Mordshunger
bisschen seltsam.«
Cüpper verzog das Gesicht. Ihm missfiel die Konsequenz aus seinen Überlegungen. Jemand spielte Katz und Maus mit ihnen.
»Okay, wir werden einiges zu tun bekommen«, sagte er. »Ich setze von Barneck ins Bild, falls er es – oh Wunder! – nicht schon weiß. Sie schnappen sich ein Team und stellen Hartmanns Wohnung auf den Kopf. Es muss eine Verbindung zwischen ihm und Inka geben.«
»Augenblickchen.« Rabenhorst lächelte klug. »Darf ich erst noch einen Namen von der Liste streichen?«
»Wenn Sie es begründen können.«
Astrid Hasling verschwand unter dem Schwarz des Filzstifts.
»Wissen Sie, Rabenhorst«, sagte Cüpper, »im Grunde sind Sie doch ein verdammt fähiger Kriminalist.«
Rabenhorst senkte bescheiden den Blick.
»Was könnten Sie erst für ein Kerl sein, wenn Sie wüssten, dass man Beethoven mit drei e schreibt!«
Rabenhorst musste husten.
»Wieso mit drei? Ich dachte …«, begann er und biss sich auf die Zunge. Zu spät.
»War mir klar«, seufzte Cüpper und verschwand hinter einem Rosinenteilchen.
Philharmonie
Dummerweise hatte Rabenhorst gelogen und war sein Lebtag nicht in der Philharmonie gewesen. Zur Strafe schickte ihn das Schicksal dreimal um das komplette Museum Ludwig, bis er endlich den Haupteingang fand.
Das Personal vom Vorabend hatte frei, bis auf eine farblose Frau, die missmutig Programmhefte sortierte. Die Adressen ihrer Kollegen kannte sie nicht, vergrätzte Rabenhorst aber mit dem vagen Hinweis, wonach einer in Immekeppel wohne und ein anderer noch weiter draußen. Das war ärgerlich. Es bestand nämlich kaum Anlass zu erwarten, dass irgendetwas bei der Befragung rauskommen würde. Wenn man eine Karte abreißt, schaut man einem selten ins Gesicht.
Aber Rabenhorst hatte Glück. Die Expedition ins Bergische erledigte sich, als er mutlos mit von Barnecks Foto wedelte und plötzlich einen Blick wie aus Flammenwerfern erntete. Was, der?! Ja, der sei da gewesen! Und wie der da gewesen sei!
Rabenhorst freute sich und hakte nach. Die Frau war inzwischen rot angelaufen und ließ einen Schwall von Worten auf ihn niedergehen. Demzufolge war von Barneck der Kartenabriss nicht schnell genug gegangen. Als er endlich an die Reihe kam – wohlgemerkt um fünf vor acht! –, hatte er das Personal mit den Namen einiger in Köln nicht heimischer Tierarten bedacht und nach dem Direktorium geschrien. Das philharmonische Konsortium sei ein Sauhaufen. Er versprach lange und blumige Briefe an gewisse Verantwortliche, hielt längere Zeit den Verkehr auf und ließ sich endlich murrend dazu bewegen hineinzugehen. Ja, dieser Herr sei da gewesen, aber so was wie dieser Herr, das sei noch niemals da gewesen!
Rabenhorst dankte den Göttern, dass er nicht nach Immekeppel musste.
»Darf ich«, säuselte er galant, »die Gelegenheit wahrnehmen, mich für diesen Herrn zu entschuldigen?«
»Nein«, sagte die Frau und fuhr fort, ihre Programme zu sortieren.
Rabenhorst schwieg. Er dachte kurz über den Sinn und Zweck einer Philharmonie nach, verstand ihn nicht und ging.
Cüpper
Etwa zur gleichen Zeit stapfte Cüpper durch den Lehm von Rösrath. Er hatte gehofft, von Barneck zu Hause anzutreffen, dort aber nur die Köchin vorgefunden, die nichts wusste, dafür umso ausgiebiger über ihren Mann herzog. Mit einigem Geschick gelang es Cüpper schließlich, von Barnecks Aufenthaltsort in Erfahrung zu bringen. Er sei in Rösrath auf der Baustelle, und ihr Mann sei gar kein richtiger Butler, sondern ein Schafskopf. Cüpper bedankte sich eilig und ergriff die Flucht.
Leider hatte sie ihm nicht verraten, dass die Baustelle ein riesiger künstlicher Hügel und vom Regen bis in beträchtliche Tiefen aufgeweicht war. Cüppers elegante Herrenschuhe versanken bei jedem Schritt im Matsch, und seine Laune sank entsprechend mit.
Auf der Anhöhe vor ihm zeichneten sich die Umrisse einer Frau gegen den verhangenen Himmel ab.
»Gehen Sie vorsichtig!« rief Eva Feldkamp.
Cüpper hob die Hand und geriet vollends aus dem Gleichgewicht. Einzig der Umstand, dass sein Absatz sich in einer Wurzel verkeilte, bewahrte ihn davor, der Länge nach in den Dreck zu fallen.
»Ein paar Meter weiter rechts sind Bretter!«
Cüpper schaute sich um, entdeckte die Planken und latschte unbeholfen auf festeren Grund. Die schwarzen Lackschuhe wiesen schmutzig braune Kappen auf. Wie eine Mischung aus Al Capone und einem Ferkel, schoss es ihm durch den Kopf. Er fluchte, beschleunigte seinen Schritt – endlich war
Weitere Kostenlose Bücher