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Mordsonate

Mordsonate

Titel: Mordsonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O. P. Zier
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die schlimmsten Vorstellungen,was dem Mädchen angetan worden sein könnte. Er hatte die Berichte über Kindesmissbrauch stets nur kopfschüttelnd und mit Abscheu verfolgt, als etwas, das er nicht begreifen konnte, das ihn jedoch in keiner Weise betraf. Nie hatte er dabei an sein eigenes Kind gedacht. Doch jetzt, wo ihm das Liebliche seiner Tochter gerade wieder vor Augen geführt worden war, stellte die Angst, dass auch Birgit solchen Verbrechern in die Hände gefallen sein könnte, alle anderen Befürchtungen in den Schatten. Und riefen in ihm eine ohnmächtige Wut hervor.
    Peter und Anna Aberger saßen still auf dem Sofa im dämmrigen Wohnzimmer; festgezurrt von der übermächtigen Angst um ihr Kind. Während draußen und am Fernsehschirm das Alltagsleben an ihnen vorbeirauschte, hatte Peter wie am Abend von Birgits Verschwinden den Eindruck, die Einrichtungsgegenstände seien noch unbeweglicher und starrer als sonst. Und wie er so reglos neben seiner Frau saß, unfähig, sich zu rühren, empfand er sich beinahe selbst schon als Teil dieses schaurigen Ensembles lebloser Dinge …

3
    Babsi wirbelte durch die Wohnung ihres Onkels. Sie roch stark nach ihrem Lieblingsparfum. Lachend schüttelte sie ihren Kopf, da sie in fast jedem Raum noch immer Kartons stehen sah, die noch nicht ausgepackt waren. Im Wohnzimmer drehte sie sich einmal um die eigene Achse, wies auf die modern eingerichtete offene Küche, die ihr Onkel bestimmt dringend benötigte, um seine Espressomaschine anstecken und gelegentlich ein Paar Würstel kochen oderein Spiegelei braten zu können, strebte dann sofort der offen stehenden Terrassentür zu und trat mit einem Ausruf der Begeisterung auf den an das Sonnendeck eines Luxusschiffes erinnernden, um die Ecke führenden weitläufigen Balkon hinaus. Sie suchte mit tänzelnden Schritten eine schattige Stelle an der Reling dieses Wohntraums, lehnte sich dann mit ihrem Hintern gegen das Aluminiumgeländer und genoss den Blick auf das bleiche Gemäuer der Festung, während sie darauf wartete, dass ihr Onkel mit den Gläsern und der Sektflasche nachkam.
    Natürlich hatte Erich sich an diesem späten Vormittag unverzüglich aufs Rad gesetzt, als ihn der Anruf seiner Nichte erreicht hatte, dass sie ihm sehr gerne jetzt gleich den längst fälligen ersten Besuch in seiner neuen Wohnung abstatten würde, nachdem alle bisher ins Auge gefassten Termine geplatzt waren – entweder hatte Babsi für den Sender irgendwohin müssen oder aber sie jobbte bei großen Firmenempfängen im Catering, da sie bei RADIOakkktiv nahezu von Woche zu Woche noch weniger bezahlt bekam. Überdies kündigte sie ihm eine Neuigkeit an.
    In welchen Zeiten leben wir nur, hatte Erich sich einmal mehr mit deutlichen Anzeichen von Wut gedacht! Eine Vollakademikerin, die zwei Studien mit Magistergraden abgeschlossen und eine Reihe von Zusatzqualifikationen erworben hatte und nunmehr schon das dritte Jahr ganztags bei einem Privatradio arbeitete, wo man es für selbstverständlich erachtete, dass ein Großteil der Mitarbeiter von einer Vollzeitbeschäftigung mit aberwitzigen Arbeitszeiten seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten konnte. Die Miete für die Garçonnière seiner Nichte wurde immer noch von Erichs Konto abgebucht, wie seit Beginn ihres Publizistik- und Politikwissenschaftstudiums hier in Salzburg.Desgleichen die Versicherung von Erichs Auto, das er Babsi in nahezu neuwertigem Zustand anlässlich ihrer zweiten Sponsion als Geschenk überlassen hatte.
    Und während er so schnell wie möglich in die Mohrstraße geradelt war, war Chefinspektor Dr. Laber, seit dem ersten Tag seiner Berufstätigkeit Gewerkschaftsmitglied, einmal mehr bei der Überlegung gelandet, dass jene vielleicht doch nicht ganz Unrecht hatten, welche die Schuld an dieser skandalösen Entwicklung auch bei dieser kleinen gewissenlos habgierigen Bande in der Gewerkschaftsführung suchten, die sich jahrelang um nichts sonst mehr geschert zu haben schien, als um ihre zu Lasten des Gewerkschaftsvermögens ergaunerten Innenstadt- Luxuspenthäuser, obwohl zur gleichen Zeit ein Heer teuer ausgebildeter junger Menschen zu einem neuen Proletariat verkam.
    Erich hatte immer dagegengehalten, dass es sich bei diesen Führungsgaunern nur um ein Beispiel für die Verkommenheit all jener handelte, die es sich richten konnten. Egal, ob es Vorstandsmitglieder oder Banker waren oder diesen aufs Haar gleichende Arbeitnehmervertreter. Dort und da käme stets derselbe Menschentypus in

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