Mordsonate
– als erstes das V für Vera. Nach einem Blick auf die Karte besserte er das V auf S für Sparkassenstraße aus, weil es gleichzeitig auch für Stelzmann stehen konnte. Zwanghaft stellte er sich die sieben anderen Finger Birgit Abergers vor, die noch irgendwo in einer Tiefkühltruhe bereit lagen, um zu Fundortmarkierungen auf diesem Stadtplan zu werden. Und was wäre, wenn tatsächlich jemand so einen Finger entdeckte und ihn dann woanders hinlegte und damit die allfällige Botschaft des Täters verfälschte? Ganz zu schweigen davon, dass er mit dieser Theorie komplett in die Irre ging.
In dem Moment, als Erich auf die Anruftaste seines Handys drücken wollte, um Veras Stimme wieder zu hören (und sei es auch nur auf ihrer Mobilbox), kamen seine Mitarbeiter von ihren Nachforschungen aus Grödig-Niederalm zurück. In bester Stimmung begann Mühlbauer mit seinem Bericht: »Wenn es immer so einfach wäre, Chef, dann hätten wir einen Traumberuf! Der Ford Transit wurde mit Sicherheit erst in der Gewitternacht abgestellt. Mehrere Anrainer haben das klipp und klar bestätigt.«
»Und, Chef«, meldete sich Harlander, »was für ein Glücksfall: Unweit des Kastenwagens wurde in dieser Nacht eindeutig Hans Weger gesichtet.« Eine Frau aus der Nachbarschaft habe ausgesagt, dass sie aus dem Schlaf geholt worden sei durch einen Anruf der Eltern eines Schulfreundes ihres Sohnes, bei dem dieser übernachten wollte. »Da muss eine wüste Party in Gang gewesen sein. Die Eltern sind aber, vermutlich wegen eines Streits, überraschend und schlecht gelaunt heimgekommen und haben dem Treiben sofort ein Ende gesetzt und bei den Eltern der Freunde ihres Sohnes angerufen. Des Gewitters wegen hätten sie die Burschen ja nicht mit ihren Rädern heimschicken können; von der späten Stunde einmal ganz abgesehen … ja und da sieht die Frau einen völlig durchnässten Mann vielleicht ein, zwei Kilometer vom Kastenwagen entfernt … der Ford sei ihr auch sofort aufgefallen, weil sie an dieser Stelle doch mehrmals täglich vorbeikomme … Der Mann jedenfalls ohne Schirm, triefend nass … da hat sie ihre Angst überwunden, um diese Zeit einen Fremden mitzunehmen, ist stehen geblieben und hat den Herrn Vorstandsdirektor, den sie auf dem Foto sofort eindeutig identifiziert hat, eingeladen, einzusteigen … bei diesem Sauwetter könne er doch unmöglich zu Fuß … um es abzukürzen, Chef: Der Weger hat abgelehnt! Die Frau war wirklich beleidigt, denn der Mann habe sie richtiggehend verscheucht, sie solle doch endlich weiterfahren, ganz so, als wäre sie zudringlich geworden. Na ja, hat sie gesagt, der war ja trotz des Regens wirklich ein fescher Kerl, aber irgendwie ist ihr auch vorgekommen, dass er womöglich im Kopf nicht ganz richtig war … deshalb war sie dann doch froh, dass er nicht eingestiegen ist.«
»Fahndung, Chef?« fragte Mühlbauer.
»Ja, sofort.«
Koller nickte. »Ich mache das«, sagte er und verließ Erichs Büro.
»Weger wird in der Nacht kaum zu Fuß heimgekommen sein«, sagte Erich. »Auch wenn er sich von der Frau nicht ausfragen lassen wollte.«
Harlander sprang sofort auf: »Bin schon unterwegs, ich ruf die Taxifunkzentralen an.«
Erich nickte zufrieden.
Als Letzter war Mühlbauer aufgestanden, als sein telefonierender Chef ihm bedeutete, noch zu bleiben. Vom Empfang war ihm soeben mitgeteilt worden, dass ein Herr Vorstandsdirektor Weger zu ihm hinauf komme. »Er hat sich nicht aufhalten lassen, Herr Doktor. Sein Erscheinen wird gewünscht, hat er gesagt.«
»Geht in Ordnung, danke«, erwiderte Erich und bat seinen Stellvertreter, im Verhörraum die Einvernahme vorzubereiten und Koller zu informieren, dass sich die Fahndung erledigt habe.
»Weiß ich doch nicht, seit wann der Transporter verschwunden ist! Es wimmelt doch überall von ausländischen Banden. Wahrscheinlich ist die Karre längst irgendwo im Osten.«
»Ein Ford Transit, Baujahr 1997, zwei Vorbesitzer – da soll sich ein Diebstahl lohnen?«
Hans Weger zeigte sein Desinteresse, indem er mit den Schultern zuckte, ohne etwas zu erwidern.
»Sie schauen nie nach, ob der Kastenwagen noch an seinem Platz steht?«
»Wenn jemand von der Familie zufällig daran vorbeikommt, schaut er natürlich, aber eigens hingehen? Nein.«
»Und Sie sind seit Ostern nicht mehr mit dem Ford gefahren, sagen Sie?«
»Ja. Zu Ostern waren wir in Seekirchen nachschauen, im Wochenendhaus. Und ein paar Sachen hinausliefern. Aber das hat Ihnen sicher meine Frau schon
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