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Morgen komm ich später rein

Titel: Morgen komm ich später rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Albers
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Vertrauensarbeitszeit
     eingeführt wurde, geschah das im Rahmen damals modischer Schlagworte wie »neues Steuerungsmodell«, »innerorganisatorische
     Veränderungsprozesse« oder »Dienstleistungsverwaltung«. Heute garantiert diese Flexibilität nicht nur mehr Service für den
     Bürger, sondern auch ein komfortableres Arbeiten für die 4 000 Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Einige haben sogar Zugriff
     auf das IT-System von außerhalb, können gewisse Arbeiten von zu Hause aus erledigen. »Es hat sich bewährt, sich an der Aufgabe
     zu orientieren und nicht an der Uhr am Arm«, so Cauers.

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    |179| Kapitel 12
Der Arbeitsplatz der Zukunft
    »Das beste Büro kann man auf den hinteren Sitzen eines Autos unterbringen.«
    Jean Paul Getty

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Wozu brauchen wir überhaupt noch Büros?
    Wenn die Menschen nicht mehr jeden Tag an den Schreibtisch gehen, brauchen wir dann überhaupt noch Büros? Brauchen wir überhaupt
     das Korsett von Arbeitsplätzen, Gebäuden, festen Strukturen? Oder ist die komplett virtuelle Firma das Ziel, deren Mitarbeiter
     sich nur noch digital vernetzen und die sich so altmodische Investitionen wie Immobilien ganz spart? Kurz gesagt: Sie ist
     es nicht. Was passieren kann, wenn ein Unternehmen quasi über Nacht alle Strukturen auflöst, zeigt ein Beispiel von vor wenigen
     Jahren. Es ist die Geschichte eines ambitionierten Desasters.
    Jay Chiat hatte es doch nur gut gemeint. Wollte das modernste Büro der Welt bauen, seinen Mitarbeitern flexibles Arbeiten
     ermöglichen und dazu die neuesten technischen Entwicklungen nutzen. Aber am Ende hatte er alles falsch gemacht und den Ruf
     der neuen mobilen Arbeitsweise auf Jahre ruiniert. Nach dem Vorbild eines Uni-Campus ließ Chiat 1993 die neue Zentrale seiner
     Agentur Chiat/ Day in Los Angeles ohne Trennwände und Einzelbüros bauen, ersetzte Schreibtische durch Sofaecken und Kirmes-Karussell­wagen,
     in denen die Kreativen tolle neue Ideen haben sollten.
    Ein Concierge händigte den Mitarbeitern täglich Laptop und Mobiltelefon aus – Arbeitsmaterial, das sie jeden Abend wieder
     zurückgeben mussten. Doch die Angestellten versuchten von Anfang an, den durch keinerlei Raumtrenner oder Schalldämmung separierten
     Sitzecken zu entkommen, in denen sich niemand konzentrieren |180| konnte, weil immer in Hörweite Kollegen diskutierten und viele der Stühle auch noch lustig wackelten. Einige Kollegen nutzten
     Konferenzräume als Büros. Agenturchef Chiat versuchte, das zu unterbinden, indem er herumging und fragte: »Saßen Sie gestern
     schon hier?« Und den Mitarbeiter im Falle eines »Ja« sofort auf einen anderen Platz verscheuchte.
    Weil man nirgendwo in den Räumen Arbeitsmaterialien ablegen durfte, die persönlichen Rollcontainer aber zu klein waren für
     die Papierberge, die damals noch Büros dominierten, fingen die Leute an, Akten in Ecken zu verstecken oder im Kofferraum des
     eigenen Autos zu lagern. So entstand bald ein reger Verkehr zwischen Büro und Tiefgarage. Es gab zu wenige Laptops und Mobiltelefone,
     sodass sich schon morgens beim Concierge Schlangen von Mitarbeitern bildeten. Wer nahe der Agentur wohnte, kam um sechs Uhr
     früh vorbei, lieh sich Ausrüstung, versteckte diese, ging wieder nach Hause und legte sich noch mal für zwei Stunden hin.
     Alles war unpraktisch und schlecht durchdacht, zum Arbeiten kam kaum noch jemand.
    Nach sechs Monaten begann die Revolution: Art Direktoren kaperten Konferenzräume als ihre Büros und weigerten sich, diese
     zu verlassen. Mitarbeiter hörten auf, die Laptops und Telefone zurück zu bringen. Selbst gebaute Schreibtische tauchten zwischen
     den Sitzecken auf. Mitte 1995 war das Experiment vorbei: Chiat verkaufte die Agentur und die neuen Eigentümer installierten
     als erstes wieder eine klassische Büroumgebung mit Wänden und festen Schreibtischen für jeden. Das Büro der Zukunft schien
     grandios gescheitert.
    »Es war stümperhaft umgesetzt und kam technisch zu früh«, sagt Wilhelm Bauer vom Fraunhofer Institut heute, der seine durchaus
     praktikable Vision einer mobilen und flexiblen Arbeitsumgebung stets gegen das scheinbar eindeutige Desaster bei Chiat/Day
     verteidigen muss: »Eine zentrale Voraussetzung für Mobilität und Desksharing ist, Dokumenten-Management und Workflow zu digitalisieren,
     also so papierlos wie möglich zu arbeiten. Das ging bei Chiat/Day noch nicht, darum mussten immer alle an die Akten in ihrem
    

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