Mordsschnellweg: Kriminalstorys
Lutz Krämer, Gabelstaplerfahrer Metim Demir, der arbeitslose Klaus Drewniak und der Exstahlkocher Fritz Schnell.
Nachdem alle von ihren fruchtlosen Bemühungen berichtet hatten, den potenziellen Verräter von seiner Denunziation abzubringen, ergriff Lutz Krämer das Wort.
»Ich habe mich sachkundig gemacht«, begann er und schwenkte dabei die Taschenbuchausgabe des Strafgesetzbuches. »Uns droht nicht nur eine Anklage wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes, sondern möglicherweise auch wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung.«
»Watt denn, watt denn!«, unterbrach Klaus Drewniak. »Wir sind doch keine Moslems. Ich war früher bei den Pfadfindern.«
Er fing sich einen vorwurfsvollen Blick von Metim Demir ein, der regelmäßig die Moschee besuchte, kein Schweinefleisch aß und in der Fastenzeit die Flasche Raki erst nach Sonnenuntergang öffnete.
Lutz Krämer blätterte im vergilbten Taschenbuch und setzte seine Lesebrille auf. »Paragraf 129a. Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Mord, Totschlag oder Völkermord − bla bla bla − zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.«
»Das trifft auf uns nicht zu!« Horst Lewandowski ver teilte Schnapspinnchen und stellte eine Flasche Aufgesetzten auf den Tisch. »Der Zweck unseres Vereins besteht in der Pflege unserer Gärten und in der Geselligkeit. Das mit dem Morden kam erst viel später.«
Es entstand eine lautstark geführte Diskussion um Paragrafen, Strafmaß, mildernde Umstände und Unzurechnungsfähigkeit, die Fritz Schnell mit einem Faustschlag auf den Tisch beendete.
»Verdammt noch mal! Noch stehen wir nicht vor Gericht. Lasst uns lieber darüber reden, wie wir Ede stoppen können.«
Das Argument leuchtete zwar jedem ein, aber niemand hatte eine gescheite Idee.
Schließlich räusperte sich Erwin Farle. »Der Ede ist weit über achtzig. Ich meine, er hat sein Leben gelebt. Auf ein paar Monate mehr oder weniger kommt es doch nicht mehr an.«
Die Schreber fielen in andächtiges Schweigen.
Horst Lewandowski opferte aus seinen Beständen die zweite Flasche Aufgesetzten und stellte eine durchaus berechtigte Frage. »Wer macht es?«
3
Am nächsten Tag lag eine außergewöhnliche Spannung über dem grünen Idyll zwischen Hörde und Wellinghofen. Sie war nicht vergleichbar mit der Spannung an dem Tag, als die Entscheidung fiel, dass der Kleingartenverein Zum tollen Bomberg den ersten Preis im Wettbewerb Naturschöner Garten bekommen hatte. Nicht mit der Stimmung vor dem Pokalendspiel in Berlin und auch nicht mit den bangen Stunden, als die Schreber auf den erlösenden Anruf aus dem Krankenhaus warteten, als Fritz Schnell beim Kirschenpflücken von der Leiter gefallen war und anfangs seine Beine nicht mehr bewegen konnte.
Selbst der Umstand, dass ein Rudel Kaninchen in Krämers Garten eingefallen war und ein Massaker unter den Salatpflanzen angerichtet hatte, war nicht mehr als eine kurze Erwähnung wert. Die Schreber gaben sich wortkarg und übellaunig. Hin und wieder warfen sie verstohlene Blicke auf die Laube von Ede Rodenstedt, aber da herrschte Funkstille.
Das änderte sich, als um 15.45 Uhr mitteleuropäischer Zeit eine schlecht geschossene Flanke von Fritz Schnell nicht das markierte Tor zwischen zwei Kürbissen traf, sondern der Ball über die tadellos geschnittene Hecke in Rodenstedts Erdbeerbeet landete. Bevor es der ehemalige Stahlarbeiter verhindern konnte, war sein Enkel durch ein Loch in der Hecke verschwunden.
Schnells achtjähriger Enkel – Kummer gewohnt – machte sich auf eine Standpauke des Gartennachbarn gefasst, aber Ede Rodenstedt lag auf seiner Hollywoodschaukel und rührte sich nicht.
Sekunden später stand Fritz Schnell neben seinem Enkel, zerrte ihn aus dem Garten und wies seine Frau an, den Jungen sofort zurück zu den Eltern nach Wattenscheid zu bringen.
Dann überzeugte er sich, dass Ede Rodenstedt tatsächlich das Zeitliche gesegnet hatte, und erstattete dem Vereinsvorsitzenden Bericht.
Schnell und Lewandowski nahmen daraufhin Kurs auf den Garten des Metzgermeisters Farle, der gerade einem Kaninchen das Fell abzog.
Als er die beiden kommen sah, verschwand der Dicke blitzschnell in seiner Laube und verrammelte die Tür.
Schnell und Lewandowski warfen sich einen wissenden Blick zu.
»Das ist die Scham!«, meinte Lewandowski und
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