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Mordsidyll

Mordsidyll

Titel: Mordsidyll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Zandecki
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Gefängnisdirektor an. »Wenn ich dich nicht so gut kennen würde, hätte ich es dir abgekauft«, sagte er ironisch. »Komm, Ben, erzähl doch mal! Jetzt ist es erst richtig spannend!«
    Ruste wurde allmählich wütend. »Hört zu, Leute, das geht wirklich zu weit. Ich möchte nicht, dass diese Geschichte unseren Kreis hier verlässt. Das ist alles hochsensibel. Ihr habt mich verstanden, oder?«
    Ströbel und Bremicke zogen beide die Augenbrauen hoch und blickten sich vielsagend an. Ruste war sich sicher, dass die Schützenbrüder ihren Frauen sofort die brandheißen Neuigkeiten erzählen würden, wenn sie nach Hause kämen. Er konnte es förmlich vor sich sehen, wie sich die Details zur Tatwaffe wie ein Lauffeuer durch Olpe und Attendorn verbreiteten. Er hatte wenig Hoffnung, dies verhindern zu können.

    *

    Tim zog Anna an ihrem Kittel. »Schnell, wir sollten sofort verschwinden.«
    Anna erwachte aus ihrer Schockstarre. »Los, rauf auf den Traktor!« Sie umrundete das große Fahrzeug und kletterte die kurze Leiter zum Führerhaus hinauf. Oben angekommen, duckte sie sich in ihren Sitz. Tim hatte sich neben sie gekauert.
    Anna wagte einen Blick zurück. Die beiden Männer hatten ihre Schritte beschleunigt und zielten mit den Handfeuerwaffen in ihre Richtung. Plötzlich fielen unmittelbar hintereinander zwei Schüsse. Anna ging instinktiv tiefer in Deckung und sah zu Tim hinüber. Er war nicht getroffen worden.
    Ruckartig drehte sie den Zündschlüssel herum. Sie mussten hier dringend weg. In der gläsernen Fahrerkabine von Annas geliebtem Claas-Traktor saßen sie wie auf dem Präsentierteller. Als die mächtigen 4.500 Kubikzentimeter Hubraum ansprangen, erzitterte der Schlepper im Leerlauf. Anna legte den ersten Gang ein und ließ die Kupplung schnell kommen. Das schwere Gefährt samt Gülleanhänger machte einen Sprung nach vorn und Anna gab Vollgas. Während sie auf die sanft abfallende Weide neben dem Kuhstall zuraste, schaltete sie hoch. Den Stacheldrahtzaun, der die Koppel eingrenzte, überrollte sie einfach. Die dicken Reifen würden das schon aushalten. Ein Blick auf den Tacho verriet Anna, dass sie trotz des Anhängers die 40 Stundenkilometer geknackt hatte. Das musste reichen, um die Gestalten abzuschütteln.
    Anna richtete sich langsam auf und schaute in den großen Seitenspiegel. Von den Verfolgern keine Spur. Ohne vom Pedal zu gehen, steuerte sie die schwere Landmaschine über die Hügel und ließ dabei den Spiegel nicht aus den Augen. Dröhnend wühlte sich die Maschine durch den aufgeweichten Boden. Trotz der guten Federung wurden sie heftig durchgerüttelt. Tim, der sich mit aller Kraft auf den ausklappbaren Beifahrersitz gehievt hatte, klammerte sich nun an den Haltebügel des Kabinenrahmens. Als Anna nach ein paar Metern das Tempo drosselte, ließ er den Griff erleichtert los.
    Â»Hut ab! Aber wie soll es jetzt weitergehen? Was hat das alles zu bedeuten?«, fragte er und sah sich suchend nach ihren Verfolgern um.
    Â»Nun fahren wir erst mal zum Waldweg und dann ins Dorf runter. Ich hoffe, da sind wir sicher. Dann überlege ich weiter«, erwiderte Anna.
    Â»Wer war das?«, wollte Tim wissen.
    Â»Ich habe eine Vermutung. Ich erzähle es dir später, okay?«
    Â»Es wäre aber gut, wenn du mich jetzt aufklären würdest.«
    Â»Das ist eine lange Geschichte.«
    Â»Also hör mal«, entgegnete Tim ungehalten, »ich finde eine Leiche bei dir. Dann werden wir beschossen. Und nun bin ich mit dir auf der Flucht. Ich denke, da habe ich sofort eine Erklärung verdient. Wer weiß, was noch auf mich zukommt!«
    Â»Das sind Kriminelle, die uns verfolgen. Warum, weiß ich nicht. Aber ich habe sie schon einmal gesehen«, sagte Anna entschieden.
    Â»Oh, Kriminelle   … Darauf wäre ich nicht gekommen«, bemerkte Tim spitz.
    Â»Hör mal, Tim. Ich lasse dich in Ratemicke an der ›Dorfschenke‹ raus. Da bestellst du dir ein Taxi und fährst zu einem Hotel. Morgen treffen wir uns und ich erzähle dir alles, versprochen.« Anna blickte angestrengt in die Dämmerung. Mittlerweile war die Sonne fast vollständig hinter dem Horizont versunken. »Ich muss mich konzentrieren. Da vorne kommen wir zum Weg.« Sie zeigte in die Richtung des Waldrandes, der mehrere hundert Meter entfernt lag. Die Bäume zeichneten sich wie

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