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Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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gäbe, um sein Beileid auszusprechen.
Ihre Augen hatten sich mit Tränen gefüllt, die ihr, wie ich wußte, nicht aus
Kummer kamen, sondern aus Zorn über ihre Unfähigkeit, das Geschehene zu ändern.
Ich hatte die letzte Woche damit verbracht, mich mit dem Telefongespräch zu
quälen, das ich mit Agatha geführt hatte. Wenn ich nur damals vorbeigegangen
wäre, anstatt bis zum nächsten Tag zu warten. Ich merkte, wie auch mir die
Tränen in die Augen stiegen.
    »Ich glaube, ich hätte sie retten können,
verstehen Sie«, sagte ich und fing an zu weinen.
    Anna legte ihren Arm um mich.
    »Das bezweifle ich sehr. Sobald die Leber
geschädigt ist, gibt es nicht mehr viel Hoffnung, fürchte ich.«
    Irgendwie tröstete mich diese Meinung, die von
einer Medizinerin kam, ein wenig.
    Das Fotomodell hatte unser Gespräch halb
mitgehört.
    »War da nicht letztens etwas darüber in den
Zeitungen? Wie es aussieht, macht sich eine Verbrauchergruppe dafür stark, daß
diese scheinbar harmlosen Schnupfenpräparate besser etikettiert werden.«
    »Die Sache ist, sie sind harmlos, wenn man die
richtige Dosis nimmt, aber man braucht nicht sehr viel mehr, und dann sind sie
tödlich.«
    Donny hatte gespürt, daß die Schwermut an
unserem Tischende die Oberhand gewann, und bestand darauf, uns zu trennen. Ich
ging Dan gratulieren, der allein dasaß, unfähig, die Tatsache nachzuvollziehen,
daß er bald nahezu eine halbe Million Dollar entgegennehmen würde. Die
amerikanischen Rechte für das Taschenbuchs waren bei 900 000 Dollar angelangt,
was für einen englischen (oder schottischen) Erstlingsroman Rekord war.
    Einige Gäste fingen an, noch ein
Dinnerparty-Spiel zu spielen, nämlich der Reihe nach zu sagen, wen sie aus
einer Laune heraus umbringen würden, wenn es in ihrer Macht stünde. Es ist ein
Spiel, das ich, wie ich etwas beschämt sagen muß, auf anderen Dinnerpartys
gespielt habe und das mir ungeheuer viel Spaß gemacht hat. Normalerweise sind
die ersten Opfer die Prominenten und wohltätige Menschen, und der Spaß liegt darin,
noch empörender politisch unkorrekt zu sein als der letzte.
    »Terry Waite«, schlug der Friseur vor, unter
Applaus von allen Seiten.
    Mir war nicht danach, mitzumachen. Mein Kopf
versuchte aufzunehmen, was Anna gesagt hatte. Könnte das gleiche, das mit Annas
Patientin passiert war, auch mit Agatha passiert sein? Sie hatte eine schlimme
Erkältung gehabt. Außerdem trank sie schon normalerweise eine Menge und
wahrscheinlich mehr, wenn sie Schmerzen hatte. Schädigte Alkohol nicht auch die
Leber? Ich fragte mich, ob irgendjemand an die Möglichkeit gedacht hatte, daß
ihr Tod ein Unfall war. Zunächst fühlte ich mich bei der Vorstellung
erleichtert, und dann sah ich mit Schrecken ein, daß es vielleicht sogar noch
tragischer war, wenn es sich um einen Unfall handelte. Wenn sie Selbstmord
begangen hatte, hatte sie das wenigstens aus ihrem eigenen, freien Willen
getan. Wenn es ein Unfall gewesen war...
    »Der Prinz und die Prinzessin von Wales!« sagte
ein anderer Gast.
    »Langweilig!« schrie der Rest.
    »Oh, na gut, Mutter Theresa.«
    »Hatten wir schon.«
    Die Party wurde immer rowdyhafter, wozu auch
eine Kiste Champagner beitrug, die aufgetaucht war, als das Ergebnis von Dans
Versteigerung verkündet wurde. Ich wußte, daß Donny uns jede Minute zwingen
würde, uns in zwei Teams aufzuteilen und Scharaden zu spielen. Ich beschloß,
nach Hause zu gehen.
    Ich schaffte es, an der Holland Park Avenue ein
Taxi aufzugabeln, und während es davonbrauste, starrte ich aus dem Fenster. Das
Taxi nahm die hintere Route den Westbourne Grove hinunter, der immer noch mit
Leuten bevölkert war, die Kebabs aßen. Ich sah ein Paar Arm in Arm aus dem
Khan’s kommen, wie Greg und ich es noch vor kurzem getan hatten. Ich fühlte
mich merkwürdig entfernt von alledem. Mein Gehirn ging wieder und wieder
Agathas letzte paar Tage durch.
    Als das Taxi an der Polizeistation Paddington
Green vorbeiraste, schien sich mein Geist zu lichten, wie bei einer Epiphanie.
Ich richtete mich aus meiner zusammengesunkenen Haltung auf und schnappte
angesichts der Klarheit des Gedankens nach Luft. Ein widerspenstiges Teil des
geistigen Puzzles fügte sich plötzlich in seinen Platz. Agathas Tod konnte kein
Unfall gewesen sein, weil Agatha von Arzneien nichts hielt. Daß sie eine
Flasche Paracetamol in ihrem Badezimmerschränkchen hatte, war ungefähr so
wahrscheinlich wie sie eine Espressomaschine in ihrer Küche hatte. Kaffee sei
Gift, hatte

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