Mordswald - Hamburgkrimi
Fragen."
Dann wurde sie ernst. "Vielleicht tut er ja nur so, als könne er sie nicht
ausstehen. Zur Tarnung."
"Da tippe ich ja noch eher auf diese Unbekannte, mit der
zusammen Birkner die Waldschänke verlassen hat."
"Vielleicht ist Jensen mit einer Kneipenbekanntschaft in
den Wald gefahren?" Lina nippte an ihrem Espresso. "Er heult sich bei
jemandem aus, die Idee kommt auf, dem Mistkerl Birkner eine Abreibung zu
verpassen, und auf geht's."
Ehe Max etwas darauf erwidern konnte, rief jemand mit lauter
Stimme: "Hier steckt ihr also!"
Hanno winkte ihnen zu, holte sich eine Cola und kam
schließlich an ihren Tisch geschnauft. "Ich hab euch schon gesucht",
sagte er, als er sich setzte. "Und?", fragte er und sah von einem zum
anderen. "Wie läuft's mit Jensen?"
"Geht so", sagte Max und erzählte von der
Vernehmung. "Gestanden hat er zwar nicht, aber er hat ein Motiv, und sein
Alibi gehört nicht gerade zu den besten."
Hanno nickte, als hätte er so etwas schon erwartet. "Ich
habe überprüft, ob wir etwas über ihn haben", sagte er und nestelte
umständlich ein vollgekritzeltes Blatt Papier aus der Jackentasche. "Vor
zwei Jahren hat Philip Birkner Anzeige gegen ihn erstattet, wegen des Verdachts
auf Industriespionage. Das Verfahren läuft noch. Beim Namen Birkner hat der
Computer übrigens auch gleich Laut gegeben." Tadelnd blickte er von einem
zum anderen. "Wieso hat das eigentlich gestern keiner überprüft? Er war
vor fünfzehn Jahren in einen Mordfall verwickelt, wenn auch nur am Rande.
Birkner war damals neunzehn, als ein junges Mädchen aus seiner Schule
umgebracht wurde, Julia Munz, achtzehn Jahre alt. Sie und Philip Birkner waren
einige Zeit zusammen gewesen. Kurz vor ihrem Tod haben sie sich getrennt."
"Wer hat sie getötet?"
"Der Täter wurde nie gefunden. Birkner gehörte anfangs
zu den Verdächtigen, da gerüchterweise das Mädchen sich von ihm getrennt hatte,
wovon er wohl einigermaßen überrascht wurde, aber er war zum Zeitpunkt des
Mordes gar nicht in der Stadt."
Sie schwiegen eine Weile, Lina knabberte an ihrem Salat.
"Ja und?", fragte Max. "Kommt da noch
mehr?"
Hanno zuckte die Schultern. "Julia Munz ist nach einer
Party in einem Park erwürgt worden, sie war halb entkleidet, ist aber nicht
vergewaltigt worden. Möglicherweise wurde der Täter gestört, oder er wollte
eine Vergewaltigung lediglich vortäuschen."
"Sonst irgendwelche Spuren? Haare, Fasern, DNA?"
"Man hat DNA-Spuren sichergestellt, die man damals
allerdings nicht verwerten konnte, da die Technik noch nicht ausgereift genug
war. Außerdem fanden sich Haare von mindestens vier verschiedenen männlichen
Personen an der Kleidung der Toten."
"Also eine versuchte Gruppenvergewaltigung?",
fragte Lina.
Hanno schüttelte erneut den Kopf. "Eher nicht. Laut den
Zeugenaussagen hat Julia Munz sich auf der Party recht … freizügig verhalten
und sich mal dem einen, mal dem anderen an den Hals geworfen."
Alle drei schwiegen erneut, bis Max schließlich aussprach,
was alle dachten: "Hat das jetzt etwas mit unserem Fall zu tun oder
nicht?"
Hanno lehnte sich zurück und nahm einen Schluck von seiner
Cola. "Ich habe für alle Fälle die alten Akten angefordert. Falls uns mal
die Ideen ausgehen, können wir ja einen Blick hineinwerfen." Er wedelte
mit dem Zettel in seiner Hand herum. "Vorerst habe ich hier noch was
Frischeres. Die Liste mit den Telefonnummern aus Birkners Handy. Auffallend viele
Frauen darunter." Hanno blickte auf. "Jedenfalls für einen Mann, der
in einer festen Partnerschaft lebt. Klemmt euch mal dahinter."
Lina und Max sahen sich an. "Und was machen wir mit dem
Jensen?", fragte Max. "Ich würde ihn gerne erst noch einmal hierbehalten,
bis wir sein Alibi überprüft haben."
Hanno sah ihn zweifelnd an. "Wie war das noch – er
gibt an, am Donnerstag eine Sauftour in Eppendorf gemacht zu haben. Und ihr
meint, er sei danach ins Niendorfer Gehege gefahren, um seinen ehemaligen Chef
zu erschlagen? Woher wusste er denn, dass Birkner im Wald war?"
"Möglicherweise hat er ihn am Abend beschattet, hat ihn
mit zwei Leuten, die er angeheuert hat, zusammengeschlagen und ist anschließend
in eine seiner Stammkneipen gefahren, um ein Alibi zu haben." Lina merkte,
wie der Strohhalm, an den sie sich klammerte, sich langsam auflöste.
"Hm", machte Hanno. "Ihr wisst aber, dass das
ziemlich an den Haaren herbeigezogen ist, oder?" Dann grinste er.
"Sieht so aus, als stünde heute noch eine Kneipentour auf eurem Programm.
Ihr habt es nicht
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