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Mordsonate

Mordsonate

Titel: Mordsonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O. P. Zier
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Gefühlsblindheit.« Aber das wirklich Unangenehme an dem Traum war gewesen, dass Erich dabei ständig das Gefühl gehabt hatte, seine Vera würde in großer Gefahr schweben. »Der schwarze Hund kommt zurück!«, hatte er ihr zuzurufen versucht, aber sie schien ihn da vorne an ihrem Pult nicht zu hören.
    Er konnte sich nicht mehr zurückhalten und griff nach seinem Handy – Vera hatte ihres noch nicht eingeschaltet. Erich atmete auf. Sie hatte heute wohl später Unterrichtsbeginn und konnte sich endlich wieder einmal ausschlafen. Wie sehr ihr das momentan fehle, darüber hatte sie sich kürzlich bei ihm beklagt.
    Das Wetter begann sich exakt nach Vorhersage umzustellen: Nach der nur von Gewittern unterbrochenen langen Schönwetterphase war der Himmel heute bereits bedeckt, und es hatte empfindlich abgekühlt. Dennoch entschied Erich sich für das Rad, um ins Büro zu fahren. Dort lag bereits die Telefonnotiz von Veras Anruf auf seinem Schreibtisch. Obwohl es im Nachhinein unsinnig war, ärgerte er sich, dass er sein Handy ausgeschaltet hatte, als er sah, dass sie ihn genau da angerufen hätte. Andererseits schloss er daraus, dass sie gestern Abend wohl auch deshalb ihr eigenes Gerät ausgeschaltet hatte, weil sie annehmen musste, ihn telefonisch ohnehin nicht mehr zu erreichen, nachdem er für die Umleitung der für ihn bestimmten Anrufe ins LKA gesorgt hatte. »Google-Mann«, murmelte er kopfschüttelnd. »Was soll denn das sein?« Hatte sich Vera einen Scherz erlaubt? Der Beamte, der die Notiz während seines Nachtdienstes angefertigt hatte, war nicht mehr im Haus. Na ja, sagte sich Erich, während er das Blatt zur Seite schob, Vera wird mich darüber schon noch aufklären. Er machte sich auf den Weg in Mühlbauers Büro, um ihn mit der Durchleuchtung derFinanzsituation Roland Brammers zu beauftragen und eine entsprechende Konteneinschau Hans Wegers in die Wege zu leiten. »Die Phantombildgeschichte läuft schon, Chef«, sagte Mühlbauer. Er habe Harlander mitgehen lassen.
    »Sehr gut. Hoffen wir, dass etwas halbwegs Brauchbares herauskommt.«
    Auf dem Rückweg in sein Büro schaute er noch bei Koller hinein und erteilte ihm den Auftrag, mit einem Foto Hans Wegers im Wohnhaus Roland Brammers die Nachbarn zu befragen, ob sie die beiden einmal zusammen gesehen hätten. »Und das Ganze dann umgekehrt auch bei Wegers Nachbarn.« Da er in Kollers Blick etwas Störrisches zu erkennen glaubte, fügte er hinzu, dass ihnen leider nur die Ochsentour übrig bleibe.
    Danach erst genehmigte er sich sein Frühstück, das er sich wie immer auf dem Weg ins Büro gekauft hatte, und blätterte die Boulevardzeitungen durch, die sich ausgiebig mit Hans Weger, dem mutmaßlichen Mädchenmörder, der sich selbst gerichtet habe, beschäftigten. Im Anschluss daran putzte er sich wie gewohnt im Waschraum die Zähne und wollte gerade, kaum dass er wieder hinter seinem Schreibtisch saß, Vera anrufen, als an seine Bürotür geklopft wurde.
    »Babsi!« rief er erfreut aus, als seine Nichte ins Büro geschwirrt kam und ihn aus braun gebranntem Gesicht anstrahlte. Nach einer herzlichen Umarmung darauf angesprochen, erwiderte sie in bester Laune: »Wenn ich schon Braun heiße, soll ich es doch irgendwann wenigstens auch sein, nicht? Und hier in Salzburg kann ja von Sonne keine Rede sein.«
    »Was in meinem Fall egal ist. Wie du weißt, komme ich auch aus dem Süden noch blasser heim«, sagte Erich, dessenStimmung sich schlagartig gebessert hatte. »Du willst wirklich aufhören, beim Sender?«
    »Habe ich schon, Erich! Ich war grad dort, um den Schlüssel abzugeben. – Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie froh ich bin, allein diesen BSL nie wieder sehen zu müssen.« Heute sei er zum Glück ja nicht da gewesen, da er, wie sie erfahren habe, schon seit ein paar Tagen seine Sendung schwänze. »Er hat ja ständig irgendwelche Wehwehchen – aber wenn sich eine der Vogelfreien dort auch nur herausnehmen würde, mit Fieber nicht zu erscheinen … ach, was rede ich denn! Leid tut es mir nur um die Kolleginnen, die dieses Ekel ertragen müssen. Und dabei auch noch so dämlich infantil! Nicht nur diese primitiven Witze … nein, Erich, stell dir vor, der schüttet ihnen bei Firmenfesten regelmäßig Juckpulver unters Kleid!«
    »Juckpulver?«
    »Ja. Dämlicher geht’s gar nicht. Wie in der Volksschule! Und kreischt jedes Mal auf: ›Ich war es nicht! Ich doch nicht!‹«
    Natürlich dachte Erich sofort an das Juckpulver unter Birgits Fingernägeln

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