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Mordsonate

Mordsonate

Titel: Mordsonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O. P. Zier
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dich vor deinen Kollegen nicht mehr zu schämen, nie wieder, Mama. Aber ich weiß doch, dass es so war, Mama, das weiß ich doch
.
    Ein auf der Glasplatte des Couchtischs liegendes Mobiltelefon ließ sich mit kläffendem Hundegebell vernehmen. »Ach, Bello, du schon wieder«, murmelte der junge Mann gedankenverloren, während seine Hand wie in Zeitlupe nach dem Gerät griff.
    »Ja … morgen? Nein, noch nicht. Mir geht’s noch nicht … ein Hexenschuss … sehr schmerzhaft, ja. Ich hätte schon noch angerufen, damit du wieder einspringst. Okay, alles klar.«
    Er beugte sich vor und legte das Handy an die Stelle zurück, an der es vorhin gelegen war. Dann ließ er sich langsam gegen die Lehne des Polstermöbels sinken, warf den Kopf in den Nacken, starrte mit leicht geöffnetem Mund gegen die Zimmerdecke und schloss für eine Weile die Augen.
    Ich weiß, Mama, es ist eine großartige Entschädigung dafür … aber, doch, doch, ich habe dich enttäuscht, Mama, das weiß ich, ich weiß das doch. Aber jetzt bringt uns niemand mehr auseinander. Und Bello landet nicht mehr im Müllsack, so zusammengeschnürt … keine Nacht mehr draußen … Mama, bald feiern wir das Gesamtkunstwerk. Du bist in mir. Wie versprochen, Mama, ich widme es dir und Sr. Majestät. Und dann kommt der tosende Applaus. Weltweit! Es fehlt nur noch der Schlussakkord
.
    Nachdem er eine Weile reglos dagesessen war, erhob sich der junge Mann etwas behäbig und ging ins Schlafzimmer, wo er einer Kommode ein sorgfältig zusammengelegtes, aus zwei Teilen bestehendes schwarzes Kleidungsstück entnahm. Mit diesem Bündel unter dem Arm ging er in den Vorraum und schlüpfte in seine Baseballschuhe; den langen Schild der Kappe zog er sich tief in die Stirn.
    Frau Weger klang verschnupft, nieste mehrmals und musste sich zwischendurch schnäuzen, als sie den Chefinspektor darüber informierte, dass Anja heute am späten Nachmittag heimgekommen war. »Ja, sie ist von sich aus … nach allem, was passiert ist … überall die Zeitungen mit Papa, hat sie gesagt. Wie soll das Kind das auch alles aushalten? Ich konnte nicht früher anrufen … jetzt schläft sie.«
    »Das ist eine gute Nachricht, Frau Weger, ich freue mich sehr für Sie«, sagte Erich, um bei sich zu denken, dass seinen Leuten das Kind im Ferienhaus also tatsächlich entgangen war.
    »Ach, Frau Weger, wie ist Anja denn ohne Schlüssel ins Haus gekommen?«
    »Sie hat mir verraten, dass sie einen geheimen Einstieg … durch eine Fensterluke, wo sie von außen den Bal-kenaufmachen kann. Davon haben nur sie und Birgit gewusst.«
    »Und … war sie im Haus, als meine Mitarbeiter nach ihr geschaut haben?«
    »Ja. Sie hat sich in einem Kleiderschrank hinter den alten Wintersachen versteckt.«
    »Aha. Sie ist ein intelligentes Mädchen, Frau Weger.«
    »Ja, das ist sie … ich hoffe nur, dass wir über all das auch wieder einmal hinwegkommen, was jetzt …«
    »Ganz bestimmt, Frau Weger, ganz bestimmt. Und schauen Sie bitte, dass auch Anja bald psychologische Unterstützung erhält.«
    »Ja, das haben wir vor, denn sie möchte … sie will jetzt keinesfalls in die Schule. Meine Schwester und ich … wir … morgen machen wir das alles. Beim Arzt soll sie dann das von Hans erfahren … dass ihr Papa nicht mehr lebt.«
    »Das finde ich sehr richtig, Frau Weger.« Erich durchdachte die neue Situation … damit entfiel die Begründung für Hans Wegers Suizid … aber er konnte doch nicht wissen, dass seine Tochter von sich aus … vor allem hätte er dem Kind niemals seinen Selbstmord zugemutet – oder war er einfach völlig am Ende gewesen? Und sich bewusst, dass Anja unter diesen Umständen ohnehin niemals in Vilnius teilnehmen hätte können? Und ihr damit wenigstens ein wegen Mordes verurteilter Vater erspart geblieben wäre?
    »Entschuldigen Sie«, sagte Petra Weger, nachdem sie sich noch einmal geschnäuzt hatte. Dann setzte sie, immer wieder schluckend, von neuem an: »Ach ja, Herr … jetzt, ich meine, wo Anja wieder da … und Hans nicht mehr … es hat … es hat nicht gestimmt, Herr Dr. Laber. Meine Aussage … ich wollte ihm helfen, weil es ihm doch so schlecht ging, zu der Zeit. Aber als ich in seinem Büro angerufenhabe, hat dann ein Lehrling abgehoben, der zufällig … Hans war nicht im Büro, um die besagte Zeit, als Birgit verschwunden ist. Das Lehrmädchen hat sich erkundigt, er war nicht im Haus.«
    Erich atmete hörbar aus, worauf die Frau schuldbewusst sagte: »Ja, Herr Doktor, ich weiß,

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