Mordsgefluester
verlangen.
Ich kippte alles in eine nette lederne Umhängetasche und verstaute die Sommerhandtasche im obersten Schrankfach. Dann sah ich auf dem Display des schnurlosen Telefons im Obergeschoss nach, ob weitere Anrufe aus Denver eingegangen waren. Nichts.
Schließlich wollte mir nichts Triviales mehr einfallen, womit ich meine Zeit vergeuden konnte, außerdem war mir zum Gähnen zumute, darum krabbelte ich ins Bett und machte das Licht aus. Sobald es dunkel wurde, war ich natürlich wieder hellwach. Jedes Geräusch kam mir gespenstisch vor, selbst wenn ich wusste, woher es kam.
Also stand ich auf, schaltete das Licht wieder an und ging nach unten in die Küche, wo ich das größte Küchenmesser in meinem Haus holte. Die Waffe beruhigte mich – hey, immer noch besser als nichts –, und ich ging wieder nach oben. Fünf Minuten später war ich wieder unten und wühlte im Schrank unter der Treppe, bis ich meinen großen schwarzen Schirm zutage gefördert hatte, der aussah wie aus Mary Poppins. Normalerweise nehme ich kleinere, buntere Schirme, den großen schwarzen habe ich nur, weil ich der Meinung bin, dass ein ernster Regenschirm zur Grundausstattung gehört. Zugeklappt wirkte er sehr robust; ich vermutete, dass er kräftig genug war, mir eine durchgeknallte psychotische Kuh vom Leib zu halten, während ich ihr gleichzeitig mit dem Küchenmesser zusetzte. Den Regenschirm auf meiner Bettdecke, das Messer neben mir auf dem Nachttisch, fühlte ich mich so gewappnet, wie es überhaupt ging, ohne dass ich mir eine Schusswaffe besorgte.
Ich schaltete die Lichter zum zweiten Mal aus, legte mich hin und setzte mich sofort wieder auf. Das würde nicht funktionieren. Also stand ich wieder auf und schaltete das Licht im Gang und an der Treppe ein. Auf diese Weise hatte ich Licht, ohne dass es mir direkt in die Augen leuchtete, und jeder, der in die Tür trat, würde sich gegen das Licht abzeichnen, ohne dass er mich sehen konnte. Guter Plan.
Während ich allmählich einschlummerte, rätselte ich, warum ich eigentlich keine Pistole besaß. Eine unverheiratete Frau, die allein lebte; da war eine Pistole nur vernünftig. Jede Frau sollte eine Feuerwaffe besitzen.
Eine Stunde später wachte ich auf, wälzte mich auf die Seite und sah auf die Uhr. Viertel nach zwei. Alles war ruhig. Ich sah wieder aufs Display; es waren keine neuen Anrufe eingegangen.
Ich hätte zu Mom und Dad fahren sollen, dachte ich. Oder zu Siana. Dann hätte ich wenigstens schlafen können. Jetzt würde ich morgen voll auf dem Schlauch stehen.
Ich döste wieder ein und wachte kurz nach drei wieder auf. Keine Irre zeichnete sich gegen das Licht ab. Ich sah nicht aufs Telefon, weil es mir zu diesem Zeitpunkt schnuppe war, ob die irre Kuh angerufen hatte oder nicht. Halb dösend versuchte ich, es mir im Bett gemütlich zu machen. Mein Knie knallte gegen den Regenschirm. Mir war heiß, ich fand es stickig, und das flackernde Licht tötete mir den Nerv.
Was für ein flackerndes Licht? Wenn jetzt auch noch der Strom ausfiel, würde ich endgültig ausflippen.
Meine Augen öffneten sich und blickten in den Flur, wo das Licht ruhig und gleichmäßig brannte, wohingegen das Licht in meinem Schlafzimmer ganz eindeutig flackerte.
Bloß dass ich gar kein Licht im Schlafzimmer hatte brennen lassen.
Ich setzte mich auf und sah zum Fenster. Hinter den zugezogenen Vorhängen tanzten rote Lichter.
Von unten war ein lautes Krachen zu hören, mit dem das Fenster platzte, und im nächsten Moment begann zaghaft der Rauchmelder zu piepen, als wollte er mich warnen, dass er gleich lospfeifen würde. »Scheiße!« Ich sprang aus dem Bett, schnappte den Regenschirm und das Fleischermesser und stürmte in den Flur, nur um sofort zurückzutaumeln, weil mir im selben Moment ein Hitzeschwall voller feuriger Funken entgegenschlug.
»Scheiße!«, fluchte ich noch mal, kehrte ins Schlafzimmer zurück und knallte die Tür vor dem heißen Qualm zu. Verspätet reagierte mein Rauchmelder mit gellenden Pfiffen.
Ich griff nach dem Telefon und wählte die Nummer der Notrufzentrale, aber es tat sich nichts. Das Telefon war schon tot. So viel zu diesem Plan. Ich musste raus hier! Bei lebendigem Leib gegrillt zu werden stand schon gar nicht auf meinem Plan. Ich griff nach meinem Handy, hackte die 9-1-1 ein und rannte gleichzeitig zum Vorderfenster, um hinauszuschauen.
»Notrufzentrale hier. Um was für einen Notfall handelt es sich?«
»Mein Haus brennt!«, schrie ich. Scheiße! Die
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