Morgen früh, wenn Gott will
Sicherheit.« Und gar nicht so selten, um die Wahrheit zu sagen.
»Ganz ehrlich, warum hätte sie die Fotos nicht machen sollen? Junge Leute tun solche Sachen, um die Zeit totzuschlagen. Babysitting kann ziemlich langweilig sein.«
Er war so verdammt abgeklärt; ich dagegen so furchtbar verzweifelt.
»Ah ja, und das wissen Sie ja ganz genau.«
»Ja, tatsächlich.«
»Ich finde, Sie nehmen das Ganze überhaupt nicht ernst.« Ich goss mir ein Glas Wasser ein, nur um ihn einen Augenblick lang nicht ansehen zu müssen. Dann stürzte ich das Wasser in einem Schluck hinunter.
»Glauben Sie mir, genau das tue ich. Sehen Sie, ich will Sie wirklich nicht beleidigen, Mrs Finnegan. Aber haben Sie Grund, dem Mädchen zu misstrauen? Dann müssen Sie mir das sagen.«
Ich hatte keinen Grund. Jedenfalls fiel mir in diesem Moment keiner ein.
»Machen Sie sich Sorgen, dass …«, er hielt inne.
»Dass was?«
Silver spielte mit seinem Kaugummipäckchen. »Dass Ihr Mann und das Au-pair-Mädchen vielleicht …«
»Nein!«, fuhr ich dazwischen. »Absolut nicht. Daran würde ich nicht einmal im Traum denken.«
»Dann warten wir, bis sie zurück ist, und reden mit ihr, bevor wir uns zu irgendwelchen Annahmen hinreißen lassen. Hat sie ein Han …«
»Es tut mir leid«, ich unterbrach ihn. Er war nicht so groß, aber mich überragte er trotzdem. Einen Augenblick lang sah ich mich selbst als missgünstigen kleinen Terrier, der einen großen, geschmeidigen Labrador ankläfft. Was mich noch mehr aufbrachte. »Vielleicht ist Ihnen das ja noch nicht aufgefallen, aber mein Sohn wird immer noch vermisst? Ich wollte ja nur helfen.«
»Ich versichere Ihnen, Mrs Finnegan …«
»Wissen Sie, ich dachte immer, jeder steht unter Verdacht, bis bla, bla, bla und so weiter?«
Er seufzte auf. »Lassen Sie uns einfach dort weitermachen, wo wir aufgehört haben, in Ordnung?« Er rieb sich das Kinn. »Officer Whitely aus Lambeth sagte mir, Sie hätten einen Streit mit Ihrem Ehemann gemeldet.«
Ich war völlig aus dem Konzept. »Das habe ich nicht.«
»Nun, er schien zu denken, Sie hätten über irgendetwas gestritten.«
»Das habe ich nie gesagt. Aber es war tatsächlich nur eine dumme Auseinandersetzung über …« Schokoladenkuchen. Hormone und Unsicherheit. Was würde ich jetzt darum geben, diesen Streit wieder führen zu dürfen, mit Louis an meiner Seite.
»Über?«
»Über nichts. Wirklich. Das wird uns nicht weiterhelfen, Inspector Silver. Es ist vollkommen belanglos.«
»Wie können Sie da so sicher sein?«
»Weil ich es eben bin. Wenn Sie es wirklich wissen wollen: Es ging darum, dass ich Mickeys Kuchen aufgegessen hatte. Es war jedenfalls nicht diese Art von Streit.«
»Welche Art von Streit? Sie müssen ehrlich zu mir sein.« Nun hatte ich endlich sein Interesse geweckt.
»Bitte, Sie bringen mich durcheinander.«
»Sagen Sie mir auch wirklich alles, was Sie wissen?«
Ich starrte ihn an. »Wie können Sie daran bloß zweifeln? Glauben Sie denn wirklich, ich würde Informationen zurückhalten?«
»Das nehme ich doch nicht an, Mrs Finnegan.«
Ich eilte aus der Küche. Leigh zog sich gerade im Flur die Lippen nach. »Verrückte Polizisten«, brummelte ich.
»Stimmt etwas nicht?« Sie versuchte, meinen Blick aufzufangen, doch ich sah weg. »Du musst dich jetzt wirklich beruhigen, Jess. Auf diese Art machst du dich nur selbst verrückt.«
»Beruhige du dich doch.« Mit höchster Anstrengung zwang ich mich dazu, leise und langsam zu sprechen. »Beruhige dich, wenn Polly und Samantha das nächste Mal vermisst werden. Dann kannst du vorbeikommen und mir sagen, wie du dich fühlst, in Ordnung, Leigh?«
»Sieh mal, Jess, es ist …« Sie verstummte.
»Was?«
»Diese ganze Polizeiangelegenheit. Es ist doch nur wegen … du weißt schon.«
Sag es nicht.
Sie tat es doch. »Wegen Dad?«
Meine Finger krallten sich um das Treppengeländer, sodass die Knöchel weiß hervortraten. »Hier geht es um nichts anderes als Louis, Leigh. Es geht einzig und allein um Louis.«
»Bist du dir da sicher? Denn mit dem Polizisten solltest du wirklich ein wenig höflicher umgehen.« Sie deutete mit dem Kopf Richtung Küche. »Du brauchst ihn auf deiner Seite. Er tut ja auch nur seine Arbeit.«
»Ach ja? Und warum sieht er mich dann so an? Als ob ich eine Lügnerin wäre?«
»Ich bin sicher, das tut er gar nicht.«
»Doch, genau das tut er, Leigh. Aber das ist mir auch egal.
Ich fahre zurück und suche nach Louis. Ihr zwei könnt hier bleiben
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