Mordwoche (German Edition)
erschien ihm mit einem Mal viel zu groß und wenig gastlich. Elfi und er hatten es nicht geschafft, es mit Lachen und Leben zu füllen, das wurde ihm jetzt schmerzlich bewusst. Es war ein totes Haus, das nur noch darauf wartete, bis der Krebs die Oberhand gewinnen würde. Karl Merz wusste, dass sein Bedauern über das verpasste Glück nur in Selbstmitleid enden würde und so verscheuchte er diese Gedanken sofort wieder. Das Wichtigste aber war, dass er sich mit Susanne versöhnt hatte.
Karl ging direkt in sein Arbeitszimmer, er musste unbedingt mit Heinz Riebel sprechen. Die Scheidung wollte Karl so schnell wie möglich in trockenen Tüchern wissen. Elfi sollte keine Möglichkeit mehr haben, die Firma wie ein osteuropäischer Autokrat zu regieren und das Erbe der Mädchen durchzubringen. Bevor er zum Telefonhörer griff, hörte er noch die Nachrichten auf seinem Anrufbeantworter ab, den er früher nur für geschäftliche Angelegenheiten genutzt hatte, der ihm jetzt aber ein gewisses Maß an Privatsphäre sicherte. „Heinz Riebel hier, Grüß Gott, Karl. Lass uns die Angelegenheit nach den Feiertagen im Büro klären. Du scheinst es mächtig eilig zu haben. Zu deiner Beruhigung - als vorläufige Willenserklärung reicht deine Nachricht auf Band aus. Aber so schnell wirst du mir doch hoffentlich nicht ins Gras beißen, alter Freund! Also frohe Weihnachten und bis die Tage.“ Karl war erleichtert, dann war das also auch geklärt. Jetzt konnte er Elfi gegenübertreten. Karl Merz ging ins Wohnzimmer hinüber, wo er seine Frau durch die angelehnte Tür bereits hatte sitzen sehen.
Als sie hörte, dass ihr Mann endlich ins Wohnzimmer kam, griff Elfi nach der Karaffe. Während Karl in der Tür stand, goss sie Cognac in das Glas und tat so als ob sie trinken wollte. „Ich hoffe, ihr hattet einen schönen Tag.“ Sie setzte das Glas ab. „Bestimmt hattet ihr einen schönen Tag ohne die böse Elfi. Während ich hier allein herumsitze, habt ihr euch hoffentlich gut amüsiert.“ Karl bemerkte sofort, dass seine Frau nicht mehr ganz nüchtern war. Elfi trank ganz selten Alkohol, es musste ihr schlecht gehen, wenn sie schon alleine an die Cognac-Flasche ging. Noch bevor er allerdings etwas sagen konnte, bestimmte Elfi die Richtung des Gesprächs. „Jetzt bin ich dran, Karl. Setz dich hin.“ Elfi wies mit der Hand auf den freien Sessel.
Eigentlich hatte Karl sich gleich zurückziehen wollen. W as wollte er hier im Wohnzimmer mit Elfi? Sollten sie über alles sprechen, die Sache ausdiskutieren? Nein, da gab es nichts mehr zu sagen zwischen ihnen. Mit Elfi war er fertig. Trotzdem setzte sich Karl hin, er betrachtete seine Frau. Aber es waren nicht mehr die Augen der Liebe, mit denen er sie wahrnahm. Kühl wie ein Fremder las er in ihrem Gesicht. Ihre Züge waren hart und verbittert geworden im Laufe der Jahre. Ihre schlanke Figur wirkte verhärmt und ausgezehrt. Was hatte seiner Frau gefehlt, dass sie so unerträglich geworden war? Und was hatte ihn dazu gebracht, ihre Gesellschaft über die langen Jahre ihrer Ehe zu ertragen und nicht zu bemerken, in was für einen Menschen sie sich verwandelt hatte?
„Stimmt das, was sich schon die halbe Stadt erzählt? Willst du die Scheidung?“ Elfi hatte sich zwar vorgenommen, das Gespräch ruhig zu führen, aber sie konnte die stoische Ruhe kaum ertragen, mit der Karl das Zimmer betreten und sich in seinen Sessel gesetzt hatte. Dieser Mann war die Lethargie in Person! Warum sagte er nichts? Es wäre ihr lieber gewesen, wenn sie sich endlich angeschrien und ihrer gegenseitigen Verachtung freien Lauf gelassen hätten. Aber Karl saß einfach nur da und schwieg. „Ist es wegen der Affäre? Ist es das?“
„Elfi, ich bitte dich, das ist Jahre her. Glaubst du wirklich, dass mich di eses Geständnis überrascht hat? Ich kenne dich doch.“ „Also ja! - Vielleicht hast du Recht und wir sollten endlich reinen Tisch machen. Trinkst du dann wenigstens mit mir auf das Ende unserer Ehe?“ Elfi schob ihr Glas zu Karl herüber und stand auf, um sich ein neues aus dem Schrank zu holen. Sie füllte es und hob es wie zu einem Toast. „Ich trinke auf das Scheitern unserer Ehe. Vielversprechend begonnen und grandios den Bach runtergegangen.“
Karl spürte, dass jetzt alle Masken gefallen waren, jetzt standen sie sich ehrlicher als jemals zuvor in ihrem gemeinsamen Leben gegenüber. Das also war die wahre Elfi! „Und ich trinke auf das einzige, was uns richtig gut gelungen ist,
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