Mordsschnellweg: Kriminalstorys
nachzukommen.
Ich stieg in den Wagen mit der Absicht, ihn nur ein paar Meter vorzufahren. Als ich ausscherte, um dem Möbelwagen Platz zu machen, schob sich leider ein anderes Fahrzeug in die freie Parklücke, die ich anvisiert hatte. So stand ich mit dem Fahrzeug auf der Fahrspur und behinderte den vorbeifahrenden Verkehr. Dennoch hatte ich vor, mich nicht von der Stelle zu rühren, um nicht den Anschein zu erwecken, dass ich das Fahrzeug stehlen wolle. Ich wollte dem Fahrzeughalter Rede und Antwort zu meinem Verhalten stehen, zumal mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt war, dass es sich bei dem Wagen um einen gestohlenen handelte.
Hinter mir hielt der Streifenwagen mit den hier aufgetretenen Zeugen Lusebrink und Haggeney, die mich per Lichthupe eindringlich aufforderten, weiterzufahren und den fließenden Verkehr nicht zu behindern.
Ich saß in der Klemme. Wie sollte ich den Polizisten meine Situation klarmachen? Kurzerhand kam ich ihrem Wunsch nach; mit dem festen Willen, nur einmal um den Block zu kurven und erneut vorzufahren. Es ist mir heute noch ein Rätsel, wie ich auf den wenigen Metern einen Auffahrunfall verursachen konnte, bei dem vierzehn Pkws in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Ich möchte an dieser Stelle den Verletzten gute Genesung wünschen. Ich bedauere den Vorfall außerordentlich.
Als ich das Ausmaß des Unfalls hinter mir erkannte, überkam mich grenzenlose Panik. Nur so ist zu verstehen, dass ich nicht an den Ausgangspunkt zurückkehrte, sondern stadtauswärts fuhr.
Ich griff in das Handschuhfach und hoffte, darin Namen und Adresse des Fahrzeughalters zu finden. Ich wollte mich umgehend mit ihm in Verbindung setzen und für den Schaden aufkommen.
Statt der Papiere ertastete ich einen metallischen Gegenstand und zog ihn heraus. Deshalb konnten meine Fingerabdrücke an der hier als Beweisstück vorliegenden Walther PPK 7,65 Kaliber gefunden werden.
Überrascht, ja entsetzt, warf ich die Waffe ins Handschuhfach zurück. Dabei muss eine der später sichergestellten Tüten mit Kokain beschädigt worden sein, denn es rieselte weißes, von mir zunächst nicht identifiziertes Pulver auf den Boden vor dem Beifahrersitz.
Als ich mich bückte, um es genauer zu betrachten, muss ich für einen kurzen Augenblick die Kontrolle über den Wagen verloren haben. Offenbar exakt in dem Moment, als Herr Minister Schaumgart das Haus verließ. Ich bemerkte den Herrn Minister erst, als er von meinem Kotflügel erfasst wurde und über die Windschutzscheibe rutschte.
Ich wollte auf die Bremse treten, aber die Schüsse der Bodyguards, der hier aufgetretenen Zeugen Broder und Wimmer, hielten mich davon ab. Ich fürchtete um mein Leben.
Ich erkläre hier noch einmal und ausdrücklich, dass ich mit keiner terroristischen Vereinigung in Verbindung stehe und mir der Tod des Herrn Ministers sehr leidtut. Ich habe stets zu seinen Bewunderern und seinen treuen Wählern gehört.
Auf dem Parkplatz des Congress Centers stoppte ich den Wagen, um zur Besinnung zu kommen. Ich stieg aus, ging um das Fahrzeug herum, besah mir den Schaden. Der Kofferraum war von Schüssen durchsiebt. Ich war irritiert, als Blut aus den Einschusslöchern tropfte.
Sie können sich vorstellen, wie erschrocken ich war, als ich im Kofferraum die Leiche der zweiundzwanzigjährigen Tamara Plinsky entdeckte. Ich versichere hoch und heilig, dass ich mit dem hier im Prozess mehrfach erwähnten Mädchenhändlerring nichts zu tun habe und mir die Dame nicht bekannt war. Mein einziges Bestreben war in dieser Situation, den Wagen stehen zu lassen und mich sofort der Polizei zu stellen.
Ich rannte deshalb zu einer Telefonzelle am Ende des Parkplatzes, was auch der Zeuge Knipping bestätigt hat. Die Detonation hinter mir warf mich zu Boden. Ich verlor dabei das Bewusstsein.
Ich betone zum wiederholten Male, dass es keineswegs meine Absicht war, die europäische Parlamentariergruppe beim Betreten des Gebäudes zu attackieren. Ich wusste nicht, dass der Wagen mit Sprengstoff präpariert war.
Es tut mir leid, dass das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland durch den Tod so zahlreicher Diplomaten und hochrangiger Politiker aus dem Ausland Schaden genommen hat.
Es war nur die Verquickung ungünstiger Umstände, die mich als unbescholtenen Bürger vor die Schranken des Gerichts gebracht hat. Es hätte jedem von Ihnen auch so passieren können.
Oder wissen Sie, von wem das ist: Friday On My Mind?
Leo P. Ard: Die Rache des Versehrten
Der Mörder
Weitere Kostenlose Bücher