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Mordsschnellweg: Kriminalstorys

Mordsschnellweg: Kriminalstorys

Titel: Mordsschnellweg: Kriminalstorys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo P. Ard , Reinhard Junge
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Runde durch die Fußgängerzone fuhr, war bereits in den Ostwall eingebogen. Jetzt surrte ein dunkelgrauer Lieferwagen dicht an der südlichen Häuserfront den Hellweg entlang. Das Prasseln der Regentropfen verschluckte das Motorengeräusch und der Wagen fuhr ohne Licht. Der matte Schimmer, den die Sicherheitsbeleuchtung hinter den Schaufenstern aufs Pflaster warf, war hell genug, um den Weg zu zeigen, aber zugleich so schwach, dass der Wagen auf hundert Meter Entfernung so gut wie unsichtbar blieb.

    Als der Fahrer sein Ziel erreicht hatte, beschrieb er zunächst einen Halbkreis nach links und kam dicht vor der Fassade eines Bankhauses zum Stehen. Zwei prüfende Blicke in die Außenspiegel – dann legte der Mann den Rückwärtsgang ein, hielt das Lenkrad fest und trat aufs Gas. Sekunden später durchbrach das Heck des Fahrzeugs die gläsernen Türen des angepeilten Ladenlokals. Der Lärm im Wageninnern war so laut, dass die Insassen einen Augenblick lang glaubten, man müsse ihn bis zum Polizeipräsidium hören.

    Der Splitterregen hatte sich noch nicht gelegt, da kletterten die Beifahrer aus dem Wagen, rissen die Seitentür auf und begannen damit, ihre Beute einzusammeln. Auch das geschah planvoll: Statt wahllos die beiderseits des Eingangs ausgestellten Waren in den Wagen zu werfen, liefen sie zielgerichtet zu bestimmten Theken und Regalen und drangen dabei sogar bis weit nach hinten in den Laden vor. Der Fahrer schaute indessen immer wieder in beiden Richtungen den Ostenhellweg entlang und achtete zudem genau auf alle Geräusche, die aus dem Scanner drangen. Sobald die Leitstelle der Polizei einen Streifenwagen losschickte, würden sie von hier verschwinden.

     
    2

    Am Morgen regnete es noch immer. Sarah Münster seufzte, als sie ihren Wagen auf dem Parkplatz vor dem Kindergarten abstellte, und zog die Kapuze des Anoraks über ihre Locken. Wie gut, dass in zwei Wochen Weihnachten war. Die freien Tage bis zum neuen Jahr konnte sie gut gebrauchen, um sich von dem Lärm zu erholen, der ihre Arbeit den ganzen Tag begleitete.
    Als sie das rettende Vordach erreichte, stutzte sie. Mehrere große Pappkartons versperrten ihr den Weg. Der Lieferant hatte sie zum Schutz vor der Nässe so dicht an der Tür aufgestapelt, dass der Eingang blockiert war. Was für Kisten das waren, konnte sie in der Dunkelheit nicht erkennen. Aber auf der obersten stand unzweifelhaft ein grünes bobby car mit der Aufschrift Polizei.

    »Was ist los, Sarah?«, fragte eine Frauenstimme hinter ihr. »Warum machst du nicht auf?«
    Die Leiterin der Einrichtung deutete auf den Stapel Pappkartons.
    »Du liebe Güte! Was ist das denn?«
    »Keine Ahnung. Wir haben doch gar nichts bestellt. Aber hilf mir mal …«
    Gemeinsam schoben sie die Kartons zur Seite und Sarah konnte sich endlich durch die Tür in die Eingangshalle quetschen. Sie schaltete das Licht ein und half, die Kisten über die Schwelle zu tragen. Die Beschriftung der Kartons machte klar, dass es sich samt und sonders um Spielzeug handeln musste. Und tatsächlich: Beim Auspacken kamen zwei weitere bobby cars zum Vorschein, diesmal im traditionellen Rot. Dann mehrere Eimer mit Bauklötzen und Legosteinen, ein Stapel Gesellschaftsspiele, Dutzende Packungen mit Filzstiften und Fingerfarben, ein Lerncomputer samt Zubehör …

    »Mensch, Sarah«, staunte ihre Kollegin Julia. »Alles noch original verpackt. Das Zeug ist nagelneu!«
    Ein paar Augenblicke lang bestaunten sie den unverhofften Reichtum.
    »Wo kommt das her?«, fragte Julia. »Von der Gemeinde?«
    Sarah Münster schüttelte den Kopf: »Die haben doch selbst kein Geld. Die diskutieren sogar schon darüber, ob sie unseren Laden dichtmachen müssen. Aber – da muss irgendwo ein Lieferschein sein. Oder sonst eine Nachricht, was es mit den Sachen auf sich hat …«
    Noch einmal öffneten sie alle Kisten, fanden aber nichts, was ihnen einen Hinweis gab. Sarah fühlte, dass sie jetzt dringend höheren Beistand brauchte: »Ich rufe den Pfarrer an.«

    »Vor acht? Mitten in der Woche?«
    Julia hatte recht. Pfarrer Hagedorn hatte der Leiterin der Tagesstätte mehr als einmal verdeutlicht, dass er nichts so sehr liebte wie die Morgenruhe und das ungestörte Frühstück. Mit frischen Croissants und ausgiebiger Zeitungslektüre. Und da er diese Annehmlichkeiten im Gegensatz zu Menschen mit gewöhnlichen Berufen nicht sonntags genießen konnte, nahm er dafür die restlichen Tage. Eigentlich kein schlechter Tausch …

    Bevor Sarah Münster

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