Mordsonate
Der verlangt auch gar nichts dafür, dass wir das Auto dort einstellen. Dadurch sehe das Haus nur bewohnter aus, sagt er. Und das sei heutzutage wichtig, wo kriminelle Banden nach Österreich eingeladen würden.« Durch ein unversperrtes Eisengittertor betraten sie den verwildert aussehenden kleinen Park neben der alten Villa. Überall wucherten aus dem Kies Kamillepflanzen. »Dort hinten«, sagte Frau Weger, »dort steht er … sonst immer.«
»Wann haben Sie den Wagen hier das letzte Mal gesehen?«
»Das … das könnte ich Ihnen gar nicht so genau sagen.« Petra vermied es, den Beamten anzusehen, als sie so tat, als müsse sie nachdenken. »Aber zu Ostern haben wir etwas ins Haus transportiert. Und wenn wir heimkommen, steigen Anja und ich in der Humboldtstraße aus, und mein Mann bringt den Wagen hierher.«
»Aber Sie werden doch gelegentlich nach dem Auto sehen?«
»Eigentlich nicht, nein. Nur, natürlich, wenn wir zufällig zu Fuß vorbeikommen, da schauen wir automatisch … natürlich, dann schon … aber das … es ist eher selten, wissen Sie.«
Erich begnügte sich mit dieser Auskunft und bedeutete Harlander, Mühlbauer Bescheid zu geben, damit der die Fahndung nach dem weißen Ford Transit, Baujahr 1997, starte, von dem er schon das Kennzeichen eruiert hatte. Er wies auf die Reifenspuren, die in der vom Regen aufgeweichten Erde noch zu erkennen waren. Harlander verstand und nickte. »Alles sicherstellen, okay, Chef, mache ich.«
»Ach ja, und …« Erich deutete zu dem Haus. »Sie sollen sich bei der Gelegenheit diese Villa von innen anschauen. Ich glaube zwar nicht, dass … doch zur Sicherheit.« Der Durchsuchungsbeschluss und die Öffnung würden kein Problem sein. Er wandte sich an Frau Weger: »Der Besitzer … wissen Sie, ob er derzeit in Salzburg ist?«
»Nein, leider.«
Harlander notierte sich den Namen des Mannes und entfernte sich dann ein Stück, um zu telefonieren. Erich ging zur Eingangstür. Er drückte mehrmals die große alte Klinke und kehrte dann zu Petra Weger zurück. Er trat ganz nahe an die Frau heran und sagte eindringlich: »Sie verschweigen uns doch nicht etwas, Frau Weger?«
»Nn … nein …« stotterte sie, wie sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gestottert hatte, und versteckte ihre zitternden Hände hinter dem Körper. »Nein … w … w … warum sollte ich denn?« Dann wandte sie sich ab.
Erich war sich nicht sicher, ob sie etwas verheimlichte oder ihr Verhalten nur ihrer Aufregung und Unsicherheitzuzuschreiben war. »Frau Weger«, sagte er deshalb noch einmal so eindringlich wie möglich, als er ihr seine Visitenkarte übergab, »lassen Sie sich das alles in Ruhe durch den Kopf gehen. Auch wenn Sie als Ehefrau Ihren Mann nicht belasten müssen, denken Sie bitte auch an Birgit! Wenn Sie mir etwas zu sagen haben, können Sie es jederzeit tun.«
Die Frau nickte und steckte die Visitenkarte umständlich in ihre Jackentasche, um Erichs Blick auszuweichen.
»Das Kind kann doch nichts dafür, Frau Weger. Ein unschuldiges zehnjähriges Mädchen! Und Sie haben es gut gekannt. Birgit hat Ihnen vertraut. Warum musste sie denn so grausam sterben? Wir müssen den Fall lösen, Frau Weger – und wir werden ihn lösen, glauben Sie mir. Es ist nur eine Frage der Zeit. Helfen Sie doch bitte mit, dass das Unglück nicht noch größer wird!«
Petra Weger sah den Chefinspektor aus großen Pupillen an. Dann drehte sie den Kopf zur Seite und begann zu weinen. Erich legte der Frau den Arm um die Schulter.
»Wenn so etwas geschieht, Frau Weger, dann ist es für alle immer eine große Erlösung, sobald es zu Ende ist, glauben Sie mir das! Wirklich für alle … auch für diejenigen, die vielleicht nur eine Kleinigkeit darüber wissen. Bedenken Sie doch, Frau Weger, die Familie Aberger muss damit leben, dass ihr einziges Kind ermordet und verstümmelt wurde. Und die Eltern konnten ihre Tochter bislang nicht einmal bestatten. Täglich tauchen irgendwo in der Stadt abgehackte Finger der Tochter auf. Frau Weger! Sie können sich vorstellen, wie es den Eltern von Birgit geht. Die Frau Aberger ist zusammengebrochen und befindet sich in der Nervenklinik. Und Birgits Vater, was dieser Mensch jetzt durchmachen muss, brauche ich Ihnen nicht auszumalen. Sie dürfen uns nichts verheimlichen, Frau Weger.«
»Ja … aber … ich weiß doch auch nichts«, entgegnete die Frau und schluchzte auf.
»Frau Weger, Sie bleiben bei Ihrer Aussage, dass Sie Ihren Mann im Büro angerufen und mit ihm
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