Mordsmäßig fit
verknallt in sie - nichts weiter. Natürlich erwies er sich als viel gescheiter, als sie erst gedacht hatte... »Wo hast du Jeff noch gesehen, wo er nach deiner Meinung nichts zu suchen hat?«
»Am Whirlpool und bei der Sonnenbank, bevor sie sie weggenommen haben.«
»War das nach dem Tod von Nicole und Eloise?«
Er nickte. »Und ich habe ihn im Trainerraum gesehen, wenn Beth nicht da war.«
»Was hat er da gemacht?«
»Mit der Medizin und dem Zeug, das sie da aufbewahrt, herumgespielt. Vielleicht was gestohlen, dachte ich.«
Dawn setzte sich auf die Liege. Medizin? Drogen? Beth war doch kein Arzt. Sie konnte nicht viel haben. Trotzdem. Angenommen, Jeff hatte was gestohlen
Sie merkte, wie sie anfing, ihn wieder zu verdächtigen. Und nur ein paar Stunden vorher hatte sie gedacht, er sei derjenige, dem sie trauen konnte. Sie ärgerte sich über ihre Schwankungen. Sie wollte sich bei Jeff entschuldigen; Angst machte sie launisch und überängstlich. Im Moment schien der einzige Mensch, dem sie traute, Karl zu sein.
Die Abgeschiedenheit auf dem See, die Wärme und das Erlebnis, einen Barsch aus dem Wasser zu ziehen, trugen zu diesem Vertrauen bei. Sie wollte, daß diese Idylle anhielt. Wollte ihre immer stärker werdenden Ängste um ihren Club und ihr Leben so lange wie möglich fernhalten. Hier bin ich sicher, dachte sie. Und ich liebe es!
»Ich will die Nacht über hierbleiben, Karl«, sagte sie. Aber er solle sie nicht mißverstehen.
Er fiel ihr ins Wort. »Was immer du willst. Mir ist es recht. Ich bin froh, mit dir zusammen zu sein.«
Mrs. Clausman bereitete den Fisch zu und servierte eine riesige Platte voller Backfilets, die sie zu viert nicht schafften. Dawn half beim Abwasch. Während die Gastgeberin plauderte, nahm Dawn die Wärme und die Sauberkeit in der Küche in sich auf und, wenn sie es sich recht überlegte, den ganzen Down-East-Lebensstil. Oder zumindest, wie ihn die Clausmans praktizierten. Auch wenn Karl einmal dieses gesunde Nest verlassen, einen Mann getötet und im Knast gesessen hatte.
Mr. Clausman erwachte aus seiner Versunkenheit und schickte das Paar mit einer halben Gallone »Glog«, einem Getränk, das er selber aus Wein und Gewürzen herstellte, zurück zur Hütte. Sie sollten ihn auf dem Herd aufwärmen, langsam trinken und genießen. Die Hintertür des Hauses bleibe offen, falls sie das Bad benutzen müßten. Taschenlampen seien im Schuppen. Er schickte sie los und kicherte. Nach ein paar kleinen Gläsern Glog entdeckten Dawn und Karl ihre Liebe zum Gesang. Im Schein der hängenden Kerosinlampe spulten sie ihr lückenhaftes Repertoire herunter. Bei schwindendem Glogvorrat und mit wachsendem Enthusiasmus sangen sie im Duett. Er hatte einen soliden, aber ungeübten Bariton. Ihr unzuverlässiger Alt hätte mehr als einen Kirchenchor ruinieren können. Sie sangen leise, grölten und jubilierten. Als sie endlich heiser waren, krochen sie angezogen unter die Bettdecke und schliefen ein. In der Nacht wachte Dawn auf und schaute auf die Uhr. Es war zwei Uhr. Sie mußte zur Toilette. Leise stand sie auf, um Karl nicht zu wecken, schlüpfte in ihre Stiefel, zog Daunenweste und Handschuhe an und verließ die Hütte. Der Wind peitschte über den See, die Mondsichel erleuchtete ihren Weg nur wenig. Auf dem Weg über das Eis Richtung Haus knipste sie die Taschenlampe an. Die dicke Eisdecke seufzte unter ihr. Erschreckte sie. Es war zu dick, um zu brechen, aber es klang wie die Stimme eines Menschen. Sie lief schneller.
Nachdem sie auf der Toilette war, spielte sie einen Moment lang mit dem Gedanken, nicht zur Hütte zurückzugehen. Sich statt dessen in das weiche Bett von letzte Nacht zu kuscheln. Sie überlegte. Karl hatte nichts für seine Freundlichkeit und Besorgtheit verlangt. Das Geringste, was sie tun konnte, war, den Rest der Nacht neben ihm zu verbringen. Sie zog sich wieder an, ging aus dem Haus und steuerte auf den See zu. Beinahe am Ufer angelangt, erinnerte sie sich an den Schatten, den sie letzte Nacht zu sehen gemeint hatte. Nur ein paar Schritte von ihrem jetzigen Standort entfernt. Auf dem
Weg zum Haus hatte sie nicht daran gedacht. Sie ging schneller. Der Wind fegte über den See. Zum Schutz hielt sie sich eine Hand vors Gesicht. Das Eis stöhnte wieder. Sie fuhr zusammen. Fing an zu rennen, unbeholfen, auf die Hütte zu. Von irgendwo hinter ihr, wie ein vom Wind aufgewirbeltes Blatt, hörte sie einen hohen, schauerlichen Schrei.
»D-a-a-a-a-wn. D-a-a-a-wn! «
Sie schrie
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