Mordswald - Hamburgkrimi
draufgekotzt hat."
Max hielt mitten in der Bewegung inne und ließ sich langsam
auf seinen Stuhl sinken. "Was meinst du damit: Die Pflanze wurde
umgesetzt?"
"Jemand hat sie ausgebuddelt und ein Stückchen weiter
wieder eingepflanzt. Sehr sorgfältig übrigens, da hat sich jemand anscheinend
richtig Mühe gegeben. Stefan meinte, es sähe außerdem so aus, als sei die
Pflanze zwischendurch abgespült worden."
"Halt stopp. Du willst mir also weismachen, dass da
jemand mitten in der Nacht durch den Wald läuft und Pflanzen wäscht? Um
sie anschließend wieder einzupflanzen?"
"Tut mir leid, ich erzähle dir nur, was wir gefunden
haben. Dein Job ist es, dir einen Reim darauf zu machen."
Max schloss die Augen und rieb sich nachdenklich die Stirn.
"Was für eine Pflanze ist es?"
Kurze Pause. "Äh, die beiden kennen sich mit dem
Grünzeug nicht aus, aber wir kümmern uns darum."
Berg lachte. "Kann sich die Spurensicherung nicht einmal
ein Pflanzenbestimmungsbuch leisten?"
"Wir haben sogar zwei", verteidigte sich Hartmann,
"aber die schleppen wir nicht zu jedem Tatort mit." Er tat beleidigt.
"Oh, bitte verzeiht, edler Herr der Spuren."
Hartmann lachte.
Max hatte gerade aufgelegt, als Hanno den Kopf durch die Tür
steckte. Wie immer blieb sein Blick kurz an Linas Schreibtisch hängen. Im
Gegensatz zu Max' Arbeitsplatz herrschte bei ihr das, was sie kreatives Chaos
nannte: Zettel, Stifte, Schokoriegelverpackungen und Kaffeebecher lagen und
standen wild verstreut herum, Papiere und Akten stapelten sich in mehreren
Haufen auf dem Tisch, der Fensterbank und sogar auf dem Fußboden. Trotzdem fand
sie immer auf Anhieb, wonach sie suchte, was sämtliche Kollegen stets aufs Neue
überraschte. Eine Zeit lang hatte sie auf Hannos Anweisung hin den Schreibtisch
regelmäßig und zähneknirschend aufgeräumt. In diesen drei Wochen hatte sie fürs
Suchen doppelt so lange gebraucht wie vorher, bis Hanno schließlich klein
beigegeben und ihr ihre eigene Ordnung zugestanden hatte.
"Lina schon da?"
Max wollte gerade den Kopf schütteln, als die Gesuchte in der
Tür auftauchte, einen Becher Kaffee in der Hand.
"Kommt gleich mal rüber. Teambesprechung", brummte
Hanno.
Lina verdrehte die Augen.
In Hannos Zimmer war es kühl, das Fenster stand auf kipp, und
von draußen wehte der Verkehrslärm herein. Alex, ein träger Mittvierziger, der
sich am liebsten in den Akten vergrub, ansonsten aber ganz verträglich war,
hatte noch Urlaub. Der Mann mit Schnauzbart, Bauchansatz und beginnender
Glatze, der bereits auf einem der Besucherstühle saß und Lina unverhohlen auf
den Busen starrte, war Sebastian. Lina ignorierte ihn und ließ den Rucksack auf
den Boden rutschen, ohne den Kaffee abzustellen. Hanno beobachtete ihr
umständliches Manöver misstrauisch und fürchtete um seinen Filzteppich.
Als endlich alle saßen, räusperte er sich und blickte auf das
Blatt Papier vor sich. "Also, was haben wir?"
Max fasste zusammen, was die Spuren am Tatort bisher
hergaben. Philip Birkner war vierunddreißig Jahre alt geworden. Gestorben war
er gestern Nacht zwischen elf und drei Uhr, vermutlich an einer Kopfverletzung,
hervorgerufen durch einen Schlag mit einem stumpfen Gegenstand. Am Tatort waren
auffallend viele verschiedene Fußspuren gefunden worden. Zu der Geschichte mit
der abgewaschenen und umgesetzten Pflanze fiel seinen Kollegen genauso wenig
ein wie ihm.
"Könnte es eine Gang gewesen sein?", fragte
Sebastian und konzentrierte sich zunächst auf das Offensichtliche, die
zahlreichen Fußspuren.
"Schon möglich. Obwohl weder Geld und Papiere
fehlen", sagte Max.
"Wenn die nur auf Rumprügeln aus waren, hat das Geld sie
doch gar nicht interessiert", bemerkte Hanno. "Die wollten nur ihren
Spaß haben, und Birkner lief ihnen zufällig über den Weg."
"Da draußen im Wald?", fragte Lina zweifelnd.
"Die Stelle, wo der Tote entdeckt wurde, ist ziemlich weit von der
nächsten U-Bahn entfernt. Außerdem", fügte sie rasch hinzu, ehe jemand
anders etwas sagen konnte, "war er vermutlich nicht alleine." Sie
erzählte, was sie in der Waldschänke und von Antje Niemann erfahren hatte.
"Möglicherweise handelt es sich dabei um die Frau, mit
der er kurz vor Konzertbeginn telefoniert hat", sagte Max und erzählte von
der Nummer in Birkners Handy, die dieser offensichtlich häufig benutzt hatte.
"Ich habe versucht, sie zu erreichen, habe aber bislang nur die Mailbox
erwischt. Die Handynummer ist auf eine Tanja Fischer angemeldet, aber bei
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