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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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absichtlich verschleiert; ihre barsche Frage stieß sofort zum Kern der Sache vor. »Meine Ankunft«, antwortete er.
»Liyo..

    »Er hat dich leben lassen.«
    Daraufhin blickte er sie an und versuchte sein Gesicht starr zu halten, obwohl sein ganzes Blut im Bauch zusammenzulaufen schien. »Hattest du den Eindruck, daß es mir dort gut ging? Was hätte ich wohl tun sollen? Ich hatte keine Gelegenheit, gegen ihn vorzugehen.« Die Worte sprudelten ihm über die Lippen, und er wünschte sofort, er hätte nichts gesagt, denn plötzlich stand nun eine Lüge zwischen ihnen.
    Und mehr als das: er sah Mißtrauen in ihrem Blick, ein schreckliches Mißtrauen. In der langen Stille, die sich anschloß, während die Pferde Seite an Seite ausschritten, wünschte er, sie würde ihn verstoßen, mit ihm streiten, ihn daran erinnern, wie unvorsichtig er gewesen war und was er ihr schuldete — irgend etwas, gegen das er sich verteidigen konnte. Aber sie sagte nichts.
    »Was willst du denn?« rief er endlich gegen die Stille. »Daß du später gekommen wärst?«
    »Nein«, sagte sie mit seltsam gedämpfter Stimme.
    »Du bist nicht meinetwegen gekommen«, erkannte er plötzlich. »Du hattest es auf Roh abgesehen.«
    »Ich wußte nicht«, sagte sie leise, »wo du warst. Nur daß Roh in Ohtij-in Unterschlupf gefunden hatte: davon hatte ich gehört. Andere Nachrichten erreichten mich nicht.«
    Wieder verstummte sie, und in der langen Zeit, die sie durch den Regen ritten, zog er ihren warmen Mantel um sich und sagte sich, daß sie ihm ja nur die Wahrheit gesagt hatte, die er unbedingt hatte wissen wollen — und darin war sie mit ihm ehrlicher umgesprungen als er mit ihr. Roh hatte sie eine Lügnerin genannt, und nun log sie nicht, obgleich eine kleine Unwahrheit hier freundlicher gewesen wäre; er ließ sich von diesem Gedanken trösten, so unbedeutend er auch war.
    »Liyo,
wo warst du?« fragte er schließlich. »Ich versuchte dich zu finden.«
    »In Aren«, erwiderte sie, und er schalt sich einen Narren. »Ein rauhes Volk«, fügte sie hinzu, »das sich leicht beeindrucken ließ. Man hatte Angst vor mir, und das war ganz praktisch. Ich habe dort auf dich gewartet. Man sagte mir aber, daß es von dir keine Spur gebe.«
    »Dann waren die Leute blind«, meinte er verbittert. »Ich habe mich an die Straße gehalten, ich bin nicht davon abgewichen. Ich dachte, du hättest mich verlassen und wolltest weiterreiten in dem Glauben, daß ich dir folgen würde.«
    »Dann wußten sie es also«, sagte sie, und ihre Stirn war gefurcht. »Sie haben es gewußt.«
    »Vielleicht war ihre Angst vor dir zu groß«, meinte er.
    Sie fluchte in ihrer Muttersprache, wenigstens hörte es sich so an, und schüttelte den Kopf, und was sich in diesen Sekunden auf ihrem Gesicht tat, von Blitzen erhellt, war kein schöner Anblick.
    »Jhirun und ich«, fuhr er fort, »sind zu Fuß auf der Straße geblieben. So kamen wir nach Ohtij-in, ohne Nahrung, ohne jede Hoffnung. Ich wußte nicht, was ich dort vorfinden würde; Roh war der letzte, den ich dort zu sehen erwartete.
Liyo,
Ohtij-in ist eine von den
qujal
beherrschte Feste, und es gibt dort Aufzeichnungen, mit denen sich Roh eingehend beschäftigt hat.«
    Zischend kam ihr der Fluch über die Lippen. Sie öffnete den Mund, um etwas hinzuzufügen; doch im nächsten Augenblick, gerade als sie um einen Hügel kamen, trug der Wind aus der Ferne einen Laut herbei, ein Geräusch der Not, des Aufruhrs, des Durcheinanders, und sie zügelte das Tier und starrte auf ein mattes Glühen zwichen den Hügeln.
    »Ohtij-in«, sagte sie, gab Siptah die Sporen und flog im Galopp die Straße entlang. Der Wallach neigte den Kopf und preschte hinterher; Vanye beugte sich vor, ignorierte den Schmerz an seiner Seite und ritt um die Kurven der Straße, an die er sich erinnerte, eine Biegung nach der anderen, während das Geschrei näher kam.
    Plötzlich kam die Masse Ohtij-ins in Sicht, der Innenhof hell von Licht und wallendem Rauch in den zerstörten Toren, winzige schwarze Gestalten, die zwischen den Flammen kämpften.
    Schattenhafte Gestalten kauerten an der Straße, Frauen und zerlumpte Kinder, Bündel und Gepäckstücke. Das graue Pferd donnerte an ihnen vorbei, ließ die elende Masse kreischend auseinanderstieben, der Schwarze hinterher.
    Sie ritten in das Chaos des Innenhofes, wo das Feuer die primitiven Behausungen vernichtet hatte und den bitteren Rauch dick in den regennassen Himmel aufsteigen ließ, wo tote Tiere herumlagen und

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