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Morgen früh, wenn Gott will

Morgen früh, wenn Gott will

Titel: Morgen früh, wenn Gott will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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dorthin, obwohl mir nicht klar war, wieso. Ich würde nach Hause fahren, Leighs Wagen ausleihen, nach Sussex fahren und Louis finden. Ich redete mit mir selbst. Der Taxifahrer sah mich im Rückspiegel misstrauisch an, senkte dann aber erschrocken den Blick, als ich ihn dabei ertappte. Sicher dachte er, ich sei verrückt. Fast hätte ich hysterisch aufgelacht. Vielleicht war ich das ja tatsächlich.
    Mein Telefon klingelte, was mich in die Wirklichkeit zurückkatapultierte. Es war Shirl.
    »Ach, Shirl«, fing ich an. »Es tut mir wirklich leid, meine Liebe. Ich hole dir das Auto gleich zurück. Ich habe es nur nicht …«
    »Es ist Mickey«, sagte sie nur.
    »Was?« Mein Herz überschlug sich, um dann die Flügel hängen zu lassen. Er war tot. Ganz sicher. Das musste es sein. Ich versuchte, ruhig zu atmen. »Was ist passiert?«, krächzte ich.
    »Er ist hier.«
    »Was? Wo?«
    »Hier. Zu Hause.«
    Ich brauchte eine Weile, um diese Nachricht zu verdauen.
    »In deinem Haus, Dummerchen«, fügte sie ungeduldig hinzu. Ich begriff einfach nicht.
    »Bist du sicher?«
    »Natürlich bin ich sicher. Verdammt noch mal, ich bin aus allen Wolken gefallen. Kannst du jetzt bitte deinen Arsch hierher verfügen. Er sieht gar nicht gut aus, Jess. Überhaupt nicht gut.«
    »Hol ihn ans Telefon«, bat ich.
    Eine weitere Pause. Ich hörte, wie sie seinen Namen rief. Türen schlugen. Sie war zurück. »Ich würde ja, wenn ich ihn dazu bringen könnte, still zu sitzen. Er rennt nur herum und brabbelt etwas von Louis. Komm heim, Jess. Ich muss zur Arbeit, ich bin ohnehin schon zu spät dran. Und Mickey benimmt sich höchst merkwürdig.«
    »Shirl«, sagte ich fest. »Bring ihn dazu, mich anzurufen. Ich bin da, sobald ich kann.« Ich klopfte an die Trennscheibe aus Glas. »Können Sie bitte schneller fahren?«, fragte ich.
    »Schätzchen, das hier ist nicht der Schnellzug von London nach Paris«, maulte er.
    »Ja, das weiß ich. Aber es geht um Leben und Tod«, bat ich, bevor ich mich entkräftet in den Sitz sinken ließ.
    Als ich nach Hause kam, stand Shirl stocksauer in der offenen Tür. Ich fummelte mit dem Wechselgeld herum und rief über die Schulter: »Wo ist …«
    »Er ist weg, zum Teufel. Er sagte, er habe dich angerufen, sei aber nicht durchgekommen.«
    Laut fluchend rannte ich ins Haus, so schnell meine Füße mich trugen, aber natürlich stimmte es, was Shirl sagte. Er war nicht da.
    »Was hat er getan? Wo ist er denn hin?«, rief ich hektisch.
    »Er hat sich nur umgezogen. Geld geholt oder so etwas. Er müsse nach Louis suchen, sagte er. Ich fand, er war ein wenig … außer sich. Er sah fiebrig aus. Ich versuchte, ihn dazu zu bringen, sich zu setzen, etwas zu trinken und auf dich zu warten, aber er ist immer nur herumgelaufen.« Sie zog ihren Poncho über. »Ehrlich gesagt, Jess, hat er mir Angst gemacht. Er sah ziemlich, nun ja, irre aus.« Sie legte ein wenig Lipgloss auf und sah mich im Spiegel an. »Hör mal, es tut mir wirklich leid, aber ich muss jetzt gehen. Ich bin so hoffnungslos zu spät, und mittags kommt mein erster Klient.«
    Dann hielt sie inne. Das Gloss glänzte hell auf ihrem Mund. »Warum bist du denn mit dem Taxi gekommen?«, flüsterte sie. »Wo ist mein Auto?«
    Schuldbewusst senkte ich den Blick.
    »Jessica?«
    »Ach«, meinte ich, um Zeit zu schinden. »Ich habe versucht, es dir am Telefon zu sagen, aber du hast mich nicht zu Wort kommen lassen. Es wurde vor dem Krankenhaus abgeschleppt. Ich habe es nicht besonders klug geparkt«, gestand ich.
    »Jess! Du Idiotin!« Zornig warf sie das Gloss in die Handtasche.
    »Es tut mir echt leid«, sagte ich flehend. »Ich werde Silver anrufen. Er soll es zurückholen. Hör mal, ruf ein Taxi, ich zahle es. Es tut mir ja so leid, Shirl.«
    Aber sie hatte mir schon ihren Rücken zugewandt und schwang die überdimensionierte Handtasche darüber.
    »Ich nehme dein Rad. Wir klären das später«, sagte sie. Auf dem Weg zur Garage drehte sie sich um. »Such Mickey, Jess. Möglichst schnell. Es geht ihm nicht gut.«
    Ich ließ mich auf die Stufen sinken. Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Wegen Shirls Auto rief ich wohl am besten die Polizei an. Ob ich wegen Mickey das Krankenhaus verständigen sollte? Dann läutete drinnen das Telefon. Ich fuhr auf und schoss in den Flur, um das Gespräch anzunehmen. Gott sei Dank war es Mickey.
    »Jessica«, sagte er, und sein Akzent hörte sich an, als sei er bei der IRA gelandet, was ein klares Anzeichen war, dass er unter all dem

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