Mordsschock (German Edition)
in denen die Leute zwischen ihren hummelumschwirrten Stockrosen im Liegestuhl ruhten, vorbei aus der Stadt heraus, wo uns dösende Schafe und behäbige Schwarzbunte von fetten Wiesen nachsahen und nur hin und wieder faul ihre Schwänze hoben, um lästige Fliegen zu verscheuchen.
Die Bootspartie war die perfekte Situation, um die Zukunft zu besiegeln. Auch mein Horoskop klang heute günstig: Amor lässt Ihre Pfeile ins Schwarze treffen.
Ich gab der Hitze die Schuld daran, dass in meinem sonst so wortgewaltigen Schlund gähnende Leere herrschte. Die Worte waren ausgetrocknet. Ich saß sprachlich auf dem Trockenen. Ich ließ eine Hand im kühlen Wasser neben dem Bootsrand treiben, als würde ich dort die verlorenen Worte wiederfinden. Oder war es Mut, den ich suchte? Es fühlte sich an wie das glatte, schwere Haar einer Meerjungfrau, das ich Woge für Woge mit einem Besen kämmte.
Ken ruderte mit der Begeisterung eines kleinen Jungen. Obwohl sich unter den Achselhöhlen seines weißen Hemdes dunkle Flecken bildeten, wurden seine Armschläge stetig schneller und kräftiger. Wir gewannen an Tempo, überholten ein anderes Boot mit jungen Leuten, die ihre Füße ins Wasser hängen ließen. Die Anstrengung verzerrte sein Gesicht.
„He, das ist kein Wettrennen! Wir sind alleine.“ Ich spritzte ihm Wasser ins Gesicht.
Er lachte und wischte sich mit dem Hemdsärmel die Tropfen ab.
Verdammt, es war so schwierig! Sollte ich es verschieben? Morgen ... Nein, ich hatte Vic mein Ehrenwort gegeben! Ich durfte nicht länger zögern!
Plötzlich machte das Boot einen kleinen Schlenker. Ken ließ die Ruder sinken. Wir verloren unsere rasende Fahrt. Es schaukelte mit der Strömung weiter.
Ken beugte sich zu mir rüber. Das Boot schwankte.
Ich klammerte mich am Rand fest.
„Mach mal die Augen zu!“ Er steckte mir etwas Kühles, Festes an den Finger. Ich öffnete die Augen. Ein Ring mit türkisfarbenem Stein. Jade! Das Pendant zu der Halskette, die er mir neulich geschenkt hatte. Er war wunderschön.
Las er meine Gedanken, die in diesem Augenblick genauso hin- und herschwankten wie das Boot? Jetzt musste ich die Gelegenheit ergreifen, aber mein Mund war zu trocken. Es flutschte nur ein heiseres „Mmm“ raus.
„Wie meinen? Gefällt er dir?“
Benommen nickte ich.
„Wir haben endlich einen Käufer für unser Haus gefunden. Das heißt, wir machen halbe-halbe. Sylvie kauft sich eine Eigentumswohnung, und ich habe Pläne, wie ich alles verjubeln kann. Nur möchte ich gerne teilen. Mit dir!“ Er sagte das so schlicht, als wäre es das Natürlichste und Normalste auf der Welt.
Mir fiel eine Riesenlast von den Schultern. Die Zukunft lockte in freundlichen Rosétönen. Verheißungsvoll tanzten die Sonnenstrahlen auf dem Wasser und feuerten ein Mückenballett zu großartigen Pirouetten an. Ich drehte mich mit Ken dazu im Takt. Rascher und rascher.
Das Boot machte unseren tollen Tanz nicht mit. Es hüpfte widerborstig in die Gegenrichtung. Wir klatschten ins Wasser. Ich paddelte kreischend ans Ufer. Meine Hollywoodfamilie verschwand aus der Filmfabrik und flog direkt in meine ausgebreiteten Arme.
Auf Wolke sieben taumelte ich zurück in die stickige Redaktion. Die nassen Klamotten hatte ich gewechselt. Dumme Fragen vertrug ich jetzt nicht. Nicht heute, wo ich glaubte, einmal im Leben richtig und erwachsen gehandelt zu haben. Nach all den hoffnungslosen, kurzlebigen Affären mit schmachtenden Jünglingen war es Nina Campbell gelungen, einen verantwortungsbewussten, gutsituierten Mann zu finden, der bereit war, eine ernste Bindung mit ihr einzugehen! So notierte ich es unter dem Datum in meinem Taschenkalender, aus dem mir ein Wust an alten Tankquittungen entgegenfiel. Ich schnitt die Spalte mit dem Horoskop aus und klebte sie dazu ein.
Meine Kollegen schmorten hinter fest zugezogenen Gardinen. Jeder gierte danach, einen Lufthauch von Herbies altersschwachem Ventilator zu erhaschen. Bis auf eine Ausnahme eigentlich ein netter Haufen! Und die Redaktionsräume besaßen den Charme vergangener Zeiten, als Zeitung noch mit der Hand gemacht wurde. Rosenhagen mit seinen verwinkelten Gassen, den verträumten alten Häusern, umschlungen von Wasser und viel Grün war eine nette Stadt!
Meine Kollegen achteten nicht auf mein selbstgefälliges Honigkuchenpferd-Gegrinse. Sie diskutierten während der Redaktionskonferenz eine brandheiße Neuigkeit, die Jelzick soeben taufrisch in den Raum geschmissen hatte: Die Polizei hatte die alte
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