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Mordsonate

Mordsonate

Titel: Mordsonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O. P. Zier
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ertappte sich Gerlinde Brunner dabei, wie sie alle damit verbundenen Handgriffe auffallend langsam erledigte, jede Kleinigkeit auskostete und sich zugleich beschwor, dass heute noch zu viel zu tun sei, um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen! Es ginge einfach noch nicht, wo doch der DI bald seinen Urlaub antreten würde und mit seiner Sekretärin die Angewohnheit teilte, keine Arbeit liegen zu lassen.
    Erst später sollte ihr die Ironie auffallen, dass sie an diesem Nachmittag von ihrem Pflichtbewusstsein, nur ja nichts aufzuschieben, dazu gebracht wurde, ihre Selbstanzeige hinauszuschieben. Auch wenn sie dem mächtigen Erledigungsdruck, der seit ihrer Kindheit in ihr war und es ihr schon damals nicht erlaubt hatte, eine Hausaufgabe aufzuschieben, weil sie sich dadurch unfrei gefühlt hätte, mit Beschwichtigungen beikommen musste: Ein Tag früheroder später – was macht das jetzt noch aus? Kurz kam es ihr sogar so vor, als würde ihr das Klammeräffchen vom Bildschirmrand zuzwinkern. Wie auch immer, Gerlinde Brunner rang sich jetzt zu dem folgenschweren Entschluss durch, sich erst morgen anzuzeigen.
    Erich hatte eine Pause Veras genützt und war mit dem Rad zu ihr ins Mozarteum gefahren. Diesmal mit Helm, nachdem er von Oberst Bermadinger darum gebeten worden war. Irgendjemand im Haus hatte also nichts Besseres zu tun, als dem Leiter des LKA zu melden, dass dieser Dr. Laber … oh Gott! Oder der Oberst stand gerne am Fenster und hatte ihn selbst beobachtet. Jedenfalls war es ihm so wichtig gewesen, unter Hinweis auf die Vorbildwirkung der Exekutive deswegen eigens bei Erich anzurufen. Kaum dass der Chefinspektor, den Helm unterm Arm, bei Vera angekommen und sie einander umarmt und geküsst hatten, erreichte ihn Harlanders Anruf.
    »Offenbar, Vera …«, sagte Erich und drückte die Frau an sich, die ihn auf die Nachricht hin sofort erneut umarmte, obwohl sie sich gerade erst voneinander gelöst hatten.
    »Welche … Erich, weiß man schon, welches der beiden Mädchen es ist?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, noch ist nichts bekannt. Nur dass zwei Buben sie gefunden haben.« Den genauen Fundort behielt der Chefinspektor für sich; Vera war schon bedrückt genug.
    »Hoffentlich ist dieser Alptraum damit zu Ende, Erich. Hoffentlich!«
    »Bestimmt. Ganz bestimmt ist er das.«
    Die Tatortgruppe der Spurensicherung war vor Erich und Harlander eingetroffen, hatte das Areal abgeriegelt undwar nun dabei, die Aluminiumkoffer mit den Gerätschaften von ihren beiden am Wiesenrand abgestellten Autos zu holen.
    Die Streifenpolizisten, eine Frau und ein Mann, die nach dem Anruf des von den Buben verständigten Bauern als Erste vor Ort gewesen waren und sich einerseits um die Kinder gekümmert und andererseits darauf geachtet hatten, dass niemand mehr in die Nähe des Heuballens ging, erstatteten Erich einen kurzen Bericht.
    »Das weiß man natürlich, dass man bei so was nichts anrühren darf«, sagte der Landwirt zufrieden. »Erst als ich die Ferse selber gesehen hab, habe ich mir gedacht: Oha, das schaut nicht gut aus!« Denn beim Gestank allein, von dem die Buben ihm zuallererst berichtet hätten, erzählte er leutselig, beim Gestank habe er an einen Feldhasen gedacht. »Ein Feldhase … das wäre schon möglich, dass der vom Mäher erwischt worden … na ja, und dann halt auch in den Siloballen gekommen … sicher nicht alltäglich, ja, aber gut möglich, doch, möglich schon … aber eine Ferse? Nein!«
    Der untersetzte Mann, der einen blauen Arbeitsoverall und einen weichen roten Stoffhut trug, verschränkte jetzt seine Arme vor der Brust und verfolgte mit großem Interesse die Arbeit der Spurensicherung. »Schaut eigentlich eh ganz so aus wie im Fernsehen«, stellte er fest.
    Erich hatte Harlander zu den Buben geschickt, die beim Polizeiauto fürsorglich von der jungen Streifenpolizistin betreut wurden. Der Chefinspektor überlegte kurz, sich bei der Seidl-Nachfolge um eine Frau zu bemühen. Zum Glück, dachte er sich, hatte der Gestank die Kinder davon abgehalten, den Müllsack aus dem Heuballen zu ziehen, denn der Anblick, der sich den Beamten jetzt bot, war grauenvoll.
    »Pepi! Mein Gott, Pepi!« rief eine aufgebrachte, hagere Frau mit halblangen blonden Haaren, die von ihrem Auto, die Fahrertür weit offen, auf die beiden Buben zugerannt kam und den schlaksigen größeren sofort in ihre Arme schloss. Der von der Frau mit Pepi, von seinem Freund lässig mit Joe Angesprochene gab sich, all der Aufregung, die er nicht

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