Morgen komm ich später rein
Begegnungen
mit buddhistischen Geistlichen, und ermahnt seine aktienverrückten Mitstreiter zu mehr Work-Life-Balance: Das Buch ermutigt
den Leser, sich zu fragen »wie wir unsere Zeit verwenden, nicht unser Geld. Anstatt auf Kosten aller anderen Lebensaspekte
nur zu arbeiten, um unser Bankkonto in der Hoffnung zu füllen, dass wir später alles zurückkaufen können, was wir auf dem
Weg dorthin verpasst haben, sollten wir unser Leben jetzt genießen, im vollen Bewusstsein seiner Zerbrechlichkeit.«
Komisar prägte dabei den Begriff des »Deferred-Life-Plan«, der aufgeschobenen Lebensplanung. Ein schönes Beispiel für diese
verbreitete Angewohnheit, viel zu arbeiten um sich später vermeintlich |122| belohnen zu können, bringt ein anderer amerikanischer Autor, der preisgekrönte Reiseschriftsteller Rolf Potts in seinem Buch
Vagabonding
. Potts erinnert sich, wie er den Film
Wall Street
sah und den von Charlie Sheen gespielten ehrgeizigen Börsenmakler sagen hörte, wenn er es schaffe, einen Sack voll Geld zu
machen, bevor er dreißig sei, könne er aus dem Geschäft aussteigen und mit dem Motorrad durch China fahren. Potts erzählt,
wie er angesichts dieser Aussage fast aus seinem Stuhl fiel und kommentiert trocken: »Charlie Sheen und jeder andere könnte
acht Monate als Toilettenputzer arbeiten und dabei genug Geld verdienen, um mit dem Motorrad durch China zu fahren.« Für ein
paar Monate Schrubben mehr gebe es in China sogar das Motorrad dazu. Dieser logische Fehlschluss ist, auf den Punkt gebracht,
die Essenz der aufgeschobenen Lebensplanung.
Die Easy Economy ermöglicht uns, aus diesem Hamsterrad zu entkommen. Statt immer mehr für ein vages späteres Ziel verdienen
zu wollen und dabei doch nicht glücklicher zu werden, erlaubt sie uns, Arbeit und Freizeit in ein neues Gleichgewicht zu bringen.
Statt nur das absolute Einkommen im Blick zu haben, lenkt sie das Augenmerk auf das relative Einkommen. Statt in derselben
Zeit mehr Geld zu verdienen (nicht so einfach) lässt sie uns für dasselbe Geld weniger arbeiten, indem wir nicht unser ganzes
Leben im Büro vertrödeln, sondern die Effizienzreserven flexibler Arbeitsweisen nutzen und die gewonnene Zeit für angenehmere
Dinge einsetzen.
So führt das Mehr an Freiheit zu einem Mehr an relativem Einkommen. Denn flexibleres Arbeiten – das uns aus der Ablenkungsmaschine
Büro befreit und uns erlaubt, dann zu arbeiten, wenn wir am besten funktionieren – führt automatisch zu einer gesteigerten
Produktivität. Arbeit, für die wir im Büro neun Stunden gebraucht haben, schaffen wir jetzt in fünf. Angenommen, unser Einkommen
bleibt auch nur gleich, entspricht allein das einer relativen Gehaltserhöhung von verblüffenden 80 Prozent. Erhöhen wir zu
Hause oder unterwegs noch einmal unseren Output, indem wir klüger mit E-Mail und Telefon umgehen und uns auf die wirklich
wichtigen 20 Prozent an Aufgaben konzentrieren, können wir diesen Wert sogar noch weiter verbessern.
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|123| Mehr Freiheit im Job = weniger Stress, mehr Karriere
Es gibt also kaum eine effektivere Art, an eine kräftige Gehaltserhöhung zu kommen, als effizienter und selbstbestimmter mit
der eigenen Zeit umgehen zu dürfen. Aber was ist mit den anderen Aspekten der Work-Life-Balance? Gesundheit, Familie, Stress?
Die überraschend eindeutigen Ergebnisse drei aktueller Studien zeigen, dass die Easy Economy in all diesen Punkten große Vorteile
gegenüber der herkömmlichen Art zu arbeiten bietet. Der amerikanische Wissenschaftler Joseph G. Grzywacz belegte in einer
Ende 2007 veröffentlichten Untersuchung, dass Angestellte ein gesünderes Leben führen, wenn ihr Arbeitgeber ihnen berufliche
Flexibilität einräumt und sie dieses Angebot auch als aufrichtig empfinden. Grzywacz befragte die Angestellten eines multinationalen
Pharma-Unternehmens, das für seine besonders flexiblen Arbeitsangebote bekannt ist: Teilzeitarbeit, Gleitzeit, Job-Sharing
und Telearbeit sind Optionen, unter denen die Mitarbeiter auswählen können – und zwar nicht nur Bürokräfte, sondern fast alle
vom Manager bis zum Lagerarbeiter. Das Ergebnis: »Menschen, die das Gefühl einer größeren Flexibilität in ihrem Job haben,
führen ein gesünderes Leben«, so Grzywacz. »Steigt die Flexibilität an, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschen
auch gesundheitsfördernde Gewohnheiten annehmen.« Abgefragt wurden sportliche
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