Mordwoche (German Edition)
habe solche Angst, dass ich könnte sein die nächste Opfer!“ Die vierte Frau hatte das Theater der Italienerin ziemlich ungerührt betrachtet. „Beruhigen Sie sich doch. Die Polizei kümmert sich bereits um die Aufklärung des Falls.“ Valentina Felice wirkte beleidigt, weil ihr kurzerhand die Bühne für ihre Show entzogen worden war. „Ich frage mich nur, warum die Frau Merz ausgerechnet vor dem Salon König ermordet worden ist“, überlegte Frau Göppel, die mit herausgewachsener Dauerwelle auf eine Rundum-Erneuerung wartete.
Die schweigsame ältere Dame, die Valentina Felice den Wind aus den Segeln genommen hatte, meinte nur, dass hier am Friseurgeschäft schließlich alle Leute vorbeikämen, wenn sie in der Innenstadt Besorgungen zu machen hätten. Frau Marpes hasste nichts mehr als das Tratschen um des Tratsches willen. Um das Gespräch in ein rationaleres Fahrwasser zu lenken, übernahm sie kurzerhand die Diskussionsleitung der Damenrunde. „Irgendjemand wollte, dass man Elfi Merz findet. Haben Sie zufällig mal einen genauen Blick auf das Auto geworfen, meine Damen?“ Die Zuhörerinnen hatten stillschweigend akzeptiert, dass Frau Marpes ihre Spekulationen auf den Boden der Tatsachen zurückführen wollte und schüttelten nur die Köpfe. Sie hingen an den Lippen der Rentnerin, für die der Friseurbesuch mehr war als die Summe aus Waschen, Schneiden und Föhnen. „Ich kann mich noch gut an früher erinnern, als die junge Frau Merz mit diesem VW-Käfer unterwegs war. Damals gab es noch nicht so viele Autos wie heute und wenn ein junges Mädchen über einen fahrbaren Untersatz verfügte, dann war das schon etwas Besonderes. Auch die Elfi war was Besonderes, man sagte damals, sie war ein heißer Feger.“ Valentina Felice schaute fragend in die Runde. „Was ist das, ein heißer Feger?“ Frau Schmied lachte: „Des isch a Mädle, das älle Mannsbilder den Kopf verdreht.“ „Die Frau Merz iste auch jetzt noch eine heiße Feger! Sie hat sich an meine Adriano rangeschmissen, letzte Silvester beim Ball. Mein armer Mann! Und ich habe so geschimpfte mit ihm, dass er sich hat so lieb entschuldigt für meine Eifersucht.“ Frau Felice streichelte liebevoll über das Geschenk ihres Mannes. Neben ihr an der Garderobe hing ein exklusiver Pelzmantel mit breitem Kragen und Kapuze.
„Wisset se au, mit welche Männer die Frau Merz sonst noch unterwegs war?“ Frau Schmied hoffte auf pikante Details aus der Rubrik sex and crime . Da war sie bei Frau Marpes allerdings an der falschen Adresse. „Ich weiß nur, dass sich Frau Merz damals den Junior-Chef des Autohauses geangelt hat. Eine wirklich gute Partie. Karl Merz hätte alles für seine Frau getan. Er war in Sachen Beziehung und Familie eher ein Spätzünder und seine Eltern waren froh, dass ihr Sohn doch noch die Kurve bekommen hat. Es wurde dann auch recht schnell geheiratet. Elfi Merz’ Liebe war aber so groß, dass ihr ein Mann nicht reichte.“ Die Damen rückten noch näher an Frau Marpes heran. Jetzt wurde es wieder spannend! Was diese Frau alles wusste! Frau Marpes dämpfte allerdings gleich alle aufkeimenden Erwartungen. „Was Genaues weiß ich da aber auch nicht. Es ging allerdings mal das Gerücht durch die Stadt, dass die Frau Merz als jung Verheiratete eine Affäre gehabt haben soll.“ Enttäuscht lehnten sich die Zuhörerinnen wieder zurück. Mit diesen Offenbarungen würden sie bei den Kaffeekränzchen ihrer Freundinnen keinen Pokal gewinnen.
Die Damen wurden von der Friseurin, bei der Frau Schmied ihren Termin hatte, unterbrochen. Nur ungern ließ diese sich zu ihrem Platz vor dem Spiegel begleiten. Am liebsten hätte Frau Schmied ihre Verabredung abgesagt und weiter den Ausführungen der älteren Dame gelauscht. Aber es half nichts und so verließ sie den Wartebereich und überließ sich den kundigen Händen der Friseurin. Sie standen doch schon so nah vor der Lösung des Falls und ausgerechnet jetzt musste sie gehen! Das war ein harter Schlag. Das Schicksal bereitete dem Klatsch und Tratsch ein jähes Ende.
Valentina Felice wollte nicht das gleiche Schicksal wie Frau Schmied erleiden und drängte deshalb auf eine schnelle Fortsetzung des Gesprächs: „Wer iste denn jetzt die Mörder von Frau Merz, eh?“ „Also der Mann von meiner Nachbarin arbeitet beim Merz. Und von meiner Nachbarin weiß ich, dass es dort in letzter Zeit viel Ärger gab.“ Frau Göppel legte gleich nach und sprach einen ganz konkreten Verdacht aus. „Alle
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