Mordsmäßig fit
versiegten - als jemand laut an die Tür klopfte. Karl. »Hey, Dawn. Bist du okay? Ich habe Jeff im Schwitzkasten. Er sagt, du bist okay. Aber ich dachte, ich schaue lieber selber nach. Ich weiß, wie weit ich dem Kerl hier traue.«
»Karl, das hättest du nicht - na ja. Ich bin in Ordnung. Ich möchte heute nacht allein sein.«
»Ich habe nicht gewußt, was für ein Idiot dieser Typ ist«, sagte Jeff.
»Du hast keinen Ärger, Dawn?« fragte Karl.
»Absolut nicht. Laß Jeff gehen! Ich möchte heute nacht niemanden um mich haben.«
»Ich werde heute nacht Wache schieben.« In Karls Stimme lag ein Ton, der ihr sagte, daß er nicht mit sich reden lassen würde. »Willst du, daß ich hier bleibe oder unten?«
»Wo du willst. Danke, Karl. Wirklich.« Sie sagte noch: »Ihr beide solltet versuchen, Freunde zu sein.«
»Ich kann niemandem zum Freund haben, dem ich nicht traue«, sagte Karl. Jeff murmelte etwas. Sie konnte es nicht verstehen. »Gute Nacht«, sagte Dawn.
Es war keine gute Nacht. Vier Schluck Likör waren nötig, bis sie endlich das teuflische Gefühl von Jeffs Fingern um ihren Hals los wurde.
Lange nach Mitternacht kroch sie ins Bett. Wie sollte sie Schlaf finden, wo sie doch wußte, daß Peter und sein Komplize sie heute nacht umbringen wollten? Sie würde Officer Ruiz in allen Einzelheiten erklären, wie man sie bedrohte. Die Polizei würde nicht erlauben, daß sie allein war. Vielleicht stellten sie ja einen Leibwächter rund um die Uhr. Noch besser, sie fanden Peter und verhafteten ihn. Dieser Gedanke beruhigte sie. Dann hätte sie eigentlich schlafen können, aber die Ereignisse der letzten Woche fielen auf sie ein wie eine Horde Dämonen. Sie verspürte den Drang, sie zu ordnen. Sie verstand Peters Absicht. Sie sah ganz klar, er hatte gemordet, um SHAPE zu schaden, aber nicht, um SHAPE zu zerstören. Nur zu deutlich hatte sie die drei toten Frauen vor sich. Dann das verzerrte Gesicht des Reporters. Sie fragte sich, ob Sam Springs auch auf Peters Konto ging. Armer Sam! Vielleicht hatte ihn einfach nur das Leben kaputt gemacht. Aber wer half ihrem Partner bei seiner abscheulichen Arbeit? Und warum? Vielleicht hatte Peter in dieser anderen Person einen neuen Partner gefunden. Zusammen würden sie SHAPE zu mehr Profit und Wohlstand bringen.
Viel später schlief sie endlich ein. Das Telefon schreckte sie auf. Sie hielt ihre Bettdecke fest. Zögerte. Vielleicht hörte das Schrillen auf. Es hörte nicht auf. Mit einem Seufzer kämpfte sie sich aus dem Bett. Es war 4.02 Uhr. Ihre Hand zitterte, als sie den Hörer hochnahm. »Es ist vier Uhr morgens«, sagte sie.
»Wir haben es uns anders überlegt, Dawn. Du wirst nicht heute nacht sterben. « In der gedämpften Stimme, die sie schon mal gehört hatte, schwang etwas Unmißverständliches: geisteskranke Schadenfreude. »Wir werden dich töten... Später. Gute Nacht!«
In der Dunkelheit, den stummen Hörer in ihrer zitternden Hand, wurde ihr klar, daß sie jedes frühere düstere Ereignis mißverstanden hatte. Noch immer war sie verloren im Nebel. Wie an jenem fürchterlichen Morgen vor fast sechs Wochen, als sie die ertrunkene Eloise gesehen hatte, das Haar auf dem Wasser. Egal, wie viele starben oder welche angeblich logische Motivation neu in die Szenerie platzte. Nur eines war sicher wie ein Leuchtfeuer - vom ersten elendigen Moment neben dem Whirlpool an hatte es nur eine Zielscheibe des Todes gegeben. Sie.
Sie kroch wieder ins Bett. Dachte, sie könnte irgendwie aus den Fakten eine Verbindung herstellen. Sie schlief ein, für nicht länger als eine Stunde. Die Türklingel riß sie aus dem dürftigen Schlaf. Sie tastete sich zur Sprechanlage. Es war Officer Ruiz. Detective Morgan hatte ihn darum gebeten, sie zum Club zu begleiten. Sie ließ ihn herein, bot ihm eine Tasse Kaffee an. Sie ging unter die Dusche und zog sich an. Im Polizeiauto, auf dem Weg zu SHAPE, erzählte sie dem kräftigen Officer, daß die Drohung von derselben Person ausgesprochen worden war, die sie ursprünglich gemacht hatte. »Sie werden mich ein anderes Mal umbringen«, sagte sie. Als sie beim Büro ankamen, war die Tür verschlossen. Seltsam. Peter und sie hatten vereinbart, sie immer offen zu lassen. In ihrer Handtasche kramte sie nach dem Schlüssel und stieß die Tür auf. Peter schlief an seinem Schreibtisch. Sie knipste das Licht an. »Okay, Partner, Zeit aufzuwachen.« Aber er schlief nicht. Ein Schrei stieg aus ihrer Kehle. Peter hatte sich eine Kugel durch den Kopf
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