Morgen früh, wenn Gott will
ausgedrückt«, beruhigte ich sie.
»Ich wollte es mehr als je irgendetwas in meinem Leben. Doch ich konnte nicht. Ich war – nicht geeignet.«
»Nicht geeignet?« Verständnislos schüttelte ich den Kopf.
»Wir haben es jahrelang probiert. Es klappte nicht. Am Ende musste ich …« Sie sah mich mit funkelnden Augen an.»… auch noch operiert werden.«
Ich erinnerte mich an den Ordner auf dem Speicher. Der Luxus-Gynäkologe. Der Ratschlag, doch nach diesem schweren Eingriff ein wenig auszuspannen. Schließlich fiel der Groschen.
»Mir wurde die Gebärmutter entfernt. Und das war’s dann. Nichts. Kein eigenes Kind. Unmöglich.«
»Aber …«Ich versuchte, meine Gedanken zu sammeln. »Mickey sagte, dass Sie keine Kinder wollten.«
Ich dachte an die furchtbare Szene im Restaurant zurück, und mir wurde klar, dass ich seine Worte so interpretiert hatte. Gesagt hatte er etwas anderes. Ich hatte wieder seinen wütenden Gesichtsausdruck vor Augen, seinen schmerzvollen Blick, seine langen Finger, die die Brotkruste in kleine Stückchen zerbrachen.
»Und Sie haben doch selbst zu mir gesagt, dass Kinder nicht ›Ihr Ding‹ sind.« Wie naiv ich doch gewesen war!
»Warum hätte ich dir auch die Wahrheit sagen sollen? Ich hasste dich. Warum sollte ich meiner schlimmsten Feindin sagen, was ich mir am innigsten wünschte?« Mit dem Handrücken wischte sie sich Regentropfen – oder Tränen – vom Gesicht. Plötzlich tat sie mir leid. Arme, vollkommene Agnes, die alles hatte, was man mit Geld kaufen konnte, und dann kapitulieren musste, weil es da etwas gab, das sie sich mehr wünschte als das Leben selbst. Mein Zorn löste sich in Luft auf.
»Aber das ist nicht der richtige Weg, um an ein Kind zu kommen«, sagte ich und hoffte, dass sich das beruhigend anhörte. »Es ist verrückt, Agnes. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das wirklich wollten? Sie mussten doch wirklich nicht so etwas Dummes anstellen, oder?«
»Aber ich wollte ja nicht irgendein Kind. Ich wollte Mickeys Kind – das war alles.«
»O ja. Ich verstehe, dass das für Sie schrecklich gewesen sein musste.«
»Das verstehst du nicht. Du bist schwanger geworden, einfach so, ohne lange herumprobieren zu müssen.« Jetzt strömten ihr tatsächlich die Tränen aus den Augen.
»Ja, Sie haben recht.« Instinktiv streckte ich die Hände aus, um sie zu trösten. »Es tut mir wirklich leid für Sie.«
»Ich will Ihr Mitgefühl nicht. Ich habe so hart gearbeitet, um alles vollkommen zu machen, und dann war es genau das nicht – vollkommen. Am Ende … ich kannte doch Mickey. Sie haben überhaupt keine Ahnung, wie gut ich ihn kenne.« Erneut strich sie sich das Haar aus dem Gesicht. Erst jetzt sah ich, dass die Nägel bis auf den Grund abgekaut waren. Ihre Pistolenhand zitterte wieder. Sie war müde, der Lauf wackelte hin und her. »Mickey hätte nie das Kind eines anderen Mannes in seinem Haus aufgenommen. Er ist nicht so, das müssen Sie doch wissen. Er ist so stolz.«
Ich runzelte die Stirn. »Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht so genau. Vielleicht ist er das wirklich.«
»Nun, ich wusste es jedenfalls. Sie wurden schwanger, das war es, was er gewollt hatte. Was ich gewollt hatte. Was ich nie geschafft habe. Er wollte über eine Adoption nicht einmal sprechen, wissen Sie.«
»Aber Sie beide hatten doch Ihre Liebe«, sagte ich ruhig, und es stimmte so. Mickey hatte mich nie so geliebt wie sie. Ich spürte es. Und ich hatte es von Anfang an gewusst. Mein Herz kannte die Wahrheit – und ich hatte es vorsätzlich ignoriert. Er würde mich nie so lieben wie diese Frau, diese verrückte, vollkommen durchgedrehte Frau.
»Aber ich hatte das Gefühl, ich dürfe sie nicht behalten«, sagte sie, von Schluchzen geschüttelt. »Ich konnte diese Liebe aus eigener Kraft nicht halten. Ich war es, die uns auseinanderbrachte. Ich hätte ihm mehr geben müssen. Er brauchte eine eigene Familie. Am Ende hat uns das auseinandergebracht.«
»Und so dachten Sie, Sie könnten sich mein Kind nehmen.«
Mittlerweile war sie von Schluchzen geschüttelt. Die Haarsträhnen flogen um ihr Gesicht. Ganz langsam fasste ich mit der Hand an meine Kopfwunde.
»Haben Sie mich niedergeschlagen, Agnes? Waren Sie das?«
»Entschuldigung. Ich brauchte Louis’ Pass. Maxine hatte ihn nicht finden können. Ich dachte, er müsse irgendwo im Haus sein. Und dann machte ich mir Sorgen, ob ich vielleicht zu stark zugeschlagen hatte. Ich wollte nicht so fest zuschlagen, ich bekam nur
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