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Mordsonate

Mordsonate

Titel: Mordsonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O. P. Zier
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Goldkettchen um den dicken Hals trug, die irgendwie deplatziert wirkten bei jemandem, den man auf den ersten Blick für einen Holzarbeiter gehalten hätte.
    »Wenn es um eine sexuelle Perversion ginge«, ergänzte Harlander, »dann würde der Finger wohl kaum irgendwoöffentlich sozusagen hinterlegt werden, oder? Welchen Sinn sollte so etwas bei einer Sexualgeschichte machen, nicht?«
    »Genau«, stimmte Erich zu, dessen Gedanken schon die ganze Zeit um diesen Sachverhalt gekreist waren. »Der Finger dürfte kaum zufällig dort abgelegt worden sein. Ich habe noch keine Ahnung, was uns der oder die Täter damit sagen wollen, aber ich glaube, dass damit irgendetwas mitgeteilt werden soll.«
    »Wenn wir von einer Botschaft ausgehen, ist auch noch offen, an wen sie gerichtet ist – an uns oder jemand ganz anderen«, warf Mühlbauer ein.
    Erich nickte. »Ganz richtig.«
    »Vielleicht ist es nur ein makabrer Scherz, ein perverser«, meinte Harlander. »Etwas, das gar nichts bedeutet …«
    »Das glaube ich zwar nicht, aber es ist nicht völlig auszuschließen«, entgegnete der Chefinspektor, der den dummen Gedanken für sich behielt, dass sich der Täter des Fingers auf dem Weg zum Zug gewissermaßen im Vorbeigehen entledigt haben könnte.
    Mühlbauer dachte laut nach: »Hat es mit dem Bahnhof etwas zu tun oder mit den Sandlern, die sich am Vorplatz aufhalten …? Ein wortwörtlich zu nehmender Fingerzeig auf diese Zustände? Rechtsradikale? Dann würde das Hakenkreuz im Holz der Bank Sinn machen, nicht? Auch wenn es schon früher eingeritzt worden ist …«
    »Das Mädchen wurde als Klavierwunderkind gefeiert. Ihr abgehackter Finger – könnte es da einen Zusammenhang geben?«, fragte Erich.
    »Sie meinen den Wettbewerb, Chef«, sagte Harlander.
    Erich nickte. »Konkurrenz? Der zum Bahnhof weisende Finger – Hinweis, dass das Mädchen nicht mehr fahren wird?«
    »Die Nächstgereihte? Aber so ein Verbrechen wegen eines Wettbewerbs?«, bezweifelte Mühlbauer seine eigene Überlegung.
    Wie aufs Stichwort kam kurz darauf Kollege Seidl mit dem Akt zurück, da ihm eine Telefonnotiz aufgefallen war. »Die Kollegen sind offenbar nicht mehr dazugekommen, der Sache nachzugehen. Zumindest findet sich darüber nichts im Akt. Eine Frau … Professor Vera Stelzmann, das ist die Klavierlehrerin von Birgit Aberger im Mozarteum, die von der Vermisstenabteilung befragt worden ist, hat kurz danach telefonisch vom Besuch eines Herrn, Moment bitte … – Vorstandsdirektors Hans Weger Mitteilung gemacht, der ihr seltsam vorgekommen sei.«
    »Weger … der Vater der Freundin des Kindes?« fragte Erich.
    »Ja. Auch Anja Weger wird im Rahmen des Vorbereitungslehrgangs von Frau Stelzmann unterrichtet. Und nun ist Herr Weger bei ihr gewesen, da seiner Meinung nach jetzt seine Tochter statt Birgit Aberger nach Vilnius fahren solle. Der Professorin ist es merkwürdig vorgekommen, dass der Mann völlig davon überzeugt war, dass sie nicht rechtzeitig wieder auftauchen würde. Der Besuch fand überdies auch noch vor den Aufrufen in den Medien statt.«
    Erich bat Mühlbauer, unter Hinweis auf die Bearbeitung der Abgängigkeit des Mädchens, ohne den Fund des Fingers oder gar ihren Tod zu erwähnen, bei diesem Weger anzurufen, wie und wann er denn davon erfahren habe. Mit Verblüffung registrierte Erich, wie behände sich der schwere Mann sogleich erhob und zusammen mit Seidl das Büro verließ.
    »Der entführt die Konkurrentin der Tochter, bringt sie um und hackt ihr zur Sicherheit den Finger ab, damit nurja sein Kind zum Zug kommt?«, sinnierte Harlander kopfschüttelnd. »Dann legt er den Finger auch noch vor dem Bahnhof ab?«
    »Ja, ich fürchte auch, dass die Dinge so einfach nicht sein werden«, sagte Erich. Aber er erinnere sich an eine Reihe von Fällen, wo es am Ende genauso einfach gewesen sei, wie es anfangs kein Ermittler habe glauben wollen.
    »Aber … was tust du denn um die Zeit … daheim?« Petra Weger sah ihren Mann verdutzt an, weil er so zielstrebig in die Wohnküche marschierte, als würde ihn ein ganz bestimmtes Vorhaben hereinführen.
    »Gerade hat sie wieder angerufen«, sagte sie provozierend vage, während sich ihre Augen verengten. »Ja. Gerade vorhin.«
    »Wer sie?«
    »Na die Frau Brunner.«
    »Und?« Hans Weger blieb nur kurz stehen.
    »Weil du schon wieder gesucht wirst. Weil du immer abhaust. Was ist los mit dir, Hans? Warum tust du das? Du sollst dringend das Chefbüro zurückrufen.«
    Er sah seine Frau an, und es

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