Mordsidyll
er zum Kühlschrank.
*
»Was ist passiert?« Anna war davon ausgegangen, dass Mazcevski den Hof längst verlassen hatte. Doch jetzt stand er verstört vor ihr, sein Parka und seine Jeans waren dreckverschmiert und seine ehemals weiÃen Turnschuhe komplett mit Schlamm verkrustet. Nur sein Gesicht war weiÃ. »Sie sind ja leichenblass! Geht es Ihnen gut?
»âºLeichenblassâ¹ passt«, erwiderte Mazcevski erstaunlich ruhig. »Das passt wirklich.«
»Woher kommen Sie?«, fragte Anna streng.
Mazcevski fuhr sich mit seinen Händen verlegen durch die Haare. »Das wissen Sie doch genau. Ich habe vorhin die Kälbchen gesehen, die wollte ich vor dem Gehen noch kurz besuchen, und  â¦Â« Er zögerte, schaute Anna aber fest in die Augen. »Dann habe ich in einer der Boxen Beine aus dem Stroh herausragen sehen.«
»Sie haben die Leiche entdeckt!«, entfuhr es Anna.
»Ich habe die Leiche entdeckt«, bestätigte Mazcevski kopfnickend. »Und daraufhin hab ich mir gedacht, das klingt jetzt bestimmt bescheuert, aber ich hab mir gedacht, ich lasse die Leiche lieber verschwinden, bevor Ihr Freund oder jemand anders sie entdeckt.«
Anna war baff. Sie stemmte die Hände in die Hüften und ging vor Mazcevski auf und ab. »Sie haben was? Sie haben das Boxergesicht verschwinden lassen?  ⦠Aber das geht Sie doch gar nichts an! Es ist besser, Sie vergessen alles und verschwinden von hier! Sofort! Ich habe schon genug Schwierigkeiten.«
»Das glaube ich Ihnen aufs Wort. Der Tote war bewaffnet und er sah nicht sehr vertrauenserweckend aus. Haben Sie ihn in Notwehr getötet? Ich hatte einfach das Gefühl, ich müsste Ihnen helfen, ich müsste Ihnen beistehen. Ich weià nicht, was geschehen ist. Aber eines erscheint sicher: Sie wollen keine Polizei. Und Sie haben riesige Probleme. Möchten Sie mir nicht erzählen, was los ist, Frau Lobbisch?«
Anna gestikulierte wild mit den Armen. Ihr fehlten die Worte. Wie konnte sich dieser Junge da einmischen? Das machte alles nur noch komplizierter. »Was geht Sie das an? Wo ist die Leiche jetzt?«, fuhr sie Mazcevski wütend an.
»Ich habe sie in den Güllebehälter hinter dem Kuhstall geworfen. Der Mann hatte keine Papiere bei sich. Nur eine Pistole und einen Autoschlüssel. Ich hab mich auf die Suche gemacht und den dazugehörigen Mercedes auf einem Wanderparkplatz da vorne gefunden.« Er zeigte in Richtung des Waldes. »Keine Sorge, ich habe den Wagen im Gehölz versteckt und meine Fingerabdrücke abgewischt. Meinen Sie nicht, ich sollte jetzt erfahren, was geschehen ist?«
Anna starrte den jungen Mann verwundert an. Wieso tat er das? Warum hatte er nicht direkt die Polizei gerufen? »Was soll das alles, Herr Mazcevski? Glauben Sie, wenn Sie mich decken, wären wir quitt?«
Mazcevski rollte mit den Augen. »Quatsch, das glaube ich nicht. Ich glaube, dass Sie den Mann in Notwehr getötet haben, und zwar kurz bevor ich aufgetaucht bin. Es sah aus, als ob Sie in der Box mit ihm gekämpft hätten. Stimmt das?«
Anna nickte stumm. Der Junge hatte eine gute Beobachtungsgabe. Ihr Bild von dem unverantwortlichen Jugendlichen, der ihr Leben zerstört hatte, bröckelte immer mehr.
»Wie kann ich Ihnen also helfen?«, fragte Mazcevski erneut.
»Ich glaube, ich muss Ihnen einiges erklären, und das wird Ihnen nicht gefallen«, antwortete Anna zögerlich. »Aber die Leiche kann nicht in dem Güllebehälter bleiben. Ich war gerade dabei, ihn leerzupumpen. Kommen Sie mit, Sie können mich dabei unterstützen.« Sie machte eine kurze Pause, bevor sie fragte: »Nach all dem, was nun passiert ist ⦠Darf ich Tim zu Ihnen sagen?«
»Gerne.«
»Ich bin Anna.«
*
Alexej saà am Steuer seines BMWs, während Roman am Navigationsgerät herumhantierte. Zwar hatten sie die Adresse von dieser Lobbisch leicht über das Internet herausbekommen, doch sie konnten das Haus einfach nicht finden. Sie fuhren jetzt bereits das dritte Mal die LandstraÃe nach Ratemicke auf und ab.
»Hier! Das muss es sein. Da hinten muss ihr Hof liegen«, rief Roman und deutete auf einen geschotterten Pfad, der einen Hügel hinaufführte. Am Rande des Weges, versteckt inmitten eines Weidenbusches, stand ein silberner Briefkasten mit roter Metallfahne.
Alexej lenkte den Wagen von der LandstraÃe. »Glaubst du, Mustafas Braut
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