Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morgen früh, wenn Gott will

Morgen früh, wenn Gott will

Titel: Morgen früh, wenn Gott will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
Vom Netzwerk:
sprach, und sah mich nach der Kellnerin um, die mein Glas auffüllen sollte. Eine von Emins Zeichnungen, die direkt hinter den beiden Männern hing, übte eine verstörende Faszination auf mich aus – die Skizze eines nackten, jungen Mädchens. Trotz ihrer Nacktheit sah sie sehr unschuldig aus. Und traurig. Ich trat näher. Das Bild hieß: »If I could just go back and Start again«. Schließlich verzog sich der fette Mann, weil er etwas zu essen suchte, was er nicht wirklich brauchte. Mickey drehte sich wieder zu mir um. Kokett sah ich zu ihm auf.
    »Was hast du gerade gesagt? Dass ich so … anders bin?«
    Ein Schatten legte sich über sein Gesicht. »Vergiss es.«
    Meine eigene Dummheit hatte mich kalt erwischt. Ich hatte ihn missverstanden. Blitzartig wechselte ich das Thema. »Findest du die Zeichnung da nicht auch tragisch?«
    Ich deutete auf das Bild des jungen Mädchens. Er drehte sich um und warf einen Blick darauf. »Warum?«
    »Ich weiß nicht genau. Irgendwie erinnert es mich an meine eigene Kindheit.« Lieber Himmel, ich hatte ganz sicher zu viel getrunken. Doch da sah ich den Blick wieder, jenen Blick, den er mir im Büro zugeworfen hatte. Der Blick, bei dem ich mich erkannt gefühlt hatte. Jetzt wusste ich auch, was es war. Traurigkeit, die sich plötzlich enthüllte.
    »Dann hattest du also keine glückliche Kindheit, Jessica?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Nun, es gab durchaus glückliche Momente.«
    Seine Hand kam auf mich zu und streichelte mein Ohrläppchen. Wieder hielt ich den Atem an. Wie konnte diese winzige Bewegung solch einen Wust an Gefühlen auslösen? Dann wanderten wir gemeinsam durch die Ausstellung, aber es gelang mir nicht mehr, mich zu konzentrieren. Ich spürte Mickeys Gegenwart an meiner Seite, als wandelte das Leben selbst neben mir her, die schiere Energie, die von ihm ausging, bezwang mich, auch wenn seine Stimmung düsterer schien als zu Beginn des Abends. Ich sah etwas von mir in ihm, eine Verletzlichkeit, die er nicht zeigte – meistens jedenfalls.
    Danach schafften wir es nicht einmal mehr in das Restaurant, in dem er für uns einen Tisch bestellt hatte. In dem Augenblick, in dem sich die Taxitür hinter mir schloss, zog Mickey mich auch schon an sich – und ich ließ ihn gewähren. Ich wollte ihn so sehr, dass ich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Ich ließ kaum je die Kontrolle fahren – doch mit diesem Mann war alles anders. Langsam, ganz langsam knöpfte er mir den langen Mantel auf, den ich bis oben hin zugemacht hatte. Dieses Mal zitterte ich vor Verlangen.
    »Ich frage mich schon die ganze Zeit, was darunter ist«, murmelte er.
    Darunter trug ich das Unterkleid, das er schon kannte … und sonst nichts. Er ließ seine Hand über mein Schlüsselbein gleiten. Ich biss mir auf die Lippen.
    »Gott«, stöhnte Mickey leise. »Irgendetwas ist an dir dran, kleine Jessica. Etwas, das ich will wie sonst nichts auf der Welt.«
    Dann bat er den Fahrer, uns ins beste Hotel der Stadt zu bringen. Er vertraue ihm, sagte Mickey lässig. Dann wandte er sich wieder mir zu. Mit dem Zeigefinger zeichnete er meine Lippen nach, meine heißen, geschwollenen Lippen, bis ich seinen Finger mit den Lippen umschloss und sanft an ihm sog. Die andere Hand ließ er unter meinen Mantel gleiten, unter die Seide des Unterrocks, wo er die glatte Haut zwischen meinen zitternden Schenkeln streichelte. Dann, als ich das Gefühl hatte, vor Verlangen nach ihm dahinzuschmelzen, packte er mich an meinen absichtlich provokativen Zöpfen und zog mich an sich. Dann küsste er mich wild, seine Zähne gruben sich in meine Lippen, und ich gab ihm den Kuss zurück mit einer Hingabe, die mich glücklich machte. Ich vergaß seinen Stimmungsumschwung vom frühen Abend und gab mich der Lust hin, bis ich buchstäblich Wachs in seinen Händen war, die glutheiß und hart über meinen Körper glitten, ihn unter dem seidigen Material des Unterrocks erforschten. Nicht einmal die Anwesenheit des Fahrers störte mich mehr. Ich hätte es sofort getan, auf dem Rücksitz, hier und jetzt, wenn er es gewollt hätte. So hatte ich mich noch nie gefühlt. Vollständig hingestreckt von meiner eigenen Lust, so brünstig, dass von mir nichts mehr übrig war. Noch nie in meinem ganzen Leben.
    Auf dem Weg zum Wagen sagte ich kein einziges Wort. Dort angekommen, ließ ich Leigh auf den Vordersitz klettern, obwohl ich wusste, dass Inspector Silver mit mir sprechen wollte.
    Ich konnte mich nur im Augenblick nicht mit seinen

Weitere Kostenlose Bücher