Mordsonate
Dämpfer erfahren, wäre sie versucht gewesen zu sagen: Was für ein Ausgleich – dass ich wieder gehen kann, ist ja auch so etwas wie ein Missverständnis.
Als Roland Brammer von Koller und Harlander noch einmal in seine Wohnung gebracht worden war, damit er die notwendigen Vorkehrungen für den Antritt seiner Unter-suchungshafttreffen konnte, hatte Erich die ersten schriftlich ausgefertigten Ergebnisse der Spurensicherung zu dem alten Haus überflogen. Danach hatte er ihm in einer kürzeren Einvernahme noch vor der erkennungsdienstlichen Behandlung einige sich daraus ergebende Fragen gestellt.
Mühlbauer, bei dem gestern zwei Überstunden angefallen waren, wollte heute aus privaten Gründen pünktlich Schluss machen. Er versprach, gleich morgen früh einen Termin für die Anfertigung eines Phantombilds zu organisieren, da der zuständige Kollege jetzt nicht mehr im Haus sei.
Harlander wirkte noch angeschlagen. Erich riet ihm, auch heimzugehen. Er solle sich doch etwas Angenehmes gönnen, das ihm helfe, sich zu entspannen. Fehler dieser Art, versuchte der Chefinspektor den bedrückten jungen Mann aufzumuntern, unterliefen einem immer wieder. Und so gravierend sei der Irrtum letztlich nicht gewesen, wo doch Herr Brammer nach derzeitigem Ermittlungsstand der Hauptverdächtige sei, auch wenn einiges noch nicht ganz schlüssig wäre.
Koller hatte gebeten, nach seiner Mutter sehen zu dürfen. Ihr Zustand sei leider unverändert kritisch. Da er ohnehin nicht lange bei ihr bleiben dürfe, solle ihm der Chef doch bitte eine SMS schicken, wenn er ihn heute noch benötige. Es mache ihm nichts aus, am Abend wieder hereinzukommen – eigentlich sei er für jede Ablenkung dankbar. Erich erinnerte sich daran, dass er in Linz sogar mit einem Kollegen klargekommen war, der ein fanatischer Anhänger der
Schürzenjäger
war, weil er ihm zugestehen konnte, dass diese Truppe einen sehr guten Rockschlagzeuger habe – also müsste sich doch auch das Verhältnis mit Koller normalisieren lassen. Zumal er ihmjetzt leid tat und er dem verzagten Gruppeninspektor am liebsten den Arm um die Schulter gelegt hätte.
Erich kam erst nach Aufarbeitung des Stapels dienstinterner Post, die er vor sich her geschoben hatte, fast zwei Stunden nach dem offiziellen Dienstschluss dazu, sich eingehend dem Studium des Obduktionsbefundes der Leiche Birgit Abergers und dem Bericht der Spurensicherung zum alten Haus zu widmen. Aber Dr. Laber waren diese Stunden am frühen Abend auch schon in Linz am liebsten gewesen, wenn er sich ungestört mit einem Fall auseinandersetzen wollte. Die Putzfrau hatte sein Büro längst verlassen, und wenn er auf den Gang trat, um die Toilette aufzusuchen, wirkte das Amtsgebäude wie ausgestorben, obwohl es das natürlich keineswegs war. Im Schein seiner Schreibtischlampe pflegte er Berichte mit Block und Stift durchzuarbeiten, um spontane Einfälle unverzüglich festzuhalten, da er den kreativen Anteil bei dieser Art des Aktenstudiums immer am meisten genoss.
Bevor er anfing, rief er Vera an, die aber offenbar noch einen Studenten und ihr Handy ausgeschaltet hatte; er hinterließ eine verliebte Nachricht auf der Mobilbox, die er mit dem Hinweis auf seine bevorstehende Versenkung in die Untersuchungsergebnisse beschloss. Danach holte er sich vom Automaten einen Becher dieser bräunlichen Brühe, die allein die Hersteller dieses Gerätes als Kaffee auszugeben wagten, und fühlte sich sehr wohl, als er damit in seine stille Bürohöhle zurückkehrte.
Sowohl aufgrund der Fingerspuren auf dem Instrument als auch dank der Faserspuren, die auf der Matratze sichergestellt wurden, war ohne Restunsicherheit erwiesen, dass sich Birgit Aberger in dem Raum aufgehalten hatte. Die Obduktion der Leiche hatte ergeben, dass das Kind, wie beim ersten Augenschein vermutet, tatsächlichmit Kabelbindern gefesselt worden war und eine fest sitzende Augenbinde aus einem Kunstfasermaterial getragen haben musste – weder die Kabelbinder noch die Augenbinde waren aufgefunden worden, wie auch die Schnüre fehlten, mit denen Birgit offenbar des Nachts noch zusätzlich an das Messingbett gefesselt worden war.
Der Tod des Mädchens trat nach Verabreichung einer hohen Dosis Schlafmittel ein und wurde beschleunigt durch Ersticken mit einem Nylonsack, in dem mit ziemlicher Sicherheit ein elektronisches Gerät verpackt gewesen und der auf der Leiche belassen worden war. Als Todeszeitraum wurde zwei Tage nach dem Verschwinden des Kindes angegeben. Das
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