Mordsucht
sich sofort mit seinem Team auf den Weg.
Die kleine Nebenstraße platzte ohnehin schon aus allen Nähten wegen den Autos des Erkennungsdienstes und der Rechtsmedizin sowie dem Leichenwagen. Sogar Angestellte des Tierheims waren mittlerweile eingetroffen, wurden aber bisher von dem Haus ferngehalten, bis die Spurensicherung abgeschlossen war.
Jetzt kam noch unser Techniker und Schroer samt Soko dazu. Die Nachbarn von Kalle hatten nach dem heutigen Tag Gesprächsstoff für ein Jahrzehnt …
Diana lief ungeduldig mit dem Handy in der Hand auf und ab. Die Streife hatte sich noch nicht gemeldet, und wenn wir den Nachrichten zwischen Idealist68 und Kalle Glauben schenken durften, stand ein Menschenleben auf dem Spiel. Das Versuchstierchen , wie Kalle es bezeichnet hatte, schwebte in Lebensgefahr.
Ich überflog erneut den Bericht von LittleBaby4 , dem Mann, der ein ganzes Land in Angst und Schrecken versetzte. Mir kam die Galle hoch, denn ich konnte herauslesen, mit welchem Genuss er die Kinder missbrauchte und ihnen bei lebendigem Leib das Herz herausschnitt. Warum diese kranke Person das getan hatte? Um das Organ in der Pfanne zu braten und es zu verspeisen. Er beschrieb sogar, wie lange man es am besten von beiden Seiten brutzeln ließ, damit es, gleich einem Rindersteak, saftig und blutig war. Mistkerl! Wichser! Schwein!
Ich ging meinen kompletten Schimpfwortkatalog durch und empfand keinerlei Befriedigung. Was würde der Kerl bekommen, wenn Schroer ihn schnappte? Lebenslänglich mit anschließender Sicherheitsverwahrung, die von irgendeinem dummen Richter wieder als unwirksam erklärt wurde? Ich liebte meinen Job, aber manchmal kotzte mich die Justiz an. Weshalb bekam ein Mann, der ein Kind missbrauchte, eine mildere Strafe als ein Steuerhinterzieher? War den Deutschen Geld wichtiger als die Sicherheit ihrer Kinder? Wann fing Gerechtigkeit an und wann hörte endlich der Schwachsinn auf?
Bevor ich mich innerlich weiter aufregen konnte, klingelte Dianas Handy.
»Ja?«, schrie sie. Und sofort: »Scheiße!«
Scheiße hieß wohl: Kalle und Idealist68 hielten sich nicht mehr im Restaurant auf.
»Holt euch ein Foto von Kalle aus der Datenbank und verteilt sie an die anderen Streifen, sie sollen die Gegend abfahren und nach ihm Ausschau halten«, wies sie den Beamten an.
Ganz schön erwachsen geworden, meine kleine, naive Partnerin …
Ich beobachtete sie, als sie das Telefon verstaute und sich die Schläfen massierte. Mein Blick wanderte zu ihrer Körpermitte. War da ein winziger Bauchansatz?
»Guck nicht so blöd!«, fauchte sie mich an.
Ich zuckte zusammen, als ihre sonst so sanfte Stimme die Luft durchschnitt.
»Ich hab nachgedacht und nicht geglotzt.« Schwacher Versuch, Ratz …
Die peinliche Situation wurde glücklicherweise gelockert, als unser Techniker ins Zimmer gestürmt kam. In beiden Händen hielt er jeweils einen schwer aussehenden Koffer, in denen sich wahrscheinlich sein Equipment befand. Wie war noch gleich sein Name? Ralf? Benjamin?
»Da bist du ja endlich, Alex!«, entfuhr es Diana.
Er gab uns die Hand und nickte Richtung Computer. »Ist das das Schätzchen?«
»Ja«, sagte Diana.
Er setzte sich auf den Bürostuhl, holte aus seinen Koffern Geräte, die für mich aussahen wie aus einem Science-Fiction-Film, und vernetzte sie mit Kalles Rechner.
»Kannst du die Identität eines anderen Users herausfinden, der nicht von diesem Computer aus gearbeitet hat?«, fragte Diana.
Alex lächelte, als ob sie etwas Dummes gefragt hätte. »Das ist die leichteste Übung. Welchen?«
» Idealist68 «, sagte ich, damit ich nicht untätig danebenstand.
»Gebt mir eine Minute.«
Ich hatte noch nie einen Menschen gesehen, der so zügig tippte. Seine Finger flogen über die Tastatur und ich bekam Angst, dass sie sich bei der Geschwindigkeit verknoten könnten.
»Die IP-Adresse läuft auf den Namen …« Alex spannte uns auf die Folter. Ich wollte ihn anspringen und die Information aus ihm herausschütteln, als er ihn endlich nannte. »Hans Müller.«
Wäre es nicht um ein Menschenleben gegangen und hätte nicht die Zeit gedrängt, wäre mir ein Lachen entfleucht. Hans Müller … noch typischer deutsch hätte er nicht sein können und so gewöhnlich …
»Kannst du uns mehr sagen? Anschrift?« Diana zückte ihren Notizblock.
Weiße Schrift tanzte über den schwarzen Bildschirm und ich fragte mich, ob es legal war, was Alex mit Kalles Rechner anstellte. Normalerweise hatte ich mit der
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