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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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war zugleich Illusion. Von Rohs Seele oder Wesen konnte nichts überlebt haben. Morgaine hatte das gesagt, und deshalb war es auch so.
    Gib es ihm zurück,
hatte Morgaine ihm befohlen und ihn gleichzeitig bewaffnet.
    Er stellte sich vor, wie er Roh über der Schneide einer Waffe gegenüberstand, woraufhin ein anderer Alptraum in ihm aufstieg, ein Hof in Morija — ein Aufzucken von Klingen, das Sterben eines Bruders. Dieser Tat war er schuldig. Daß er die Klinge ansetzen würde, wenn es sich um Rohs Gesicht und Stimme handelte — darauf mochte er sich vorbereiten können.
Aber, o Himmel,
dachte er, und Übelkeit überkam ihn,
wenn da mehr ist als das Äußere... Er hat mich gut behandelt,
hatte das Mädchen gesagt.
Er ist fort, ohne etwas zu stehlen, obgleich er alles nötig gehabt hätte.
    In den
qujal
war keine Freundlichkeit, in den Wesen, die ihm ans Leben wollten und dafür Rohs Leben genommen hatten, sie kannten keine so einfachen oder menschlichen Dinge wie Freundlichkeit, sondern nur süßes Überreden, die Macht, mit scheinbarer Logik zu überzeugen, sich der schlimmsten Ängste und düstersten Impulse eines Menschen zu bedienen und zu versprechen, was man auf keinen Fall halten würde.
    Ebensowenig existierte für sie die Ehre — etwa die eines Hochklan-Kriegers, eines Klan-Lords, der sich nicht für einen Diebstahl hergeben würde, selbst nicht in größerer Not: das war nicht die Art des Wesens, das über drei menschliche Generationen hinweggeflogen und gemordet und sich genommen hatte, was es wollte — sogar den Körper, in dem es lebte. Großzügigkeit war ihm unbekannt.
    Es war also nicht der
qujal.
Es war das Wesen von Roh selbst, Chya und stolzer als im Leben vorteilhaft, das Blut, das sie beide teilten; es war Roh.
    »Vanye.«
    Er fuhr zu der Flüsterstimme herum, zu den Schritten auf Blättern, das Herz erstarrte ihm beim Anblick der schattenhaften Gestalt, obgleich er wußte, daß es nur Morgaine war. Es machte ihn verlegen, daß er ihre Annäherung nicht gehört hatte, obwohl sie selbst eine adoptierte Chya war und sehr leise ausschreiten konnte, wenn sie wollte; doch noch mehr beunruhigten ihn die Gedanken, bei denen sie ihn ertappt hatte — Gedanken, die seinem Eid zuwiderliefen, während sie ihm vertraute.
    Einen Augenblick lang hatte er das Gefühl, sie habe ihn durchschaut. Sie zuckte die Achseln und setzte sich an das Feuer. »Ich bin nicht zum Schlafen aufgelegt«, sagte sie.
    Niedergeschlagenheit, Unzufriedenheit — den Grund dazu vermochte er nicht anzugeben. Ihr Blick begegnete dem seinen und wühlte ihn auf, flößte ihm Angst ein. Sie war zu irrationalen Taten fähig.
    Obwohl er dies wußte, blieb er bei ihr, doch in solchen Augenblicken dachte er daran, daß er nicht der erste war, der so gehandelt hatte — daß auf ihr Konto mehr das Blut von Kameraden ging als das von Feinden, daß sie weitaus mehr Männer getötet hatte, die das Brot mit ihr geteilt hatten, als andere, denen sie zu schaden gewünscht hatte.
    Roh gehörte zu diesen, die ihren Weg gekreuzt hatten, und verdiente deswegen Mitleid: Vanye dachte an Roh und an sich selbst, und in diesem Augenblick lag eine gewisse Distanz zwischen ihm und Morgaine. Er schlug sich Roh aus dem Kopf.
    »Ziehen wir weiter?« fragte er. Der Ritt war ein Risiko, das wußte er: sie mochte in ihrer Stimmung willens sein, darauf einzugehen. Er sah, daß sie tatsächlich in Versuchung war — aber da er darauf zu sprechen gekommen war, mußte sie die Vernunft walten lassen.
    »Wir brechen früh auf«, sagte sie. »Leg dich schlafen.«
    Im Bewußtsein ihrer Stimmung war er froh über diese Entlassung; außerdem brannten ihm die Augen vor Müdigkeit. Er nahm das Schwert auf und reichte es ihr, begierig, es los zu sein, während er gleichzeitig ihre Unruhe spürte, weil sie es nicht bei sich hatte. Vielleicht hatte sie dieser Umstand im Schlaf gestört.
    Sie legte die Arme darum und beugte sich zum Feuer vor, als tröste es sie, die Waffe zu halten.
    »Es ist still gewesen«, sagte er.
    »Gut«, antwortete sie und fragte, ehe er aufstehen konnte: »Vanye?«
    »Ja?« Er lehnte sich zurück, er wollte ihre Gedanken teilen und gleichzeitig auch wieder nicht, die Dinge, die ihr den Schlaf geraubt hatten.
    »Habt Ihr dem vertraut, was sie Euch gesagt hat?«
    Dann hatte sie also alles gehört. Sofort war er schuldbewußtnervös und versuchte sich zu erinnern, welche Dinge er laut ausgesprochen und welche er im Herzen bewahrt hatte; und er blickte zu

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