Mordsmäßig fit

anderen. Östliche und westliche. Es ist nicht einfach, den Unterschied zu erklären, Dawn. Ich bin, weiß Gott, kein Spezialist. Hier ist eine Art, die Dinge zu betrachten: Wir nehmen die Welt auseinander, sie setzen sie zusammen. Die Asiaten halten es mit der Balance.«
    »Was hat das mit SHAPE zu tun, Jeff?«
    »Vielleicht, daß du die Situation aus einem Blickwinkel betrachtest, ich aus einem anderen.«
    »Und was ist der Unterschied?« Sie merkte, wie nervös und hartnäckig sie war.
    »Ich habe mich neulich mit Beth darüber unterhalten- Sie hat sich auch ein bißchen mit dieser Art Training und Denken beschäftigt. Wir waren uns einig, daß westliche Menschen nur bestimmten Dingen nachjagen. Wer hat Chantelle umgebracht, zum Beispiel. Wer hat den Saft vergiftet? So was.«
    »Eine andere Art des Denkens wäre, alle Einzelheiten zusammenzuzählen und die Antworten von alleine kommen zu lassen.« Er sah zu ihr herunter. »Noch keine da.«
    Es war unfair, aber sie konnte nicht anders. Sie hielt ihm einen Vortrag, wie dringend Hector oder Sam als Schuldige überführt werden mußten. Oder möglicherweise beide. Das war ein Weg, den sie noch nicht ergründethatte. Fürjeden Mord ein anderes Motiv. Wenn Jeff auf seinem Futon saß oder Massagen gab, wann immer er Lust hatte, kaute sie auf ihren Fingernägeln wegen des verfluchten SHAPE-Unternehmens. Sie hatte keine Zeit zum Herumphilosophieren oder für lange Intermezzi, um darauf zu warten, ob Tiefsinnigkeiten aus dem Dunkel ihrer Seele an die Oberfläche sprudelten. Meine Güte, Jeff! Ja, sie stellte sich an. Und sie war gereizt. Das durfte jeder mal sein. Überraschung! Er breitete seine Arme aus und nahm sie in die Arme. Er hob sie hoch. Ihre Skier baumelten, als habe sie Entenfüße. Miniküsse überschütteten ihr kaltes Gesicht. Dann küßte er sie auf den Mund!
    An diesem Tag redeten sie nicht mehr über den Club. Er führte sie über einen schneebedeckten Golfplatz Und machte dann eine lange, langsame Biege durch immer verkehrsdichtere Straßen und zurück zu ihrem Apartment. Sie machte ein Fondue, Gemüse, ein wenig Steak und knuspriges Brot. Nach dem Essen setzten sie sich in den Schaukelstuhl. Unter der Decke zogen sie sich gegenseitig die Winterkleidung aus, berührten sich, streichelten sich, küßten sich. Stunden später, ineinanderverkeilt, zitternd und erschöpft, rollte sie sich schließlich zur Seite, zufrieden und, zum erstenmal seit Wochen, mit sich selbst im reinen.
     
    Am nächsten Morgen waren fast alle Straßen schneefrei. Dawn, Peter und Ketty gingen die Bücher durch. Es ergab sich auf dem Papier, daß der Club sechzig Prozent mehr wert war, als sie dafür bezahlt hatten - beeindruckende Leistung. Ketty war bereit, Zahlen über das potentielle Wachstum zu besorgen und über laufende und bevorstehende Kosten durch den Verlust der Mitglieder. Dawn brauchte keinen Computerausdruck: Es würde sie den gesamten Club kosten.
    Detective Morgan rief an. Sie erzählte von Sam. Ihre Stimme wurde höher, zeigte ihre Aufregung. Sie spann ein Netz von Verdächtigungen. Warf es um ihren Exliebhaber wie eine exotische Spinne. Dann zog sie es fest mit den Worten: »Sehen Sie?« Sie atmete schwer, wartete auf eine Antwort.
    »Interessant«, sagte er erstaunt. »Ich dachte, Sie hätten alles auf Ihren Kavalier Mister Hector Sturm gesetzt.«
    »Der eine oder der andere käme als Mörder in Frage. Oder, ich dachte, vielleicht beide. Vielleicht hat jeder aus persönlichen Motiven gemordet!« Ohne Morgans Begeisterung ging auch ihr die Luft aus, wie bei einem Luftballon am Morgen nach der Party. Plötzlich fühlte sie sich töricht - und verärgert. »Ich versuche nur, Ihnen bei der Lösung des Falls behilflich zu sein. Und Ihre Gleichgültigkeit -«
    »Jetzt halten Sie aber mal die Luft an, Dawn! Es reicht! Sie waren im letzten Monat Zeuge von vier merkwürdigen Todesfällen. Ich habe in meiner Dienstzeit vierhundert gesehen. Ich habe etwas mehr Erfahrung als Sie.«
    »Und was ist mit Sam? Werden Sie ihn verhaften?«
    »Verhaften? Vor zwei Minuten habe ich diesen seltsamen Namen zum erstenmal gehört, und Sie wollen ihn schon ins Loch bringen?«
    »Monty -«
    »Heute werde ich mich mit Hector Sturm unterhalten. Vielleicht knöpfe ich mir nächste Woche Sam Springs vor. Kümmern Sie sich um Ihren Badeplatz. Ich erledige das Detektivspiel.«
    »Sam könnte sehr gut ein Mörder sein! Glauben Sie mir.«
    Ein schwerer Seufzer am anderen Ende der Leitung. »Ich sage