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Mordsonate

Mordsonate

Titel: Mordsonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O. P. Zier
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sollten immer nur die anderen – – – Freilich, wir wurden gewählt, gerade weil wir den anderen das immer vorgeworfen haben, ganz zu Recht! – Und dann haben wir es genauso gemacht wie sie. – Ganz gleich haben wir es gemacht. Nicht wenige von uns sogar noch viel ärger. Weil niemand auf solche Vorteile verzichtet! Niemand! – Natürlich steckt man dann in der Lüge, steckt mitten drin. – Aber es müssten alle damit aufhören! – Ich habe eine Chance ergriffen, eine Chance … meine Chance! Und jetzt … es kommt mir vor, als wäre ich nur in eine Falle gegangen! – Aber das hat mit all dem nichts zu tun, worum es jetzt geht! – Hier ist alles so – Ich – Meine Unschuld – Gerlinde Brunner aus der ENAG, sie kann es bezeugen, sie weiß genau, dass ich nichts getan habe. – Aber bitte verschonen Sie damit meine Frau, bitte, sie kann doch nichts
    Es war das dritte Blatt, das er schnell überflogen hatte, ehe er es vom Block abriss und ebenfalls zerknüllte, umein viertes Mal neu anzusetzen, weil er darauf überhaupt nichts von dem vorgefunden zu haben glaubte, was er eigentlich sagen hatte wollen. Er wollte es wieder probieren, obwohl sich ihm inzwischen das, was er auszudrücken versuchte, seiner zunehmenden Verzweiflung wegen unentwegt noch mehr verwirrte. Dabei – er wusste doch, was seiner Familie zu sagen war. Warum gelang es ihm nicht, das einfach hinzuschreiben?
    Meine Liebsten, geliebte Petra, über alles geliebte Anja
,
    die Vorstellung ist mir ganz und gar unerträglich, hier herinnen zu sitzen, wo mir das vorgeworfen wird, was jetzt in diesem Augenblick vielleicht gerade derjenige meinem Kind antut, der noch immer frei ist, gerade weil man
mir
das alles in die Schuhe schieben will und mich zum Schuldigen macht, der ich nicht bin! Petra, bitte verzeih mir, bitte!!! Bitte verzeih mir meine vielen Fehler, aber damit habe ich nichts zu tun, was man mir jetzt … Und Anja, ich … leider habe ich keine Hoffnung mehr, dich lebend wieder zu sehen, wo es jetzt … es ist so fürchterlich, dass das unserem Kind widerfahren muss! So unerträglich ist es mir, dass gerade mit diesem Allerschlimmsten dann meine Unschuld bewiesen … aber wie sollte ich denn weiterleben, ohne meine geliebte Anja! Bitte, Petra, bitte verzeih mir auch das, was ich jetzt tun muss! Aber ich weiß mir keinen anderen Weg mehr. Ich werde immer dein sein, Petra, und jetzt bald bei unserem geliebten Kind. Auf ewig, Dein Hans!
    Dann bückte er sich und suchte unter den zerknüllten Bögen, die er neben dem Tisch auf den Boden geworfen hatte, einen ganz bestimmten, glättete das Papier und überflog diesen Entwurf noch einmal:
    Was tun, wenn alles auf einmal ein Trugbild – warum ist es immer dort so, wo man – Ich kann ja verstehen, Petra, dass du jetzt … natürlich willst du nicht zu Besuch kommen, weil du wahrscheinlich auch unsicher bist, ob ich nicht vielleichtdoch – aber ich war es nicht, Petra, auch wenn es jetzt – es ist so furchtbar – erst recht unerträglich ist es mir, wenn meine Unschuld durch das Allerschlimmste bewiesen wird, das ich mir überhaupt nur denken kann – meine über alles geliebte Anja, unsere Anja, Petra – es ist – ich könnte das niemals, niemals ertragen – ich verstehe ja, dass du nicht hereinkommen willst, so wie das für dich ausschauen muss, weil diese Schweine vor nichts zurückschrecken und mir das in die Schuhe schieben – aber ich hätte gerade jetzt – wenn du da wärst, aber ich weiß, wie es dir gehen muss, Petra, das tut mir so furchtbar leid, weil ich nichts dafür kann
    Wäre das nicht besser? Er war unschlüssig und ließ das Papier neben jenem, das er nicht mehr vom Block gerissen hatte, auf dem Tisch liegen. Dann stand er auf und ging wie in Trance zu seiner Pritsche, um das Leintuch abzuziehen. Als er mit Hilfe der Zähne das Gewebe einzureißen begann, war ihm, als würde er nicht seinem eigenen Willen gehorchen, als würde er einer Anweisung folgen, von der er noch nicht genau wusste, wohin sie führen würde. Es waren seine eigenen Handgriffe, die er, der nie fehlsichtig war, jetzt in einer sonderbaren Unschärfe wahrnahm. Zugleich war eine unbestimmte Hoffnung in ihm, an dem, was er dabei war zu tun, doch noch von irgendjemandem gehindert zu werden.
    Joe erzählte seinem Freund, dass sein Papa damals gesagt hatte, dass Autos im Schredder landeten, wenn darin im Sommer eine Leiche gefunden würde. »Und den Gestank der Suppe kriegt man genauso wenig wieder

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