alle Apparate stumm geschaltet.«
Er fuhr herum und sah mich finster an. »Soll das heißen, es ist dieselbe Stimme wie damals?«
»O ja, das ist sie«, erklärte ich ihm streitlustig. »Ja, ich weiß, sie flüstert nur. Beim ersten Mal hat sie auch nur geflüstert. Nein, ich kann nicht hundertprozentig sicher sein, aber ich bin zu neunundneunzig Prozent sicher, dass es dieselbe Stimme ist, und ich glaube, es ist eine Frau! Da hast du’s!« Wenn jemand reif und vernünftig ist, dann ich.
»Und damit nicht genug«, fuhr ich fort, nachdem ich erst in Fahrt gekommen war, »mich hat auch eine Frau verfolgt! Schreiben Sie sich das hinter die Ohren, Lieutenant! Es war eine Frau, die mich auf dem Parkplatz platt zu fahren versuchte, eine Frau, die mich mit Anrufen terrorisiert – oje, wie hoch schätzt du die Wahrscheinlichkeit ein, dass mich plötzlich drei verschiedene Frauen auf dem Kieker haben? Nicht besonders hoch, oder? Meine Güte, meinst du wirklich, es könnte ein und dieselbe Irre sein?«
Man könnte »sarkastisch« durchaus zu meinen herausragenden Charakterzügen zählen.
»Schon möglich«, sagte Wyatt mit grimmigem Gesicht. »Mit wem hast du dich diesmal angelegt?«
17
»Außer dir?«, fragte ich zuckersüß.
»Ich bin keine Frau, falls du in letzter Zeit nicht nachgesehen hast.« Er bewies es, indem er mich mit seinem freien Arm einfing, ohne das Telefon aus der anderen Hand zu lassen. Ich rechnete damit, dass er mich küssen würde, und war bereit, sofort zuzubeißen, was ich nicht mehr getan habe, seit Mom mich das erste Mal zum Zahnarzt fuhr, es sei denn, man zählt das eine Mal mit, als ich … auch egal. Offenbar war mir meine Absicht anzusehen, denn er lachte, drückte mich an seinen Körper und piekte mich mit seiner Erektion.
Ich schubste ihn weg und starrte ihn mit aufgerissenem Mund an. »Das glaube ich nicht! Du hast gerade herausgefunden, dass mich jemand verfolgt, und du hast einen Ständer? Das ist pervers! «
Er zuckte mit einer Schulter. »Das macht dein Zickenalarm. Der bewirkt das unweigerlich.«
»Das ist kein Zickenalarm!«, fuhr ich ihn an. »Ich bin berechtigterweise wütend! «
»Lieber ein Zickenalarm, als dass du mich wieder ansiehst, als hätte ich dich geschlagen«, sagte er. »Und jetzt sperr die Lauscher auf.«
Ich war ganz und gar nicht in der Stimmung »die Lauscher aufzusperren«. Stattdessen stakste ich ins Wohnzimmer und setzte mich in einen der Sessel, damit er sich nicht neben mich setzen konnte.
Er legte das Telefon auf dem Couchtisch ab, beugte sich über mich und stützte dabei beide Hände auf die Armlehnen, womit ich praktisch gefangen war. Sein Blick war hart und funkelnd. »Blair, du wirst mir jetzt zuhören. Ich bedauere aufrichtig und zutiefst mein Verhalten. Du bist vieles, aber eindeutig nicht paranoid. Ich hätte auf dich hören und die Puzzleteilchen zusammenfügen sollen.«
Ich presste die Lippen zusammen, weil ich auf die Bemerkung wartete, dass er zu diesem Schluss schon früher gelangt wäre, wenn ich ihm alle Teilchen gegeben hätte. Die Bemerkung kam nicht; im Gegensatz zu mir hält er nichts davon, etwas Offensichtliches nochmals zu betonen.
»Dessen ungeachtet«, fuhr er fort, »besteht die Möglichkeit, dass diese Verrückte deine Wohnung überwacht hat. Woher hätte sie sonst wissen sollen, dass du gestern Abend allein warst? Normalerweise sind wir zusammen.«
»Mir ist kein fremdes Auto aufgefallen, als ich heimkam.«
»Weißt du, welche Autos deine Nachbarn fahren? Ich glaube nicht. Falls sie dir gedroht hätte, würde ich dich nicht alleine lassen, aber das hat sie nicht getan.«
»Dass sie mich überfahren wollte, ist für dich keine Bedrohung?«
»Diese Person fuhr einen beigefarbenen Buick, keinen weißen Chevrolet. Ich will nicht behaupten, dass es sich keinesfalls um dieselbe Person handeln kann, dennoch ist es möglich, dass es sich um einen isolierten Vorfall handelte, darum wird es als solcher behandelt, bis sich herausstellt, dass die Fahrerin des Buicks und des weißen Chevrolets identisch sind.
Weitere Kostenlose Bücher