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Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mordskind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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die sie aus Frankreich mitgebracht hatte. Paula betrat den Raum selten, nur zum Abstauben. Er gehörte, wie so vieles hier, nicht zu dem Bereich, den sie als den ihren betrachtete.
    Es würde dauern, ehe Simon mit seinen Schilderungen am Ende war. Er schien das Erlebnis tatsächlich ohne größere Probleme zu verarbeiten, für ihn war es ein aufregendes, turbulentes Abenteuer, das er am liebsten jedem erzählen würde.
    Von dieser Gelegenheit hatte er gestern ausgiebigen Gebrauch machen dürfen: Bereitwillig beantwortete er die behutsamen Fragen einer eigens angeforderten Kriminalbeamtin, wiederholte dasselbe vor Jäckle und dem Staatsanwalt und nochmals in aller Ausführlichkeit vor seiner Kinderärztin, die auch als Kinderpsychologin praktizierte. Sie bestätigte Paula, daß sie sich seinetwegen keine Sorgen zu machen brauche, und hatte hinzugefügt: »Man kann Ihnen zu diesem Kind wirklich gratulieren, Frau Nickel.«
    Simon dagegen war heilfroh gewesen, daß er für seinen Ausflug nicht geschimpft wurde, nicht einmal ein winziges bißchen. Er wunderte sich über die überschwengliche Wiedersehensfreude seiner Mutter und Doris’. Sie hatten sogar beide geweint, vor Freude, wie sie sagten. Nicht der kleinste Vorwurf kam von ihnen, wo sie doch sonst bereits maulten, wenn er nur in den Garten rausging, ohne sich abzumelden. Daß der Ausflug für seinen Begleiter im Untersuchungsgefängnis geendet hatte, war ihm bis jetzt von den Erwachsenen verschwiegen worden.
    Paula holte frische Bettwäsche aus dem Schrank, sie duftete zart nach den getrockneten Lavendelsträußen, die in den Fächern lagen, und bezog eben das Kopfkissen für Lilli, als sie Doris durch den Garten kommen sah. Sie ging schnell. Anton, er war seit Weihnachten kräftig gewachsen, folgte ihr schwanzwedelnd. Paula wurde unbehaglich zumute. Hoffentlich kann sich Lilli bremsen, dachte sie. Das wenigste, was ich im Moment gebrauchen kann, ist ein Kampf der Gigantinnen.
    Die Haustür mußte offen gewesen sein, denn schon hörte sie Doris’ Stimme im Flur: »Paula? Simon? Seid ihr da … Oh!« Der letzte Ton kam wie ein kleiner Schrei heraus. »Guten Tag, Lilli. So früh schon zu Besuch?«
    »Der frühe Vogel fängt den Wurm. Guten Tag, Doris.«
    »Anton! Anton, da bist du ja. Komm, Anton, ich muß dir was erzählen«, rief Simon dazwischen, der Hund kläffte, dann entfernten sich die beiden, hinaus in den Garten.
    Paula kam sich albern vor, wie sie da am Treppengeländer hing und ihre Gäste belauschte anstatt hinunterzugehen. Aber sie blieb und rührte sich nicht.
    Wenigstens ging Lilli nicht gleich auf Doris los. So wütend, wie sie vorhin ausgesehen hatte, mußte sie das einiges an Beherrschung kosten.
    »Ist Paula nicht da?« fragte Doris.
    »Sie ist oben, nehme ich an. Kann ich Ihnen etwas anbieten?«
    »Nein danke. Ich wollte etwas mit Paula besprechen.«
    »Über Ihre Reise mit Simon?« fragte Lilli unschuldig.
    Doris schien einen Moment zu zögern, dann sagte sie: »Sie wissen Bescheid?«
    »Oh, ja. Ich finde, der Gedanke ist ausgezeichnet. Simon sollte etwas Abstand zu den schlimmen Ereignissen gewinnen. Ein kurzer Tapetenwechsel würde ihm sicher guttun.«
    Es ließ sich schwer sagen, für wen die Überraschung größer war, für Paula, die noch immer wie angewurzelt auf ihrem Horchposten verharrte, oder für Doris, die nun tatsächlich ins Stottern geriet: »Wirk… wirklich? Finden Sie?«
    »Absolut. Und für meine Nichte wäre es eine Gelegenheit«, der Stimme nach lächelte Lilli, »ein paar Dinge zu ordnen, nicht wahr?«
    »Genau das dachte ich mir auch. Nur, Paula war gestern noch nicht in der Lage, eine Entscheidung zu treffen. Aber das ist ja kein Wunder, nach dem, was wir durchgemacht haben.« Sie atmete schwer. »Gott sei Dank ist dieser Alptraum jetzt vorbei. Und Gott sei Dank hatte Simon mehr Glück als mein Max.«
    Falls sich Doris Trost und Mitgefühl von Lilli erhofft hatte, so war sie auf dem Holzweg.
    »Ja, das hatte er«, bestätigte Lilli sachlich, und Paula hätte beinahe laut aufgelacht.
    Doris räusperte sich: »Paula ist also einverstanden mit meinem Vorschlag?«
    »Bedingt.«
    »Bedingt?« wiederholte Doris mißtrauisch.
    Lilli ließ die Katze aus dem Sack: »Natürlich wissen wir um die Großzügigkeit Ihres Angebots. Aber ich finde, Sie haben für Simon schon genug getan. Deshalb werde ich mit ihm eine kleine Reise unternehmen. Zu Freunden, nach Frankreich.« Paula bedauerte es, in diesem Moment nicht Doris’ Gesicht zu

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