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Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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gedacht,
daß Mr. Middlemarch klug genug sein würde, jemanden in Zivil zu schicken, der
namentlich nach mir fragen und so vermeiden würde, Janets Interesse zu wecken.
Jetzt allerdings steckte sie den Kopf in die Tür und verkündete: »Wachtmeister
Briggs möchte dich sehen, Sophie.«
    Er war ein äußerst gutaussehender Polizist, mit
einem dichten Schopf aus dickem, kornfarbenem Haar und großen, grinsenden,
weißen Zähnen. Seine Erscheinung, und dazu die ihr eigene Neugier reichten aus,
daß Janet ihren Regenmantel zurück auf den Bügel hängte, sich in der Nähe der
Tür herumtrieb und so tat, als würde sie auf-räumen. Ich begann, Wachtmeister
Briggs mit gedämpfter Stimme von meiner Theorie zu erzählen. Er schien nicht
besonders interessiert, aber er machte sich die eine oder andere Notiz.
    »Meine Information ist«, unterbrach er
schließlich, »daß Sie im Besitz von irgendwelchem Beweismaterial sind, das die
Untersuchung betrifft.«
    »Nun ja, darauf wollte ich gerade zu sprechen
kommen. Sehen Sie, ich habe ihr nichts davon gesagt, als sie anrief, weil sie
an dem Tag so heiter schien —«
    »Ja, ja. Wenn ich eben einen Blick auf das
Beweismaterial werfen könnte.«
    Ich zeigte es ihm.
    »Dieser kam letzten Donnerstag an... und dieser
heute.«
    »Aber die Verstorbene starb am Sonntag, habe ich
recht?«
    »Ja«, sagte ich ungeduldig.
    »Nun, dann sehe ich die Logik nicht«, entgegnete
er.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Nun, wenn, wie Sie anscheinend glauben, jemand
für den Tod der Verstorbenen verantwortlich ist, scheint es dann nicht ziemlich
komisch, daß derjenige fünf Tage nach ihrem Tod einen Drohbrief schicken
sollte?«
    »Oh.« Das war mir nicht eingefallen. Ich
wünschte, ich hätte länger und intensiver nachgedacht, bevor ich Mr.
Middlemarch anrief.
    »Könnte ich mal sehen, Herr Wachtmeister?«
fragte Janet und kam ins Zimmer.
    »Warum nicht«, sagte er und reichte ihr die
beiden Briefe.
    Ein riesiges Lächeln erstrahlte auf ihrem
Gesicht, als sie sie las.
    »Oh, nicht der schon wieder!«
    »Du weißt, wer die geschrieben hat?« Ich war
erstaunt.
    »Aber sicher. Ich wundere mich, daß dir seine
Akte nicht untergekommen ist. Er heißt Watt, aber wir heften ihn unter Weirdo
wie >Spinner< ab. Er ist dieser abgedrehte Autor, der immer noch
versucht, daß Agatha ihn annimmt«, erklärte sie. »Er schickt ständig neue
Stücke oder Geschichten, und sie sind absolut furchtbar. Ich meine, Herr
Wachtmeister, ich weiß nicht viel über Literatur, aber ich habe ein paar davon
gelesen, und sie sind ein alter Witz zwischen Viv und mir. Agatha lehnt ihn
immer mit dem Standardbrief ab, sie sei zu beschäftigt, wissen Sie, aber er
läßt ein Nein einfach nicht als Antwort gelten. Dann, eines Tages, hat sie so
die Nase voll von ihm, daß sie ihm schreibt, daß er absolut kein Talent hat und
daß sie ihr letztes Pfund darauf verwetten würde, daß er nie veröffentlicht
oder aufgeführt werden wird... Nun, danach kamen immer diese Zettel hier an. Es
sind immer Einzeiler, die sich sehr oft auf einen Autor beziehen, den man
ablehnte, und der dann aber berühmt wurde... Warten Sie einen Moment, ich hole
den Hefter.«
    Ich konnte spüren, wie ich immer roter wurde.
Wachtmeister Briggs versuchte, ein unbewegtes Gesicht zu wahren.
    »Hier, sehen Sie mal, im Juli muß er entdeckt
haben, daß James Joyce abgelehnt wurde, denn hier haben wir ERINNERN SIE SICH
AN ULYSSES!< Es gibt mehrere andere...« Sie bot Briggs den Hefter an, der
einen kurzen Blick darauf warf und ihn dann mir reichte. Ich sah sie mir an.
Die Schrifttype und das Papier waren immer gleich. Nie im Leben ist mir etwas
peinlicher gewesen.
    »Na, das scheint die Sache zu beantworten«,
sagte der Polizist.
    »Sehen Sie, es tut mir schrecklich leid«,
stammelte ich.
    »Machen Sie sich keine Gedanken, junge Frau.«
    Ich ärgerte mich, daß das von jemandem kam, der
offensichtlichjünger war als ich, verkniff mir aber, ihm das zu sagen. Er sagte
mir, daß man sich mit dem Tod oft schwer abfinden könne, und fragte, ob ich
daran gedacht hätte, die Telefonseelsorge anzurufen. Ich sagte, daß ich nicht
gedächte, mich umzubringen, aber er erklärte mir, daß sie einen
Beratungsservice für Trauerfälle anbieten. Ich dankte ihm für seine
Anteilnahme.
    » Der Tag des Schakals wurde etwa siebzehnmal abgelehnt, glaube ich«,
fügte Janet hinzu, während sie Wachtmeister Briggs aus dem Büro geleitete.
    »Wirklich? Das muß ja ein seltsames Geschäft
sein. Das ist

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