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Mordsviecher

Mordsviecher

Titel: Mordsviecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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schön geschüttet in der letzten Nacht. Nun war es bedeckt, ein Wetter, das Irmi liebte. Besser als dieses ständige Wechselbad aus Schwüle und Gewitterregen.
    Andrea wartete am V-Markt, wo das samstägliche Einkaufschaos in vollem Gange war. Es war wohl doch ein Notstand ausgebrochen!
    Sie fuhren durch Bad Bayersoien und am recht mondänen Parkhotel vorbei, wo verwaiste Strandkörbe über den Soier See blickten. Die Teerstraße wurde hinter Kirmesau zum Feldweg, so angelegt, dass er wie ein hochgewölbter Rücken wirkte. Ein paar Radler kamen ihnen entgegen und schauten böse, dabei war das nun mal eine offizielle »Straße«. Auch die zuckelnde Ponykarawane vor dem Blaslhof musste umschifft werden, ebenso wie eine heftig diskutierende Wandergruppe mitten auf der Straße in Schöffau. Ohne die verbeulten Schilder, die immer mal wieder Halt im Sträßchenwirrwarr gaben, hätte sie nie zu Gangkofer gefunden.
    Der Hof lag recht hübsch am Abhang des Kirnbergs, der Blick ging weit ins Land hinein. Etwas abseits in einem Obstgarten voller alter Bäume, die dringend mal der Pflege bedurft hätten, stand ein altes Bauernhaus, das ziemlich marode aussah und dessen Dach schon abgestützt war. Es schien aber noch bewohnt zu sein. Wahrscheinlich von Gangkofers Eltern.
    Zweihundert Meter entfernt hatte man einen eher pompösen Neubau im Landhausstil mit einer großen Terrasse errichtet. Es folgte ein hypermoderner Laufstall, den wohl die Kindeskinder noch abzahlen würden – ebenso wie einen brandneuen riesigen Fendt, über dessen Sinn man hier in der Steillage sicher diskutieren konnte. Der Traktor parkte vor dem Stadl, den Irmi bereits auf den Skizzen gesehen hatte.
    Das große Tor stand offen und gab den Blick in eine Reithalle frei, die nicht gerade mit gleißender Helligkeit aufwartete, aber immerhin hatten die Reiter ein Dach über dem Kopf. An die Süd- und Ostseite hatte Gangkofer je fünf Paddockboxen angebaut, ein Stück den Hang hinauf gab es noch zwei alte Schuppen, die jeweils ein paar Ponys als Unterstand dienten. Optimale Platzausnutzung könnte man das nennen, offenbar waren rund zwanzig Pferde hier untergebracht. Ohne zu wissen, was der Mann dafür verlangte: Ein schönes Zubrot zum eher frustrierenden Milchpreis war das sicher.
    Irmi schlenderte, gefolgt von Andrea, zu der Halle, wo eine Frau vor einem Pferd stand und mit einem dicken Tau vor den Augen des Tiers herumwedelte. Das Pferd wirkte völlig desinteressiert und verharrte wie eine Statue. Der Sinn der Übung sollte wohl sein, dass es zurückwich, doch es tat nichts. Zwei weitere Frauen in Irmis Alter riefen Tipps und Kommentare über die Bande, und selbst oder gerade ihr als einem Laien in Pferdefragen war klar, dass dem Tier das ganze Geschrei und Gebrüll zu bunt werden musste. Plötzlich stand es elegant auf den Hinterbeinen, warf sich ebenso elegant herum und verließ die Halle mit einem Sprung über den Absperrungsbalken am Tor, das dicke Tau wehte hinter ihm her. Die Wedlerin lag im Sand.
    »Upps«, machte Andrea und sah dem Pferd nach, das bergwärts ins Grün galoppierte, gefolgt von der Wedlerin, die sich aufgerappelt hatte und hinterherrannte. Eine der beiden Zuschauerinnen löste sich ebenfalls von der Bande und stolperte hinterher. Nur halb so elegant wie das Tier!
    »Ich sag es der Katja immer: Der Gaul ist völlig irr«, kam es von der anderen Frau. »Ich hab ihr die Milena so ans Herz gelegt, die arbeitet nach Hempfling, und ich hab ihr schon tausendfach gesagt, die muss dem Pferd diese EM geben. Also, meine Shakira ist ein völlig neues Pferd, seit ich ihr EM und Bokashi füttere. Sie füttern doch auch Bokashi und EM ?« Das klang drohend.
    EM kannte Irmi nur als Abkürzung von Europameisterschaft, aber das konnte hier ja nicht gemeint sein. Und wer Bokashi war, entzog sich Irmis landwirtschaftlichem Wissen. Das Pferd war Irmi im Übrigen gar nicht irr vorgekommen, sondern eher vernünftig. Außerdem waren Pferde bekanntlich Fluchttiere, bei drei solchen Weibsen blieb doch nur der organisierte Rückzug.
    Da Andrea beharrlich schwieg, antwortete Irmi: »Äh, nein, wir suchen eigentlich nur Anton Gangkofer.«
    Es war offensichtlich, dass Irmi bei der Dame durchgefallen war. Diese war aber auch gleich abgelenkt, weil eine Erscheinung barfuß in befranstem Reitrock, mit Rüschenbluse und Cowboyhut auf einem sattellosen Pferd herangeritten kam.
    »Adsila, wie schön!«, kreischte die andere und öffnete den Balken. War damit das Pferd

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