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Mordskerle (German Edition)

Mordskerle (German Edition)

Titel: Mordskerle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Schley
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prächtig.“
    „Du hast ihn also gefunden?“
    „Ja, so kann es auch nennen. Ich bin gewissermaßen – über ihn gestolpert.“
    „Er lebt tatsächlich oben an der Grenze?“, staunte Annelie, für die der Reiz der übrigen Welt gleich hinter Hamburg aufhörte.
    „In der Nähe von Seebüll.“
    „Keine Details“, wehrte Annelie sofort verdrossen ab. „Ich kenne mich dort sowieso nicht aus. – Und? Wie ist er? Was sagt er?“
    „Ach, nicht viel. Er ist noch etwas einsilbig.“
    „Wie soll ich das verstehen?“ Jetzt klang Annelies Stimme scharf.
    Das war der Moment, da Lena anfing, zu reden. Annelie hörte ihr zu, ohne sie ein einziges Mal zu unterbrechen. Das war auch besser so, denn gerade von ihr hätte Lena störende Zwischenfragen oder anzügliche Bemerkungen nicht ertragen. Sie ersparte ihrer Mutter trotzdem keine Vorwürfe, die schließlich mit einer anklagenden Feststellung endeten:
    „…und erzähl mir nicht, du hättest Breidbach gut gekannt! Er kann sich nicht mal an deinen Namen erinnern!“
    Annelie demonstrierte Gelassenheit. „Meine Güte, kann ja sein, dass ich mich geirrt habe. Wir wurden uns irgendwann mal vorgestellt, aber ich erinnere mich nicht mehr, wo und warum. Tut mir leid, dass er im Moment Probleme hat.“
    „Probleme? Irgendjemand hat dem armen Mann den Schädel eingeschlagen!“ fuhr Lena auf.
    Annelie tadelte missbilligend: „Ts,ts,ts! Was sind das eigentlich für Zeiten? Da läuft irgendein Totschläger herum und bringt Leute durch einen Schlag auf den Kopf um. Glaubst du, es handelt sich um einen Serientäter?“
    Lena hätte beinahe aufgeschrieen. Serientäter! Das war typisch Annelie. Sie neigte, kaum, dass sie ein halbes Dutzend Informationen gesammelt hatte, zu den obligaten voreiligen Schlüssen.
    „Wo, zum Teufel, siehst du denn da eine Serie?“, wollte sie sarkastisch von ihrer Mutter wissen.
    „Na, wurde der junge Türke nicht auch durch einen Hieb auf den Hinterkopf getötet?“
    Lena stöhnte auf. „Annelie! Breidbach lebt, und ich bin überzeugt, dass der Anschlag auf ihn nichts mit dem Mord an dem Türken zu tun hat.“
    „Bernhard Beer kam bei einem Vulkanausbruch auf Haiti um“, sagte Annelie gedankenvoll, obwohl Bernhards dramatischer Tod natürlich überhaupt nicht mit den beiden anderen Fällen zu vergleichen war.
    Fälle? Hatte sie gerade FÄLLE gedacht? Irritiert schüttelte sie den Kopf. „Was ist denn nun mit Breidbach?“ fragte sie hastig. „Wird er Tim Valendieks Verteidigung übernehmen?“
    „Das bezweifle ich“, wich Lena aus. “Seine Genesung wird lange dauern. Zwei oder drei Monate. Ich komme morgen nach Hause. Finde ich dich dann in Uhlenhorst oder an der Ostsee?“
    Annelie dachte sekundenlang nach.
    „Ich denke, ich fahre an die See“, antwortete sie dann gedehnt. „Ich muss mal nach Rosie Valendiek schauen und dann wollte ich noch…“ Ihre Worte verloren sich in unverständlichem Gemurmel, das Lena lieber gar nicht verstehen wollte.
    „Ich rufe an, ehe ich dort auftauche“, versprach sie in Anspielung auf ihren letzten Besuch im Ferienhaus, als sie ihre Mutter mit einem jungen Liebhaber überrascht hatte.
    Woraufhin Annelie die Stirn runzelte, während sie sehr kühl sagte: „Das ist nicht nötig. Ich werde alleine dort sein. Für alles andere fehlt mir momentan – die Lust. Und die Zeit.“
    An der Ostsee wehte eine kräftige Brise, die sich in der folgenden Nacht zu einem Sturm entwickeln sollte, doch davon ahnte Annelie noch nichts, als sie sich von Hamburg aus auf den Weg an die Küste machte. Annelie interessierte sich nicht für Wettervoraussagen, Wasserstandsmeldungen und Sturmwarnungen. Sie war seit jeher der Ansicht, dass diese Dinge sie nichts angingen.
    Als sie bei ihrem Ferienhaus ankam und dort aus dem Wagen stieg, trieb ihr allerdings eine kräftige Windbö bereits feinen Sand entgegen. Vage fühlte Annelie sich daraufhin daran erinnert, dass die Nacht unruhig werden könnte.
    Später, am Fenster ihres Schlafzimmers stehend, beobachtete sie, wie der weiße Sand in langen Fahnen vom Wind vorangetrieben wurde. Einige späte Spaziergänger, die noch am Strand unterwegs waren, mussten sich mit aller Kraft gegen jede Bö stemmen.
    An Schlaf würde also kaum zu denken sein, sagte Annelie sich. Doch das beunruhigte sie nicht. Sie hatte ohnehin ganz andere Pläne für diese Nacht.
    Zunächst jedoch musste sie warten, bis es dunkel war.
    Sie versuchte, zu lesen – etwas, das schon unter normalen Voraussetzungen

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