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Mordskerle (German Edition)

Mordskerle (German Edition)

Titel: Mordskerle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Schley
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unterbrochen:
    „Das ist dann sicher auch richtig. Ich erlaube mir manchmal eine Affäre. Nur so. Für´s Bett, weißt du?“
    Sylvia machte nicht den Eindruck, als wüsste sie. Sie wirkte in diesem Moment eher wie jemand, der sich an einem viel zu großen Bissen zu verschlucken drohte. Ihre Augen traten leicht hervor, sie wurde erst rot, dann blass, während ihren faltigen, fülligen Hals rote Flecken bedeckten.
    Mitleidlos registrierte Annelie, dass Sylvia Herzig sich nicht zu ihrem Vorteil verändert hatte. Treibst keinen Sport, was? fügte sie stumm hinzu. Nicht mal ein bisschen Tennis? Solltest du aber, denn du neigst dazu, schwabbelig zu werden. Du bist der Typ, bei dem so was schnell passiert. Ein paar Sahnestücke zuviel, ganz zu schweigen von den zahlreichen kleinen Cognacs abends vor dem Fernsehapparat… Und, Sylvia, wechsle endlich deine Schneiderin. Dieses Kostüm steht dir nicht. Pepita hat dir noch nie gestanden. Es lässt dich doppelt so breit wirken als du in Wirklichkeit bist. Du siehst darin aus wie das Testbild aus dem Fernsehen der Fünfziger Jahre…
    „Wie – nett“, presste Sylvia nun hervor, während sie die Spuren ihres Lippenstifts vom Rand ihres Champagnerglases wischte.
    Annelie, groß und mit einem Körper wie eine Stahlfeder, braun gebrannt von der Ostseesonne, das dunkle Haar offen bis zu den Hüften, in einem Waden langen, weißen und sehr engen Leinenkleid, zu dem sie flache, weiße Sandaletten trug, suchte nach ihrem Zigarettenetui.
    Sie hatte keine Lust mehr auf einen Smalltalk. Also blickte sie Sylvia direkt in die Augen. „Warum bin ich hier, Sylvia?“
    Sofort legte Sylvia ihr rundliches, weiches Gesicht, das erste Anzeichen von Schlaffheit zeigte, in Trauerfalten. „Es ist wegen Sofie.“
    „Ach was?“, staunte Annelie, während sie sich eine Zigarette anzündete. „Hat sie alles gut überstanden, die Ärmste?“
    „Hier ist Rauchen nicht erlaubt“, machte Sylvia sie aufmerksam, doch diesen Einwand wedelte Annelie mit einer Hand lässig beiseite.
    „Ich rauche immer – und überall.“
    Sylvia hüstelte. „Nun gut… Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, wie es Sofie geht. Ihre Tochter sagt, sie benimmt sich merkwürdig seit Bernies Beerdigung. Inken sagt auch, dass Sofie sich völlig abschottet gegen die Außenwelt. Und sie empfängt niemanden, nicht einmal die engsten Freunde.“
    Annelie hatte die Stirn gerunzelt. „Jeder reagiert in einer solchen Situation anders, Sylvia. Sofie ist anders als wir. Und sie hat Bernie über alles geliebt. Ich hatte immer den Eindruck, sie würde ohne ihn keinen Schritt alleine tun können.“
    Da wurde Sylvia unerwartet sachlich und erwiderte ohne jenes mitfühlende Tremolo in der Stimme, mit dem sie bisher jeden Satz unterlegt hatte:
    „Das wird sie nun aber müssen.“
    „Allerdings“, gab Annelie ihr Recht. Sie wartete sekundenlang, doch da Sylvia offensichtlich nichts hinzufügen wollte, fuhr sie gedehnt fort:
    „Wie ist das eigentlich passiert mit Bernies Tod? Es muss ja absolut unerwartet gekommen sein, oder? Krank war er doch nicht. Davon hätte man ja wohl gehört.“
    Sylvia war buchstäblich erstarrt. Sie sah Annelie sekundenlang nur stumm an. „Ja, liest du denn keine Zeitungen?“, platzte sie dann heraus wie ein kleines, sensationslüsternes Mädchen, das nur darauf brennt, der besten Feindin eine Neuigkeit zu präsentieren. „Weißt du denn nicht Bescheid?“
    Annelie fuhr sich, gegen ihren Willen jetzt auch angespannt, mit beiden Händen durch das Haar. „Eher selten. Und was sollte ich wissen?“
    „Wie Bernhard umgekommen ist. Das war auf Haiti. Er und Sophie hatten ihre Weltreise dort für ein paar Tage unterbrochen, weil… Du erinnerst dich vielleicht an Bernhards Vorliebe für Vulkane und so? Sophie schrieb mir auf einer Karte aus Kenscoff, dass Bernhard darauf brenne, sich den Pic de La Selle anzusehen… Zweitausend Meter hoch…“
    Annelies Augen wurden ganz schmal. In diesem Moment hatte sie große Ähnlichkeit mit einer wachsamen, mageren Katze. „Richtig“, sagte sie halblaut, als spräche sie mit sich selbst. „Bernhard Beer und seine merkwürdige Schwäche für Vulkanausbrüche, Lavaströme, Ascheregen, Schwefelwolken.“
    „Sofie fand es eigentlich nur immer kindisch“, brach Sylvias erbarmungslose Stimme in Annelies Gedanken ein. „Aber Bernie geriet angesichts solcher Naturschauspiele förmlich in Ekstase. Möchte wissen, wieso.“
    „Vielleicht hat es ihn sexuell…

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