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Morgen früh, wenn Gott will

Morgen früh, wenn Gott will

Titel: Morgen früh, wenn Gott will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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Fettige, straff sitzende Haut über dem Fett, das unter der Oberfläche wogte und herauszuplatzen drohte. Schwester Kwame deutete auf mich. »Hallo, Deirdre. Mrs Finnegan hier wollte ihren Mann besuchen. Ich habe ihr gesagt, dass ihr ihn prima versorgt.«
    Die dicke Krankenschwester runzelte die Stirn – was nicht einfach war, weil ihre Haut so extrem gespannt wirkte. »Finnegan? Von der Intensivstation? Natürlich werden wir das. Wenn er erst einmal da ist.«
    Nun war Schwester Kwame mit Stirnrunzeln dran. »Aber wir haben ihn diesen Morgen entlassen. Der Pfleger hat ihn heruntergebracht.«
    »Ach ja?«, sagte die glänzende Schwester. Wie ein Sumoringer wackelte sie auf das Schwesternzimmer zu, holte eine Akte heraus und verglich die Namen. »Ich bin gerade erst gekommen. Vielleicht gab es da eine Verwechslung … ach, warte mal einen Augenblick.« Sie fuhr mit dem Finger eine Spalte hinunter. »Finnegan, sagst du? Ja, wir haben ein Bett für ihn. Ich frage mal.«
    Eine junge Asiatin kam um die Ecke, ihr Zopf schwang hin und her. Sie trug Verbandsmaterial in der Hand.
    »Sunita, hast du Mr Finnegan von der Intensivstation heute Morgen aufgenommen?«
    Das Mädchen dachte einen Augenblick lang nach, dann schüttelte sie den Kopf, wobei ihr Zopf wie eine kleine Schlange über ihre knochige Schulter blickte. »Ich kann mich nicht erinnern. Hast du Sally schon gefragt?«
    »Lieber Himmel!« Die ungeduldige Bemerkung war über meine Lippen, bevor ich noch etwas dagegen tun konnte. Ungehalten blickten die Schwestern auf, um dann den Blick wieder zu senken und mich zu ignorieren.
    »Entschuldigung«, murmelte ich verlegen. »Ich muss nur einfach sofort mit ihm sprechen.«
    Aber er war nicht da. Genauer gesagt war er nirgendwo. Schließlich holte man den Pfleger ans Telefon. Die dicke Schwester nickte, umpfte und ahate, was das Zeug hielt, dann hängte sie mit einem frechen »Komm doch später noch vorbei, wenn du Lust hast« ein. In meinen Taschen ballte ich die Hände zu Fäusten.
    »Eddie hat ihn mit der Trage heruntergefahren, doch dann meinte Mr Finnegan, er würde vom Lift aus lieber selbst gehen. Er wolle sich ein bisschen die Beine vertreten und sich seine neue Station selbst suchen. Da Eddie ohnehin schon dringend im OP erwartet wurde, ließ er ihn gehen.« Sie sah sich um, als würde sie Applaus erwarten. »Nun, Mr Finnegan ist ein erwachsener Mann. Eddie kann man in diesem Fall ja keinen Vorwurf machen.« Sie sah auf die Uhr, die sich zwischen den Fettröllchen eingegraben hatte. »Eddie meinte, das sei erst vor vierzig Minuten gewesen. Vermutlich macht Mr Finnegan gerade einen kleinen Spaziergang, jetzt, wo er endlich wieder selbst gehen kann. Einige unserer Herrschaften kriegen einen richtigen Zellenkoller, wissen Sie.«
    »Danke«, sagte ich und eilte zur Tür. »Wenn er auftauchen sollte, könnten Sie ihm bitte ausrichten, er möge mich doch sofort anrufen.«
    Ich stand am Lift und hatte das schreckliche Gefühl, das alles schon einmal erlebt zu haben. In meinem Kopf hallte der Refrain eines alten Songs wieder: Should I stay or should I go? Sollte ich das Krankenhaus nach Mickey absuchen oder Verlustbegrenzung betreiben und gehen – im Vertrauen darauf, dass er nur irgendwo einen Kaffee trank und die Zeitung las, im Versuch zu einem normalen Leben zurückzukehren? Oder sollte ich weiter nach Louis suchen? Am Ende entschied ich mich für Louis. Mir blieb schließlich nicht mehr viel Zeit.

Kapitel 24
     
    Shirls Auto war weg.
    »Verdammt noch mal!«, schrie ich, wobei ich niemanden Bestimmten meinte, sondern einfach den blassblauen Himmel über mir und den hässlichen Beton zu meinen Füßen. Warum sollte jemand solch eine alte Schrottmühle klauen? Der Parkplatzwächter, ein frettchenhafter kleiner Mann, kam auf mich zu. Er wollte mich in meinem Verlust trösten. »Diese verdammten Abschleppwagen«, Fing er an. Ein grimmiges Lächeln auf den Lippen floh ich.
    Ich war wie das Wasser im Gartenschlauch, dem man plötzlich den Weg freigibt. Von unbekannten Kräften getrieben, stürzte ich auf die Straße, als triebe mich die unsichtbare, mächtige Faust von Zorn und Sehnsucht vor sich her. Ich überlegte, ob ich Leigh anrufen sollte, damit sie mich abholte und mir Gesellschaft leistete, aber es würde zu lange dauern, bis sie hier sein konnte. Also stieg ich wieder in ein Taxi. Als ich schon drin saß, merkte ich, dass ich nicht wusste wohin. Mein Instinkt trieb mich nach Sussex zurück. Irgendetwas zog mich

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