Mordswald - Hamburgkrimi
zu
betreten."
"Weiß sie, wo er steckt?"
"Nein, aber sie vermutet, dass er bei seinen Eltern
ist." Max schwieg kurz, und Lina hörte eine Autotür ins Schloss fallen.
"Wo bist du gerade."
Lina sagte es ihm. Lutz stand auf und ging zur Strandbar, um
sich noch ein Bier zu holen.
"Soll ich dich irgendwo einsammeln?", fragte Max.
Sie vereinbarten einen gut erreichbaren U-Bahnhof als Treffpunkt.
"Bis gleich", sagte Lina und legte auf.
Lutz stand noch in der Schlange an der Bar, als Lina zu ihm
trat und ihn in die Seite knuffte. "Du, ich muss noch mal los."
"Das war ja klar", sagte er und versuchte gar
nicht, seinen Missmut zu verbergen.
Lina seufzte. "Tut mir leid, aber es ist echt
dringend."
"Klar." Er schob sich einen halben Meter weiter
vor. "Ist dieser Max auch dabei?"
"Ja. Wir sind nämlich zufällig Kollegen. Wieso fragst
du?" Sie schob ihren Rucksack ein Stückchen höher und ließ ihr
Schlüsselbund am Ring um den Zeigefinger kreisen.
"Nur so." Lutz zuckte die Achseln. "Viel Spaß
dann", sagte er noch und wandte sich dem Tresen zu, von dem er nur noch
einen Schritt entfernt war.
"Blödmann", fauchte Lina und stapfte durch den
warmen Sand davon.
Lina hatte gerade ihr Telefongespräch beendet, als Max neben
dem Bordstein anhielt und sie einstiegen ließ. Noch während sie sich
anschnallte, sagte sie: "Wir hätten Birkners Alibi schon längst überprüfen
sollen. Verdammter Mist."
Max blinkte und fädelte sich in den fließenden Verkehr ein.
"Dabei hat er ja niemals irgendwas geleugnet. Wir haben ihn einfach gar
nicht gefragt." Er schüttelte den Kopf über so viel eigene Dummheit.
Sie hatten Glück, an diesem Wochenende standen weder der
Stadtmarathon noch Hafengeburtstag oder Motorradcorso an, so dass die Straßen
erfreulich leer waren.
"Ich habe übrigens gerade noch mal mit Katja Ansmann
gesprochen", sagte Lina, als sie an einer roten Ampel warten mussten.
"Lukas hat am Donnerstag vor einer Woche angerufen, kurz nachdem Philip
die Wohnung verlassen hatte. Sie meinte, Lukas habe so oft angerufen, und
Philip habe seinen Bruder so oft versetzt, dass ihr das nicht besonders
aufgefallen wäre. Deshalb hatte sie es vorher nie erwähnt."
"Aber woher wusste Lukas, dass sein Bruder im Wald
war?", fragte Max stirnrunzelnd.
Lina zuckte die Schultern. "Keine Ahnung. Vielleicht hat
er ihn zufällig gesehen und ist ihm gefolgt?"
"Ohne sich zu erkennen zu geben?"
"Vielleicht wollte er herausfinden, was Philip treibt,
wenn er seinen Bruder versetzt."
"Er beobachtet ihn bei dem Konzert mit Franziska
Leyhausen, folgt ihnen in den Wald und erschlägt den Bruder? Aber warum?"
"So, wie Philip mit ihm umgesprungen ist?", meinte
Lina. "Vielleicht ist ihm am
Donnerstag endgültig der Kragen geplatzt."
Max sagte nichts, denn in diesem Moment fand er eine freie
Parklücke vor dem Haus der Eltern Birkner, setzte den Wagen zurück und stellte
den Motor aus.
Trotz des schwül-warmen Wetters hatten die Birkners alle
Fenster und Türen geschlossen, und in der Wohnung war es heiß und stickig. In
den neun Tagen, die seit dem Tod ihres ältesten Sohnes vergangen waren, waren
Gisela und Klaus Birkner sichtlich gealtert. Das Gesicht des Mannes war
aschfahl, und auf seiner Stirn sammelte sich der Schweiß. Die Frau wirkte
eingefallen, als hätte sie in der letzten Woche mindestens fünf Kilo
abgenommen.
Lukas Birkner war nicht bei seinen Eltern, und wie sich
herausstellte, wussten sie auch nichts davon, dass er seine Frau
krankenhausreif geschlagen und auf richterlichen Beschluss der gemeinsamen
Wohnung verwiesen worden war.
"Das muss ein Missverständnis sein", sagte Gisela
Birkner. Sie saß aufrecht auf dem Sofa, die Hände nervös im Schoß gefaltete.
"Lukas würde doch nie und nimmer eine Frau schlagen! Er ist ein guter
Junge!" Sie begann zu weinen.
Ihr Mann saß mit gesenktem Kopf daneben.
"Haben Sie eine Idee, wo Ihr Sohn sein könnte?",
fragte Max behutsam.
Die Frau hob den Kopf. "Aber was wollen Sie denn von
ihm? Er hat doch nichts verbrochen! Warum können Sie ihn denn nicht in Ruhe
lassen! Erst Philip, und jetzt … er hat seinen Bruder so geliebt! Sie waren
unzertrennlich, die beiden."
Klaus Birkner murmelte etwas Unverständliches. Er räusperte
sich, richtete sich ein paar Zentimeter auf und versuchte es noch mal.
"Hohwacht. Er könnte in Hohwacht sein."
Lina und Max sahen sich an. "In Ihrem Ferienhaus?"
Der Mann nickte.
"Aber Klaus, Lukas macht doch jetzt keinen Urlaub, wo
Philip tot ist und
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