Mordwoche (German Edition)
auf dem Friedhof ganz sicher nicht.“
„Mist, die Parkplätze sind schon alle belegt!“ Otto bog in eine Seitenstraße ab. Vielleicht hatte er hier mehr Glück. „Halb Bärlingen scheint auf den Beinen zu sein.“ „Den Karl kannten eben auf viele Leute“, meinte Gerda König. „Und wenn sich dann noch die ein oder andere Information zu dem Todesfall der Autohaus-Gattin in Erfahrungen bringen lässt, ist das für so manchen Motivation genug, auch bei diesem Wetter vor die Tür zu gehen.“ Otto lebte lang genug in dem Provinzstädtchen, um genau zu wissen, woraus der Kitt bestand, der diese Idylle zusammenhielt. Und er hatte Recht, es waren neben den echten Trauergästen, die wie die Königs im Anschluss noch zum Leichenschmaus eingeladen waren, zahlreiche Schaulustige zu der Beerdigung von Karl Merz erschienen.
Otto fand erst eine Querstraße weiter einen Parkplatz und sie stiegen aus. „Jetzt kommen wir zwar ein bisschen zu spät, aber in der Aussegnungshalle müssten wir wahrscheinlich sowieso die ganze Zeit stehen.“ „Otto, schau mal!“ Gerda zeigte aufgeregt auf das Auto, das in der schräg gegenüberliegenden Garageneinfahrt abgestellt war. Sie war wie vom Blitz getroffen stehen geblieben und flüsterte ihrem Mann zu: „Das könnte der Wagen des Killers sein! S-Klasse, Hamburger Kennzeichen. Ganz bestimmt ist er das!“ „Gerda, ruf sofort den Schorsch an. Der steht bestimmt schon auf dem Friedhof und wartet auf den Italiener.“ „Oh je, ausgerechnet jetzt hab ich mein Handy nicht dabei. Was sollen wir denn jetzt machen?“ „Jedenfalls werden wir uns nicht noch einmal in so eine Gefahr begeben wie heute Mittag. Ein Undercover-Einsatz reicht mir am Tag. Die Polizisten werden ihn schon finden. Und damit sie es etwas leichter haben, helfe ich noch ein wenig nach.“ Gerda König schaute ihrem Mann zu, wie dieser ihren Hüftgurt vom Rücksitz des Autos holte und eine ihrer Scheren herausnahm. Entschlossen rammte er den spitzen Gegenstand in die beiden Hinterreifen des Autos, das sie für den Leihwagen des Killers hielten. Aus den Reifen wich langsam alles Leben. Otto König war mit seinem Werk zufrieden. Auf diese Idee musste man erst einmal kommen! „So, jetzt gehen wir zur Beerdigung. Den Rest hier soll der Schorsch erledigen.“
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Der Cognac war ihr ein wenig in den Kopf gestiegen und sie fühlte sich plötzlich ziemlich schwach. Seit dem Frühstück war der Cappuccino bei Adriano das einzige gewesen, was sie zu sich genommen hatte. Sie musste sich unbedingt stärken, schließlich würde sie ihre Kräfte heute noch brauchen. Elfi ging in die Küche, räumte das benutzte Glas in die Spüle und machte sich ein Leberwurstbrot, das sie im Stehen aß. Draußen war es inzwischen ganz dunkel geworden. Als Elfi ihren Imbiss beendet hatte, ließ sie Pluto für eine kleine Runde in den Garten, bevor sie im Erdgeschoss die Jalousien herunterließ. Im Wohnzimmer hatte sie alles für Karls Rückkehr vorbereitet. Das Kissen in seinem Sessel war frisch aufgeschüttelt und sie hatte die indirekte Beleuchtung angeschaltet, die ihr Mann bevorzugte. Sie musste das Schweigen brechen. Ob Karl sich darauf einließ? Vor lauter Anspannung konnte Elfi nicht einmal lesen, sondern saß einfach nur auf dem Sofa und wartete. Der Hund hatte es vorgezogen, wieder seinen Posten in der Diele zu beziehen. Nicht einmal Pluto leistet mir Gesellschaft, dachte Elfi verbittert.
Auf dem Couchtisch standen ein frisches Cognac-Glas und die Karaffe mit dem Weinbrand. Nur einem aufmerksamen Beobachter konnte die winzige Menge einer klaren Flüssigkeit auffallen, die Elfi in das Glas geträufelt hatte. Ein fast unmerklicher Duft von Bittermandeln lag in der Luft und hatte ihr verraten, dass die Kapsel, die sie oben im Badezimmer verwahrte, das Placebo war. Die tödliche Dosis hatte in Susannes kleinem Schächtelchen gesteckt. Elfi lehnte sich nach hinten und schloss die Augen. Karls ‚Seelentrost’ würde ihre Seele trösten, da war sie sich ganz sicher. Endlich hörte sie den Haustürschlüssel im Schloss. Elfi setzte sich sofort aufrecht hin und ließ die Tür nicht mehr aus dem Blick.
„Ja, Pluto, mein Guter. Da bin ich wieder. Hast mich schon vermisst, was?“ Karl Merz hatte einen schönen Nachmittag mit den Familien seiner Töchter verlebt und sich gefreut, wenigstens noch ein wenig von der weihnachtlichen Stimmung mitzubekommen. Nur widerwillig hatte er sich auf den Heimweg gemacht. Das Haus
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