Mordsschnellweg: Kriminalstorys
den Zylinderköpfen Namen gegeben.
Seine Frau Bärbel ist ein sexhungriges Biest. Regelmäßig, wenn Karl-Heinz Nachtschicht hat, klingelt sie mich aus dem Bett und macht mir anzügliche Angebote. Im letzten Jahr hat sie mit der Salzstange an meiner Hose rumgemacht – während wir alle zusammen Stille Nacht, heilige Nacht gesungen haben. Als ich aus dem Keller einen neuen süßen Wein für die Tanten holte, fasste sie mir in den Schritt.
Das mag für manche männlichen Leser ganz reizvoll klingen. Aber Bärbel ist absolut nicht mein Typ, sie hat üppige, fast aggressive weibliche Formen, die mich eher ängstigen, ist grell geschminkt und lacht laut und aufdringlich. Außerdem hat sie Mundgeruch.
Beim letzten Telefonat hat sie angekündigt, dass ihre Geduld nun am Ende sei. Wenn ich ihrem Drängen nicht endlich nachgäbe, würde sie Karl-Heinz erzählen, dass ich sie belästigen würde. Und Karl-Heinz treibt immer noch Kraftsport.
Das ist meine Familie.
Können Sie verstehen, dass ich endlich einen Schlussstrich ziehen will?
Sie würden es auch versuchen!
Es wird wie ein Unfall aussehen.
Wir haben Arsen im Haus. Tante Hedwig setzt es gegen Küchenschaben und Mäuse ein. Unvorsichtigerweise bewahrt sie es in der Speisekammer auf, nur unzureichend beschriftet. Es steht im Regal unter dem Backpulver und dem Mehl.
Wir werden wie jedes Jahr nach unserem Truthahn einen Käsekuchen essen, den ich wie jedes Jahr zusammen mit Tante Hedwig vorbereiten muss. Aber dieses Jahr wird es das letzte Mal sein.
Wir alle werden uns vergiften. Und nur ich werde überleben!
Man wird mir den Magen auspumpen und die gleiche Menge Arsen finden wie bei den anderen. Man wird es Gott und meiner robusten Gesundheit zuschreiben, dass ich nicht auch gestorben bin.
3
Während ich die folgenden Zeilen schreibe, liege ich im Krankenhaus. Es geht mir den Umständen entsprechend gut. Eben war Tante Hedwig hier und hat mir gute Besserung gewünscht.
Daraus ersehen Sie, dass mein Plan schiefgegangen ist. Es ist mir ein bisschen peinlich, die Geschichte meines Scheiterns zu erzählen.
Am Morgen des Heiligen Abend bereitete ich zusammen mit Hedwig den Kuchen vor. Es lief alles nach Plan. Sie merkte nicht, wie ich Arsen ins Mehl schüttete. Nach vollendeter Tat fuhr ich in die Stadt, um in der Kortumstraße kurz vor Geschäftsschluss die Geschenke einzukaufen. Alles sollte so aussehen wie immer.
Nach dem gemeinsamen Singen der Lieder, dem Auspacken der Geschenke – ich erhielt von Tante Hedwig ein Oberhemd mit kurzen Armen – und nach dem Truthahn braten versammelten wir uns im Wohnzimmer, um den Kuchen zu essen.
Karl-Heinz hat einen neuen Opel, und der braucht nur 6,9 Liter auf 100 Kilometer. Tante Dorothea bekommt seit Kurzem Bestrahlungen gegen ihr Rückenleiden und Onkel Robert kannte einen Witz über Samenspenden.
Fasziniert sah ich zu, wie allen der Kuchen mundete, und ich selbst nahm ein großes Stück und wartete. Die Minuten schleppten sich dahin wie die Stürmer des VfL. Bis Tante Dorothea merkte, dass Molli nicht da war, ihr Zwergpudel.
»Mein Molli, wo ist er?«
Einer nach dem anderen erinnerte sich, dass es Stunden her sein musste, dass wir ihn zuletzt gesehen hatten. Und wir standen auf, ihn zu suchen. Schließlich fand Onkel Robert das Tier im Hausflur unter der Garderobe. Molli hatte eine weiße Masse ausgekotzt und bewegte sich nicht mehr.
»Er ist tot!«, jammerte Tante Dorothea. »Er ist tot! Heute Mittag war er doch noch gesund!«
Karl-Heinz war sich nicht zu schade, in dem Erbrochenen herumzuwühlen. »Das ist Kuchenteig, Leute! Käsekuchen!«
Ratlosigkeit, dann sagte Tante Hedwig: »Er muss sich überfressen haben. Heute Nachmittag ist er über den Kuchen hergefallen. Als ich kam, war die Hälfte weg und den Rest konnte ich nur noch wegschmeißen.«
»Und was für ein Kuchen steht im Wohnzimmer auf dem Tisch?«, fragte ich.
»Ach, Jungchen!«, sagte Hedwig. »Ich habe dann allein einen neuen gebacken …«
Wie gelähmt saß ich anschließend auf dem Sofa.
Ich konnte es einfach nicht glauben. Ein Jahr harter Arbeit war umsonst.
Als Bärbel dann die Show mit der Salzstange abzog, schlug ich – ganz in Gedanken – ihre Hand weg. Augenblicklich stürzte Karl-Heinz auf mich zu: »Wie kannst du es wagen …«
Er hat wirklich eine harte Rechte. Aber der Chefarzt der Chirurgie im Bergmannsheil meint, sie könnten die Klammer von meinem Kiefer Ende nächster Woche
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