Morgen ist der Tag nach gestern
dann ist es vorbei.
Kurz vor dem Ortsausgangsschild drosselt sie den Motor und versucht einen Blick in die Boutique „Happy Life“ zu erhaschen. Die verkaufen Bekleidung in ihrer Preisklasse und die haben auch schon geschlossen. Zufrieden drückt sie das Gaspedal durch. Es geht eben doch nicht nur ihr so.
Auf der Landstraße kommen ihr nur vereinzelt Autos entgegen.
Der Frank lügt nicht, eigentlich lügt der nicht. Außerdem ist er nicht dumm. Er hatte immer gute Zeugnisse und wenn er gewollt hätte, dann hätte er auch Abitur machen und dann studieren können. Aber das hat er nicht gewollt. Damals hat er gesagt: Mutter, ich lass dich doch nicht alleine!
Nein, mit dem Feuer hat der nichts zu tun. Brandstiftung steht in der Zeitung. So was würde Frank nicht tun. Sie hatte ihren Sohn anständig erzogen. Dass er nicht so gerne arbeitet und langsam ist, das hat er vom Vater. Der war richtig faul gewesen. Wenn der nur den Wasserhahn reparieren sollte, hatte das mindestens zwei Wochen gedauert, ehe er sich bequemte.
Sie biegt in Ness rechts in die Teichstraße ein. Immer noch stehen viele Autos vor Horstmanns Grundstück.
Sie stellt den Wagen vor die Garage und steigt mühsam aus. Heilfroh ist sie, wenn sie endlich eine Tablette nehmen kann. Als sie das Haus betritt, riecht es nicht wie gewöhnlich nach Essen und sie hört auch Frank nicht mit Töpfen und Geschirr hantieren. Sie legt den Schlüssel auf die Garderobe und humpelt in die Küche. Auf dem Küchentisch liegt ein Zettel: Ich kann meine Zeugnisse nicht finden. Bin zur Volkshochschule und besorge Duplikate.
Sie zerknüllt das Papier und wirft es auf den Boden.
Der, mit seiner pedantischen Ordnung, kann seine Zeugnisse nicht finden. Da stimmt doch was nicht!
Mechtild Borrmann · Morgen ist der Tag nach gestern
Mechtild Borrmann
Morgen ist der Tag
nach gestern
Gustav Horstmann, ein angesehener Bürger und ehemaliger Stadtrat, war Beiratsmitglied der Maria-Söder-Stiftung, die sich um in Not geratene Familien kümmerte. Nachdem er tot in seinem ausgebrannten Haus gefunden wird, nehmen Böhm und sein Team von der Kripo Kleve die Ermittlungen auf.
Ein weiterer Toter wird geborgen, als die Spurensicherung alle Trümmer beseitigt hat. Im Keller findet sich auf einem PC Bildmaterial von vermissten Kindern, deren Familien von der Stiftung betreut wurden. Was ist mit den Kindern geschehen?
Die Ermittlungsarbeit der Polizei in der Ruine wird akribisch von Frank Zech beobachtet, der mit einem Feldstecher seine Nachbarn ausspioniert. Er weiß, wer der zweite Tote ist und was sich in den vergangenen Jahren in dem Haus abgespielt hat. Aber er hat allen Grund zu schweigen …
Mechtild Borrmann wurde 1960 geboren und lebt heute in Bielefeld. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie am Niederrhein. Sie arbeitete u.a. als Tanz- und Theaterpädagogin. Sie ist Inhaberin eines Restaurants in der Bielefelder Altstadt. Im Jahr 2006 erschien ihr Krimi „Wenn das Herz im Kopf schlägt“. (Weitere Informationen zur Autorin unter: www.mechtild-borrmann.de ).
Mein Dank für fachliche Beratung gilt Kommissar Stefan Thermann, Kommissar Marco Harms und Oberfeuerwehrfrau Hülya Simsek.
Unsere Bücher im Internet:
www.pendragon.de
E-Book-Formate von readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net
2. Auflage
Originalausgabe
Veröffentlicht im Pendragon Verlag
Günther Butkus, Bielefeld 2007
© by Pendragon Verlag Bielefeld 2007
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Günther Butkus, Judith Kriener
Umschlag & Foto: Uta Zeißler
Satz: Pendragon Verlag auf Macintosh
Gesetzt aus der Adobe Garamond
978-3-86532-182-4
1
Knistern und Bersten dringt in die unruhigen Bilder seines leichten Schlafs. Die Geräusche stören, wollen sich nicht einfügen in die Traumsequenz. Als er die Augen öffnet, gilt sein erster Blick dem Wecker. Zwei Uhr fünfundvierzig leuchten die roten, eckigen Digitalziffern ihn an. Aber nicht nur die Ziffern scheinen zu leuchten. Jetzt erst nimmt er das unregelmäßige Flackern an den Wänden und der Zimmerdecke wahr, begreift, dass die Traumbilder verflogen, die Geräusche aber geblieben sind.
Er springt aus dem Bett und läuft zum Fenster.
Einige Sekunden steht er da und starrt auf das brennende Nachbarhaus. Am Straßenrand haben sich Menschen versammelt. Nachbarn aus der Seilerstraße und von der Hauptstraße sind mit Autos und Fahrrädern herbeigeeilt.
Vorsichtig schleicht er die Treppe hinunter und schaut bei Mutter herein. Das Zimmer liegt nach Westen
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