Mordwoche (German Edition)
haben gesehen, dass es dem Senior-Chef immer schlechter ging. Und die Frau Merz hat immer wieder recht deutlich gesagt, dass sich einiges ändern würde, wenn sie erst einmal das alleinige Sagen im Autohaus hätte.“ „Wollen Sie damit sagen, dass Sie alle Mitarbeiter des Autohauses verdächtigen, ihre Chefin umgebracht zu haben, damit dort alles beim Alten bleibt?“ Frau Marpes hatte gleich die Schwachstelle in der Argumentation ihrer Sitznachbarin gefunden. „Nein, natürlich nicht. Aber vielleicht hat Frau Merz dem einen oder anderen Mitarbeiter mit der Kündigung gedroht. Das wäre doch ein Motiv, oder?“ Frau Marpes schien nachzudenken: „Die Menschen morden aus unterschiedlichen Motiven. Nehmen wir an, es war ihre Position als zukünftige Chefin, die Elfi Merz das Leben gekostet hat. Wem könnte eine Frau wie sie als Unternehmerin unbequem sein?“ Die Italienerin und die Schwäbin zogen ratlos die Augenbrauen hoch. Frau Marpes hatte aber auch gar keine Antwort erwartet, sondern nur laut nachgedacht. „Wenn Elfi Merz ihr Unternehmen wirklich mit so eiserner Hand geführt hat, wie man es sich erzählt, dann wären auch ihre Erben im Vorteil, wenn die Senior-Chefin den Sessel räumt. So weit ich weiß, sollen ihre Tochter Katrin und ihr Mann den Laden einmal übernehmen, wenn die Eltern nicht mehr sind. Vielleicht hatten die beiden keine Lust mehr, so lange auf die Thronfolge zu warten.“
Valentina Felice schaltete sich in diese systematischen Überlegungen ein, denn dieses Vorgehen war ihr viel zu rational. „Warum wird eine Mensch gemordet? Eh? Das hat immer etwas zu tun mit Emotionen. Grande emotione ! Amore oder Hass. Am beste beide.“ Frau Marpes schien dieser Gedanke gar nicht so abwegig. „Da könnten Sie Recht haben. Ich habe auch schon einmal gehört, dass die meisten Morde Beziehungstaten sind. Liebe ist ein starkes Motiv. Solange die Liebe erwidert wird, bleiben die Messer noch im Schrank und die Pistolen unter dem Kopfkissen. Zur Tat schreiten die Leute doch erst dann wenn die Liebe verletzt oder enttäuscht wird.“ „ Allora , was sage ich? Die Liebehaber von die Frau Merz. Sie haben doch erzählt, dass die heiße Feger hatte eine Affäre. Und was iste mit die Mann passiert?“ „Der Seitensprung von Elfi Merz wurde bekannt, weil die beiden in flagranti am Badesee gesehen wurden.“ „Oh la la, das iste aber unvernünftig gewesen! Etwas mehr discrezione wäre schlau gewesen!“ „Gell, bei den anderen weiß man’s immer besser!“ Frau Göppel wollte nicht außen vor bleiben und erntete dafür einen strafenden Blick der Italienerin. „Vielleicht iste aber auch einer von die andere vernaschte Männer die Mörder von die Frau Merz?“ Frau Marpes wollte sich nicht auf solche windigen Spekulationen einlassen, ihre Ermittlungen mussten wieder etwas mehr Struktur bekommen: „Wenn Frau Merz nicht von ihrem ehemaligen Liebhaber, von Mitarbeitern oder Konkurrenten ermordet wurde, wer bleibt dann noch aus ihrem engsten Umfeld übrig?“ „Also die Töchter von der Frau Merz, die waren’s bestimmt nicht“, verteidigte sie Frau Göppel. „Auch wenn die ältere der Merz-Töchter schon immer etwas eigenartig war. Unsere Tochter Beate war mit ihr in einer Klasse. Direkt nach der Schule ist Susanne Merz nach Berlin verschwunden und seither war sie nicht mehr oft in Bärlingen. Zu den Klassentreffen vor Weihnachten ist sie nie gekommen. Aber einen Mord traue ich ihr nicht zu. Katrin, die jüngere, war ganz anders. Die ist hier geblieben, hat eine Ausbildung gemacht und war immer für ihre Eltern da.“ „Vielleicht ist das trotzdem ein Motiv?“ Frau Marpes prüfte kritisch die Argumente der Verteidigung. „Na ja, einfach hatte sie es mit ihrer Mutter wohl nicht. Da war sie aber keine Ausnahme. Ihr Mann, der Frank, ist ein gutmütiger Typ. Dass er jemanden umbringt, passt einfach nicht zu ihm.“
„Frau Felice, wie machen wir’s denn heute bei Ihnen?“ Gerda König war bereit für ihre nächste Kundin. Für Valentina Felice hatte das Gespräch um Mord, Eifersucht und Liebe so vielversprechend begonnen. Jetzt hatte es allerdings an Reiz verloren. Dass die Deutschen aber auch immer alles zerreden mussten! Sie waren immer so kontrolliert und rational, große Gefühle kannten sie nur aus dem Kino. Und so verließ die Italienerin die Damenrunde ohne Bedauern und schaltete schnell auf das zentrale Thema ihres Lebens um: Schönheit und deren Optimierung. „Meine liebe Frau König,
Weitere Kostenlose Bücher