Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordswald - Hamburgkrimi

Mordswald - Hamburgkrimi

Titel: Mordswald - Hamburgkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. C. Poets
Vom Netzwerk:
dringend nötig, und das T-Shirt sah aus, als stammte es aus der
Altkleidersammlung. Lina roch, dass er gestern Abend ausgiebig getrunken und
längere Zeit nicht geduscht hatte.
    Jensen nahm den einzigen Hocker in der Küche in Beschlag, so
dass Lina und Max stehen mussten. Immer noch stumm suchte Jensen mit fahrigen
Bewegungen auf dem Tisch herum, bis er eine Schachtel Zigaretten gefunden
hatte. Seine Hände zitterten, als er sich eine ansteckte. Die Luft war stickig,
und ohne zu fragen, ging Max zum Küchenfenster und riss es auf. Jensen hob
nicht einmal den Kopf.
    "Herr Jensen, wir ermitteln in einem Mordfall, der sich
vorletzte Nacht zugetragen hat." Keine Reaktion. Jensen balancierte leicht
schwankend auf der Hockerkante. "Sie kennen doch Philip Birkner, nicht
wahr?"
    Endlich hob Jensen den Kopf und blickte zu Max auf, der die
Frage gestellt hatte. "Er wurde in der Nacht von Donnerstag auf Freitag
umgebracht."
    Jensen rülpste, dann bekam er einen Schluckauf, der seinen
Bauch wackeln ließ. Es dauerte eine Weile, bis Lina merkte, dass es kein
Schluckauf war, sondern dass der Mann lachte. Schließlich holte er tief Luft
und sagte: "Gut so."
    Lina und Max sahen sich an.
    "Herr Jensen, ich muss Sie fragen, wo Sie
Donnerstagnacht zwischen elf und drei Uhr waren."
    Jensen rülpste noch einmal. Dann runzelte er die Stirn, als
müsste er angestrengt nachdenken. "Hier", sagte er schließlich. Seine
Stimme klang verwaschen, als hätte er seinen Rausch noch nicht einmal
ansatzweise ausgeschlafen. "Erst inner Kneipe und dann hier."
    "In welcher Kneipe?", fragte Max geduldig.
    "Weiß nicht. Bin rumgezogen." Jensen runzelte die
Stirn. "Im Almira, glaub ich. Und im Azaley. Oder Tropicana. Oder in
dieser einen Spelunke, wie heißt die noch, in der einen Straße, in der Nähe vom
Markt, oh Mann." Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht.
    "Waren Sie allein?"
    Der Mann nickte. "Im Almira hab ich Dirk getroffen. Oder
Dieter? Nee, Dirk heißt der. Hab ich schon öfter da gesehen. Oder war's im
Tropicana?" Er hickste erneut, dann begann er mit dem Kopf zu nicken und
schien gar nicht wieder aufhören zu können. "Philip, dieser
Schnösel", erklärte er schließlich mit schleppender Stimme, "der hat
mir das alles hier eingebrockt." Er machte eine unbestimmte Handbewegung,
die den Tisch und die Bierflaschen und die Küche und das ganze Haus, das kein
Zuhause mehr war, mit einschloss. "Dieser Scheißkerl hat mich ruiniert.
Lief alles super, ich dachte, klasse, endlich 'n richtig guter Job, und dann:
Peng. Pustekuchen. Herr Birkner hat mich gelinkt. Nach Strich und Faden. Hat
'nen Dummen gesucht und mich gefunden." Er hickste und sah nach, ob in
einer der Flaschen auf dem Tisch noch ein Schluck Bier war, doch Max suchte
schon in den leeren Schränken nach einem Glas. Er ließ Wasser aus dem Hahn
einlaufen und reichte es Frank Jensen. Dieser trank, ohne abzusetzen, dann
schüttelte er den Kopf. "Und der ist jetzt tot, sagen Sie?"
    Zum ersten Mal schien er Max richtig wahrzunehmen. Dann
wanderte sein Blick zu Lina.
    "Wer war's denn?"
    Als weder Lina noch Max antworteten, begann er zu lachen,
krächzend und hustend, als wüsste sein Körper nicht mehr genau, wie das geht.
    "Sie glauben, ich war's?" Er schnaubte. "Na
super, das hat mir jetzt noch gefehlt. Aber was soll's. Is eh alles für'n
Arsch. Job weg, Frau weg, Wohnung weg … vielleicht war ich's ja wirklich. Wer
weiß?" Er holte tief Luft. "Verdient hat er's jedenfalls." Der
Mann schüttelte den Kopf.
    "Herr Jensen, ich muss Sie bitten, uns auf das
Polizeipräsidium zu begleiten." Max zögerte. "Möchten Sie sich
vielleicht vorher umziehen?"
    Jensen blickte an sich herunter, und zum ersten Mal schienen
ihm die Flecken auf der Hose und dem T-Shirt aufzufallen. Er sackte in sich
zusammen und nickte stumm.
    "Kommen Sie." Max half dem Mann auf die Beine und
die Treppe hinauf in den ersten Stock. Lina wartete vor der Tür, während Frank
Jensen sich im Badezimmer frisch machte. Im Schlafzimmer entdeckte Max ein
Regal mit ein paar T-Shirts und Hemden und an einem Haken an der Wand zwei
Anzüge, die noch in den Plastikhüllen der Reinigung steckten. Er nahm einen der
Anzüge aus seiner Plastikumhüllung und hängte ihn sich über den Arm. Mit einem
weißen Hemd in der anderen Hand sah er aus wie ein Kammerdiener.
    Im Badezimmer rauschte das Wasser, doch sonst war kein
Geräusch zu hören. Max sah Lina an. Sie klopfte an die Tür. "Herr
Jensen?", fragte sie laut. Keine Antwort. Sie legte die

Weitere Kostenlose Bücher