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Morgen des Zorns

Morgen des Zorns

Titel: Morgen des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Douaihy
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bei den Sicherheitskräften. Wie ein Schießhund wachte er über seine Räder, er wusste, welche Kinder aus dem Viertel nicht Fahrrad fahren konnten und verbot ihnen, eines zu besteigen; er ermahnte uns, langsam zu fahren und die Bremsen nicht zu stark zu ziehen, damit sie nicht rissen.
    Laut hoben wir zu zählen an, und mit jedem Fahrrad, das der Träger herausbrachte, erweiterte sich unsere Liste. Sieben. Drei mit geradem Lenker, wir nannten sie »Humpert«, nach der deutschen Fahrradmarke, und vier mit gebogenem Lenker, die »Rennräder«. Ich mochte lieber die mit dem gebogenen Lenker. Einmal war ich mit einem Mann zusammengestoßen, hatte Abu Dschamîl aber nichts davon erzählt. Dem Mann war letztendlich nicht viel passiert; ich hatte ihn umgefahren, und er hatte mich beschimpft. Er beleidigte meine Mutter und meine Schwester, doch ich habe mich nicht getraut, etwas zu erwidern.
    – Wer wird an ihrer Stelle dort wohnen?
    Meine Mutter antwortete nicht auf meine Frage. Anscheinend habe ich bereits als Kind immer viele Fragen gestellt, eine nach der anderen, bei irgendeinem Thema habe ich begonnen und dann immer weiter gefragt, ohne zu einem Ende zu kommen. In Wirklichkeit fand ich damals die Vorstellung verführerisch, dass ein neuer Nachbar gleichfalls Fahrräder kaufen und sie an den Feiertagen vermieten würde.
    Meine Mutter schlug mir auf die Hand, um mich zum Schweigen zu bringen.
    – Meine Freunde sagen, dass sie von hier weggehen und die Tür offen lassen werden, stimmt das?
    Wir Kinder hatten uns ganz besonders an Abu Dschamîl gewöhnt. Tagsüber fuhren wir auf seinen Fahrrädern. Wir wählten die Räder mit der großen, laut tönenden Klingel und forderten die steil aufsteigenden Straßen mit unseren schwachen Beinmuskeln heraus, während uns bei der Abfahrt aus Angst vor der Geschwindigkeit das Herz bis zum Hals schlug. Sobald wir Abu Dschamîls Blickfeld verlassen hatten, stieg hinten oder vorne zusätzlich ein Freund auf, oder wir wechselten uns mit dem Fahren ab und teilten uns die Leihgebühr. Vergeblich ermahnte Dschamîl uns, nicht zu zweit aufs Fahrrad zu steigen. Mir aber hatte er immer eine ganz besondere Behandlung zuteil werden lassen, für eine ganze Stunde musste ich nur eine halbe bezahlen, wir seien doch Nachbarn, sagte er. Abu Dschamîl legte großen Wert auf Nachbarschaft, insbesondere wenn die Türen sich direkt gegenüberlagen, wie es bei unseren Familien der Fall war. Er war sehr nett zu mir, aber nicht in Anwesenheit meiner Freunde, vielleicht wollte er vermeiden, dass sie begehrlich würden. Er gab mir das Geld immer später zurück, wenn er mich alleine sah oder mich beim Spielen mit der Katze bei sich zu Hause antraf. Ich pflegte eine lange Freundschaft mit der Katze, und als sie am Vorabend ihres Fortgangs vermisst wurde, sagte jemand, sie sollten mich fragen, denn niemand außer mir sei in der Lage, sie zu finden.
    Abends trug Abu Dschamîl immer einen Schlafrock. Er ist der erste Mann, den ich in meinem Leben in einem Schlafrock gesehen habe. Er zog ihn über seinen Pyjama. Ein Schlafrock aus glänzendem blauem Satin, dessen Berührung eine Gänsehaut verursachte. Unsere Väter, oder die Männer ganz allgemein, sprangen, wenn sie unerwarteten Besuch bekamen und schon im Pyjama waren, aus Respekt eilig auf und zogen sich wieder um. Abu Dschamîl aber tat das Gegenteil, er prahlte geradezu mit seiner Nachtkleidung, er legte sie nicht nur bereits früh an, etwa bei Sonnenuntergang, er stattete damit auch Besuche in der Nachbarschaft ab und nahm sogar eine Einladung zu einer Tasse Kaffee in seinem Schlafrock an.
    Der Träger arbeitete alleine weiter. Er hielt inne, um Luft zu holen, und schaute sich um, verwundert über diese Menge an Schaulustigen. Als der Esstisch gegen den Türrahmen stieß und einen Kratzer abbekam, sagte Umm Dschamîl nur:
    – Abu Dschamîl wird böse sein.
    Wegen seines übertriebenen Sauberkeitsempfindens und seines umfangreichen Wissens hatte Abu Dschamîl stets unseren Groll heraufbeschworen. Auch die Frauen hatte er verärgert, weil er ihnen in ihrem Breich Konkurrenz machte. Er konnte nicht anders, als jeden Gegenstand, an dem er vorbeikam, kurz abzuwischen. Die Rahmen und die Lenker der Fahrräder begannen unter seinen Händen zu glänzen, und Umm Dschamîl musste, wenn er im Haus war, weder den Besen schwingen noch die Tische abwischen oder die Fenster putzen. Ein Profi in Dingen, von denen wir immer geglaubt hatten, sie seien ein Monopol der

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